Sachsen und Brandenburg Vier Lehren aus der Wahl

Wahlplakate zur Landtagswahl in Brandenburg hängen vor dem Nauener Tor. Quelle: dpa

Die CDU gewinnt die Sachsenwahl, die SPD liegt in Brandenburg vorn. Zugleich fahren die Rechtspopulisten von der AfD im Osten historische Ergebnisse ein. Das bedeuten die Ergebnisse der Landtagswahl.

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1. Die AfD geht nicht mehr weg
Was auch immer die AfD in den Augen ihrer Wähler sein mag: sie ist es erfolgreich. Aus Protest gegen Eliten und Establishment, aus Angst vor Zuwanderern, Globalisierungsdruck oder schlicht zu viel Veränderung, als Abkehr von einem Zeitgeist, der als zu links-liberal-grün wahrgenommen wird: die Partei wird aus vielen Gründen gewählt und hat sich endgültig etabliert. Neben den Grünen, die zweimal auf Regierungsmacht hoffen dürfen, ist sie die große Gewinnerin der Wahl. Auf Kosten von CDU und SPD. Skandale schaden der AfD ebenso wenig wie die entschiedene Nichtabgrenzung zu Rechtsradikalen. Vor allem aber: AfD-Wählen ist kein Unterschichten-Phänomen. Die Motive sind komplexer. Die Strategien der politischen Konkurrenz müssten es also auch werden.



2. Entfremdung und Frust lassen sich nicht abkaufen
Zwischenzeitlich wirkte der Wahlkampf im Osten wie ein finanzieller Überbietungswettlauf. Und damit, siehe oben, ziemlich unterkomplex. Wer bot mehr an Strukturwandel-Töpfen, an üppigeren Renten, wer wollte mehr Behörden verpflanzen, ICE-Trassen bauen, Jobs züchten? Als ließe sich das Gefühl einer nicht so kleinen Minderheit im Osten, abgehängt zu sein, einfach abkaufen und wegsubventionieren. Was für ein Fehler. Denn das Abgehängtsein ist viel mehr eine kulturell-gesellschaftliche Frage denn eine ökonomische. Einfach mehr Geld regnen zu lassen, wird daran auch künftig nichts ändern.



3. Es wird komplizierter und teurer
Auf den Osten kommen langwierige Koalitionsverhandlungen und wohl auch ungewohnte Dreier-Regierungen zu. In Brandenburg nähert man sich langsam niederländischen Verhältnissen: gleich mehrere Fraktionen werden im Potsdamer Landtag ähnlich stark vertreten sein. Dort wie in Sachsen gilt: die Koalitionsbildung wird schwierig. Inhaltliche Kompromisse könnten teuer werden, zumal mehr widerstreitende Interessen bedient werden müssen. Und noch mehr Koalitionsvarianten via Bundesrat dürften das föderale System noch blockadeanfälliger und schwerfälliger machen.

4. Die Liberalen finden im Osten weiterhin kaum statt
Ja, der Osten war immer schon ein hartes Pflaster für die FDP. Und ja, die Zugewinne sind eigentlich ordentlich. Aber eben nur gemessen an der mickrigen Ausgangslage. Im beiden Ländern droht der Wiedereinzug in die Parlamente auszufallen. Das mit dem harten Pflaster galt für die Grünen im Übrigen ebenso, die jetzt sehr anständige Ergebnisse einfuhren. Das ganze Land steckt im Reformstau, die Konjunktur stockt. Nur die Liberalen um den allzu unternehmensberaterhaften, empathiearmen Chef Christian Lindner finden nicht den Ton und damit genügend neue Wähler, um einen politischen Unterschied zu machen. Die Anti-GroKo-Dividende geht an ihnen vorbei.

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