Silvesternacht in Köln Debatte über Kontrollen und Begriff „Nafris“

Das zweite Jahr in Folge gibt es nach der Silvesternacht heftige Kritik für die Kölner Polizei. Zwar habe das Großaufgebot Übergriffe begrenzt, aber viele Nordafrikaner seien nur wegen ihres Aussehens überprüft worden.

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Drei Polizisten stehen am 31.12.2016 in Köln vor dem Hauptbahnhof. Quelle: dpa

Der Kölner Polizeieinsatz in der Silvesternacht hat eine Diskussion über den Begriff „Nafris“ und über das gezielte Kontrollieren von Nordafrikanern ausgelöst. Polizeipräsident Jürgen Mathies bedauerte am Montag die Verwendung der Bezeichnung „Nafris“ für Nordafrikaner in einem Tweet der Polizei. Die Kontrollen aber verteidigte er als absolut notwendig.

Die Kölner Polizei hatte am Silvesterabend via Twitter mitgeteilt: „Am HBF werden derzeit mehrere Hundert Nafris überprüft. Infos folgen.“ Dazu sagte Mathies am Montag im WDR: „Den Begriff finde ich sehr unglücklich verwendet hier in der Situation. (...) Das bedauere ich außerordentlich.“ Die Bezeichnung werde als „Arbeitsbegriff“ innerhalb der Polizei verwendet. „Er ist in Teilen ja auch von Medien übernommen worden“, sagte Mathies.

Nach Überzeugung der Bundespolizei benutzen die Beamten den Begriff „Nafri“ wie in der Kölner Silvesternacht keineswegs, um Menschen aus Nordafrika pauschal abzuwerten. „Das ist lediglich eine Abkürzung für nordafrikanische Intensivtäter und ist keinesfalls rassistisch oder als Schimpfwort gemeint“, sagte Ernst Walter, der Vorsitzende der Deutschen Bundespolizeigewerkschaft (DPolG), am Montag der Deutschen Presse-Agentur. „Wenn eine nordafrikanische Person in Verdacht steht, eine Straftat zu begehen, ist sie ein „Nafri“.“

Er könne die Diskussion um das Wort und den Einsatz der Polizei rund um den Hauptbahnhof nicht nachvollziehen, sagte Walter: „Wenn die Polizei nicht eingegriffen hätte, wäre es wieder zu Vorfällen wie vor einem Jahr gekommen, das ist Fakt.“

Die umfangreichen Kontrollen am Kölner Hauptbahnhof verteidigte Behördenchef Mathies. Die Bundespolizei habe zuvor schon aus den Zügen gemeldet, dass „hochaggressive“ Gruppen nach Köln unterwegs seien. Die Polizei habe dann das Gruppenverhalten und auch das Verhalten einzelner Personen beobachtet und davon ausgehend kontrolliert.

„Es ist nun mal so, dass gerade auch aus den Erfahrungen der vergangenen Silvesternacht, aus Erfahrungen, die wir durch Razzien insgesamt auch gewonnen haben, hier ein klarer Eindruck entstanden ist, welche Personen zu überprüfen sind“, sagte Mathies. „Es waren keine grauhaarigen älteren Männer oder blondhaarigen jungen Frauen.“ In einer solchen Situation, in der Tausende Menschen gleichzeitig am Hauptbahnhof ankämen, müsse die Polizei zwingend sofort Entscheidungen treffen.

In der Silvesternacht vor einem Jahr war es am Kölner Hauptbahnhof zu zahlreichen sexuellen Übergriffen gekommen. Die Verdächtigen und Verurteilten waren überwiegend Nordafrikaner. Diesmal kam es nicht zu solchen massenhaften Straftaten. Nach Einschätzung der Polizei lag das an ihrem konsequenten Einschreiten.

Grünen-Chefin Simone Peter hatte sich zuvor kritisch über den Kölner Einsatz geäußert. Es stelle sich die Frage nach der Verhältnis- und Rechtmäßigkeit, „wenn insgesamt knapp 1000 Personen alleine aufgrund ihres Aussehens überprüft und teilweise festgesetzt“ worden seien, sagte sie der „Rheinischen Post“ (Montag). „Völlig inakzeptabel ist der Gebrauch von herabwürdigenden Gruppenbezeichnungen wie „Nafris“ für Nordafrikaner durch staatliche Organe wie die Polizei.“

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer nahm die Kölner Polizei dagegen in Schutz: „Wer die Probleme nicht beim Namen nennen will, der hat aus der Silvesternacht vor einem Jahr gar nichts gelernt“, teilte er in München mit. „Wir dürfen nicht zulassen, dass blauäugige Multikulti-Duselei zum Sicherheitsrisiko für unsere Bevölkerung wird“, sagte Scheuer. Viele Frauen seien der Polizei sehr dankbar für die intensiven Kontrollen.

Ähnlich äußerte sich CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn. Einige Leute hätten wohl schon wieder vergessen, was letztes Jahr an Silvester in Köln los gewesen sei, schrieb Spahn auf Twitter. Jetzt diskutierten alle über eine Abkürzung anstatt über das eigentliche Problem, nämlich die sexuellen Übergriffe durch junge Nordafrikaner.

Der stellvertretende Vorsitzende der AfD, Alexander Gauland, kritisierte Grünen-Chefin Peter: Alles, was mit innerer Sicherheit, Recht und Ordnung zu tun habe, scheine den Grünen „zuwider zu sein“, teilte er mit.

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