Standort Deutschland Ausgebremst vom eigenen Staat: Deutsche Wirtschaft muss gegen Steuerdschungel ankämpfen

Die hohen Steuern sorgen beim Deutsche Industrie- und Handelskammertag für Empörung. Quelle: imago images

Andere Staaten schaffen steuerliche Anreize, allen voran die USA. Deutschland dagegen gängelt seine Unternehmen mit hohen und komplizierten Abgaben, kritisiert der Spitzenverband DIHK und verfasst eine lange Liste des steuerlichen Grauens.

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Es ist fast ein Wunder, dass Deutschland immer noch zu den größten Exporteuren zählt, dass die Wirtschaft immer neue Arbeitsplätze schafft und sich gegen die Konkurrenz aus aller Welt behauptet. Denn während etwa die US-Regierung ab kommender Woche ein Feuerwerk an steuerlichen Anreizen zündet, um vor allem grüne Investoren ins Land zu locken, scheint die Bundesregierung alles daran zu setzen, die eigene Wirtschaft weiter zu strangulieren. Von steuerlicher Entlastung oder Förderung ist in Berlin keine Rede – die Ampelkoalition macht um dieses Thema einen weiten Bogen. 

30 Prozent sind zu viel

Nun empört sich der sonst sehr brave Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) über die „im internationalen Vergleich hohe Steuerlast“, so dessen Präsident Peter Adrian gegenüber der WirtschaftsWoche. Und stellt klar: „Der Standort Deutschland verliert zunehmend an Wettbewerbsfähigkeit!“ Dabei sind nicht nur die hohen Steuersätze ein Riesenproblem. Während große Unternehmen hierzulande gut 30 Prozent Steuern zahlen müssen, kommen die wichtigsten Wettbewerber auf vielleicht 20 bis 25 Prozent. Umso wichtiger sei es, dass die Ampelregierung „noch in dieser Legislaturperiode positive Signale auch bei der Unternehmensbesteuerung setzt“, betont der DIHK-Präsident. Die Bundesregierung müsse sich mit der Tatsache befassen, „dass zur Verbesserung der Standortbedingungen die Unternehmensteuerbelastung auf ein wettbewerbsfähiges Niveau reduziert werden muss“.

Überschießende Wirkung

Wie sehr Steuern die deutschen Unternehmen im internationalen Vergleich benachteiligen, beschreibt der Spitzenverband der Industrie- und Handelskammern in einem neunseitigen Positionspapier, das der WirtschaftsWoche vorliegt. In dem Papier mit dem Titel „Internationale Unternehmensbesteuerung praxisgerecht modernisieren“ kritisiert der Spitzenverband neben der Steuerhöhe vor allem ein Übermaß an Anti-Missbrauchsregeln wie Zins- und Lizenzschranke oder eine überschießende Hinzurechnungsbesteuerung. 

Erhebliche Belastungen durch die globale Mindestbesteuerung

Wegen der geplanten Einführung einer globalen Mindestbesteuerung von 15 Prozent drohen laut DIHK den betroffenen Unternehmen „erhebliche administrative Belastungen“.  Da viele der geforderten Kennzahlen „bisher gar nicht erhoben werden“, so der Spitzenverband, müssten die Unternehmen „dafür zusätzliche und komplexe Reporting-Systeme einführen“. Nötig seien daher umfassende Vereinfachungen. Zudem wird eine Verschiebung der Mindestbesteuerung um zwei Jahre gefordert. „Neuerungen sollten nicht vor 2026 gelten“, heißt es im DIHK-Papier, während EU und OECD die globale Mindestbesteuerung bis Ende 2023 einführen wollen.

„Entschärfungen sind hier angebracht“

Angesichts der globalen Regelungen gegen missbräuchlichen Steuerwettbewerb stellt der Wirtschaftsverband die Frage, ob der ganze Komplex an nationalen Anti-Missbrauchsmaßnahmen gegen Gewinnverschiebungen ins Ausland überhaupt noch nötig sei. Und antwortet: „Entschärfungen sind hier angebracht.“ Besonders kritisiert wird die deutsche Hinzurechnungsbesteuerung, derzufolge alle ausländischen Einkünfte aus Ländern mit weniger als 25 Prozent Steuern in Deutschland noch einmal zu versteuern sind. Damit gilt fast die ganze Welt in den Augen des deutschen Fiskus als Steueroase - mit der Folge, dass deutsche Konzerne enorme Rechnungslegungs- und Steuerpflichten für ihre Auslandstöchter zu erfüllen haben. Wegen der bürokratischen Auflagen spricht der DIHK davon, dass diese Vorschriftenflut „von Unternehmen und Finanzverwaltung nicht mehr seriös bewältigt werden kann“.  

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Das Jahr 2023 dürfte daher zeigen, wie ernst es der Bundesregierung und insbesondere Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ist mit der Ankündigung, die bürokratischen Lasten für die Bürger und Unternehmen zu verringern.

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