Wahlkampfhilfe oder Testballon? Guttenberg ist wieder da

Seit Monaten geistert der Name von und zu Guttenberg schon wieder durch die Medien. Von Comeback und Rückkehr ist die Rede. Gesehen oder gar gehört hat ihn kaum jemand. Das wird sich jetzt ändern.

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Karl-Theodor von und zu Guttenberg Quelle: dpa

Auf diesen Moment musste er lange warten. Nun soll es passieren: Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg greift wieder aktiv in die deutsche Politik ein. Wenn auch (noch) nicht mit einem Amt, so doch zumindest als prominenter Wahlkampfhelfer der CSU - „meiner Familie“, wie er seine Partei inzwischen gern nennt. Für seinen ersten großen öffentlichen Auftritt an diesem Mittwochabend (19.30 Uhr) nach sechseinhalbjähriger Abstinenz hat sich „KT“ ein Heimspiel ausgesucht, bei dem er sich sicher sein kann, dass alles nach Plan läuft: Er kommt in seinen früheren Wahlkreis Kulmbach. Mehr als 50 Journalisten haben sich angesagt. In der 1100 Plätze fassenden Stadthalle wird es eng werden.

In seiner Heimat ist der leuchtende Stern von „KT“ nie verglüht. 68,1 Prozent der Erststimmen holte Guttenberg hier bei der Bundestagswahl 2009 - ein deutschlandweiter Rekord. Nach seinem Rücktritt gab es 2011 sogar Sympathiekundgebungen - mit Plakaten wie „Wir wollen Guttenberg zurück“ oder „Wir brauchen dich“.

Für die Oberfranken war Guttenberg nicht nur ein Politiker aus ihrer Mitte mit adeligen Wurzeln. Die vom demografischen Wandel geplagte Region in Norden Bayern genoss es, sich in Glanze des CSU-Sonnyboys und seiner Frau Stephanie zu sonnen. Kein Wunder also, dass die Region seiner Rückkehr entgegenfiebert, auch wenn davon offiziell noch keine Rede war und Guttenberg selbst sie bislang ausschloss.

Gestolpert ist er seinerzeit über eine Plagiatsaffäre. In der Welt zwischen Gartenzaun und Frisör ist der Tenor dazu klar: Die in weiten Teilen abgeschriebene Doktorarbeit war eine Petitesse, kein Drama und schon gar kein Rücktrittsgrund.

„Bei uns in der Region hätten es die meisten Bürger gerne, wenn er wieder in die Politik einsteigen würde“, sagt Eugen Hain. Er ist Bürgermeister der kleinen Gemeinde im Frankenwald, die so heißt wie das Adelsgeschlecht zu Guttenberg. 500 Einwohner leben am Fuße des Schlosses Guttenberg. Als „KT“ zum deutschen Polit-Star aufstieg, waren Medienvertreter aus der ganzen Republik zu Gast. Inzwischen ist es wieder ruhiger, Bürgermeister Hain kümmert sich um die Breitbandversorgung und den Erhalt des Dorfladens.

Dass Guttenberg seine Serie der Wahltermine hier eröffnet, erfüllt Kulmbachs Oberbürgermeister Henry Schramm (CSU) mit Stolz. „Ich denke, es ist nachzuvollziehen, dass seine erste Station seine alte Heimat Kulmbach ist, in der ihn viele Menschen nach wie vor sehr schätzen.“ Gibt es ein Comeback? „Die Frage können wohl am besten KT zu Guttenberg selbst und Horst Seehofer beantworten.“

von Thomas Schmelzer, Max Haerder, Christian Ramthun, Cordula Tutt, Christian Schlesiger

Apropos Seehofer: Der macht keinen Hehl daraus, dass er sich eine Rückkehr Guttenbergs wünscht. Sind die Wahltermine also zugleich Testballons für die Beliebtheit von „KT“? Nur an welcher Stelle er diesen sieht, darüber schweigt sich der CSU-Chef aus. Nicht wenige in der Partei sehen in Guttenberg eine wichtige strategische Figur, mit der Seehofer die Machtambitionen von Finanzminister Markus Söder im Land wie in der Partei ausbremsen kann. Denn letztlich brauche es dafür ein „Alphatier“, sagt Seehofer gerne, weshalb bei der Suche nach potenziellen Kandidaten auch schnell der Name Guttenberg fällt.

Sogar Kanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht schon über die Rückkehr des verlorenen CSU-Sohnes: Sie freue sich, dass dieser im Wahlkampf einige Veranstaltungen mache, sagte sie jüngst. Sie wisse aber auch nicht, „was er sich selbst für seine Zukunft vorstellt“. Das weiß Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) auch nicht. Trotzdem kann er sich Spott nicht verkneifen: „Jeder Mensch hat das Recht auf eine zweite Chance. Vielleicht wäre der bayerische Landtag ein Trainingsort.“

Guttenberg im bayerischen Landtag? Statt internationaler Politik oder erfolgreichem Unternehmer-Leben in den USA lieber in Ausschüssen über den Ausbau von Landstraßen, Bahnstrecken oder Kitas diskutieren? Kaum vorstellbar - zudem hat Guttenberg in der CSU-Fraktion nicht nur Freunde: „Ich weiß nicht, als was er sich hier in Bayern einbringen soll“, sagt ein Abgeordneter, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will. Guttenberg kenne ja nicht einmal den Unterschied zwischen einer Kreisstraße und einer Bundesstraße.

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