Werner knallhart

Benimm-Regeln für Flüchtlinge – jetzt auch für Deutsche!

Woher sollen Flüchtlinge wissen, dass man seine Notdurft nicht in fremder Leute Vorgärten verrichtet, wenn man es ihnen nicht sagt? Das scheinen einige Landsleute zu meinen und stellen Flüchtlingen immer mehr Tipps für das Leben in Deutschland zusammen. Einige davon sind sicher auch vielen Deutschen neu. Eine Kolumne.

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Verhaltenstipps für Flüchtlinge. Zumindest einige davon sind sicher auch vielen Deutschen neu. Quelle: dpa

Es ist eine gute Idee, Menschen in der Fremde Verhaltenstipps zu geben, damit sie sich besser zurechtfinden, ohne unfreiwillig anzuecken. Wenn ich in der Welt unterwegs bin, freue ich mich auch über solche Hinweise:

Thailand: Keine Scherze über die Monarchie

Brasilien: Nicht das 7:1 ansprechen

Sachsen: Vorsicht, besorgte Bürger!

Status und Schutz von Flüchtlingen in Deutschland

Einst stand ich in Köln beim Mediamarkt vor der Auslage mit den Kompaktkameras, als ich plötzlich unsanft beiseite geschubst wurde. Erst dachte ich an einen Raubüberfall, sah dann aber: Es war ein Pärchen um die 70, beide etwa 1 Meter 50 hoch, der Sprache nach aus China. Wenn man denen rechtzeitig Bescheid gesagt hätte, dass solche Rüpeleien an mitteleuropäischen Kameraauslagen sehr unüblich sind, wären sie weniger als Touris aufgefallen.

Es kommt aber darauf an, wie die Verhaltensregeln formuliert sind.

Schreibt man „Wir sind hier nicht in China! Also benehmen Sie sich so, wie es sich für ein zivilisiertes westliches Erste-Welt-Industrieland gehört. Bei uns gelten nicht nur die Menschenrechte, gegenseitige Rücksichtnahme fängt hier schon im Kleinen an“, dann erwärmt man nicht die Herzen der Chinesen.

Schreibt man: „Wir alle wissen: Sie als neue Weltmacht-Bürger stecken bald alle in die Tasche. Nehmen Sie Rücksicht auf die zerbrechliche europäische Seele und verdrängen Sie uns nicht auch noch an den Tresen in unserem Einzelhandel“, dann heißt es: zu unterwürfig die eigenen Werte verleugnet.

Der Mittelweg ist´s. Aber den findet nicht jeder.

Erinnern wir uns an den Bürgermeister im fränkischen Hardheim, der seine Gemeinde im Herbst bundesweit bekannt gemacht hat, als er den Hardheimer Flüchtlingen im Internet erklärte, wie man sich am besten eingliedert. Das geht laut Bürgermeister Rohm unter anderem so:

"Unsere Notdurft verrichten wir ausschließlich auf Toiletten, nicht in Gärten und Parks, auch nicht an Hecken und hinter Büschen.“

Kleine Anmerkung: Doch! Hierzulande pinkelt man in Gärten, Parks, Hecken und Büsche. Sogar an Hauswände, in Kellerschächte und an Autos. Man nennt das bei uns Karneval, Oktoberfest, Public Viewing, Junggesellenabschied oder schlicht Samstagnacht. Aber gut, es wäre natürlich schön, wenn wenigstens die Flüchtlinge aufs Klo gingen. Es wäre ein Anfang.

Was Flüchtlinge dürfen

"Junge Mädchen fühlen sich durch Ansprache und Erbitte von Handy-Nummer und Facebook-Kontakt belästigt und wollen auch niemanden heiraten.“

Ich würde sagen: Es kommt drauf an, wer fragt, Herr Rohm.

Das mit dem Heiraten wurde kurz darauf übrigens wieder gelöscht. Vielleicht wollten die Hardheimerinnen doch lieber selber entscheiden.

Auch die CDU-Vize-Vorsitzende Julia Klöckner gibt gute Tipps: Wer hier leben wolle, müsse Gleichberechtigung tolerieren, dürfe Schwule und Lesben nicht diskriminieren, oder andere Freiheiten der Moderne bekämpfen. Das klingt gut.

Hilfreich wäre allerdings gewesen zu ergänzen: Wer gegen die Gleichberechtigung von Mann und Frau ist, das Ausleben von Homosexualität als nicht von Gott gewollt betrachtet und das Schlagen von Kindern ok findet (zumindest solange es würdevoll passiert), der muss sich bei uns nicht fremd fühlen. Wie wäre es mit einer Karriere in der katholischen Kirche?

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