Ärger beim Vorzeigeprojekt OpenRAN Alliance: Nokia setzt Zusammenarbeit mit Deutsche-Telekom-Projekt aus

Quelle: imago images

Die OpenRAN-Technologie soll die Mobilfunkwelt verändern. Doch immer wieder gibt es Ärger. Jetzt zieht sich Nokia aus der Allianz zurück, die die Entwicklung vorantreibt – auch aus Sorge vor chinesischer Beteiligung.

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Die Idee klingt bestechend: Statt den Mobilfunkstandard 5G mit einem einzelnen Lieferanten auszubauen, soll das Alternativkonzept OpenRAN mit einer Vielzahl von Anbietern funktionieren. In Europa und den USA sehen Politiker darin die Chance, 5G-Netze unabhängig vom umstrittenen chinesischen Infrastrukturanbieter Huawei aufzubauen.

In Berlin hat das Konzept viele Befürworter. Der zuständige Minister Andreas Scheuer (CSU) verspricht sich von dem Ansatz etwa „technologische und digitale Souveränität“. Auch die Deutsche Telekom verfolgt das Konzept mit Nachdruck. 2018 gehörte sie zu den Gründungsmitgliedern der OpenRAN Alliance, der auch die französische Konkurrenz von Orange, Telefónica aus Spanien und der britische Konzern Vodafone angehören.

Doch die wachsende Zahl an chinesischen Unternehmen in der OpenRAN Alliance sorgt jetzt innerhalb des Zusammenschlusses für massive Unruhe. Im Juli hat die US-Regierung ihre Sanktionsliste aktualisiert. Mittlerweile drei der chinesischen Allianz-Mitglieder befinden sich auf der schwarzen Liste der Amerikaner. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag hat der finnische Mobilfunkausrüster Nokia Branchenkreisen zufolge die anderen Mitglieder darüber informiert, dass er die Zusammenarbeit aussetzen wird. „Leider haben wir keine andere Wahl, als unsere technische Arbeit in der O-RAN-Alliance in der aktuellen Situation auszusetzen“, heißt es in dem Schreiben. Nokia und die Deutsche Telekom haben auf Anfragen der WirtschaftsWoche bisher nicht reagiert.



Insgesamt gehören der OpenRAN Alliance 44 chinesische Unternehmen an. Server- und Cloudspezialist Inspur etwa steht schon seit vergangenem Jahr auf der schwarzen Liste der USA wegen Verbindungen zur chinesischen Volksarmee. Phytium Information Technology hatte US-Präsident Joe Biden im April auf die schwarze Liste gesetzt, weil das Unternehmen sich mit hochmodernen Raketen beschäftigt.

Der Mutterkonzern China Electronics Group Corporation steht ebenfalls auf der schwarzen Liste der USA wegen mehrerer Cybersecurity-Attacken. Kindroid wurde der Liste im Juli hinzugefügt, weil Washington davon ausgeht, dass das Unternehmen versucht hat, Input aus den USA zu erwerben, der der Modernisierung der chinesischen Armee diene. Seit Monaten ist bekannt, dass zahlreiche andere chinesische Unternehmen in der Allianz Verbindungen zum Staat auf weisen.

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Nokia ist offenbar kein Einzelfall. Insidern zufolge fürchten auch andere Unternehmen, dass ihnen das Geschäft mit Unternehmen auf der US-Entity-Liste negative Folgen bringen könnten und erwägen, ihre Mitarbeit auszusetzen. In Brüssel wird das Konzept OpenRAN seit kritisch evaluiert. Im Juni hatten sich EU-Mitgliedsstaaten darauf geeinigt, die Sicherheitsrisiken zu untersuchen, die daraus entstehen könnten.

In Brüssel sorgt zudem für Alarm, dass der Allianz auch ein russischer Konzern angehört: Kryptonite wurde 2018 als Joint Venture des Investmentfonds Citadel und der staatlichen Agentur Rostec gegründet. Rostec soll den Export von High-Tech-Produkten fördern und managt zahlreiche Rüstungsunternehmen wie etwa Kalaschnikow. Die Citadel Holding ist bekannt für ihre zahlreichen Mitarbeiter mit Verbindungen zum russischen Geheimdienst.

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