Europa Wer hat den längeren Atem in der Krim-Krise?

Die Staats- und Regierungschefs wollen eine Eskalation von Sanktionen vermeiden – doch wahrscheinlich kommt diese schneller als gedacht.

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Wen der Westen bestraft
Sergej AksjonowSergej Aksjonow wird im Amtsblatt der Europäischen Union vom Montag an erster Stelle erwähnt. Über ihn heißt es auf der Liste der insgesamt 21 russischen und ukrainischen Personen, er sei am 27. Februar 2014 „in Anwesenheit prorussischer Bewaffneter“ zum Regierungschef bestimmt worden und sei aktiv für das Referendum am vergangenen Samstag eingetreten. Quelle: dpa
Wladimir KonstantinowAuch die Strafmaßnahmen gegen Wladimir Konstantinow, den Vorsitzenden des Parlaments der Autonomen Republik Krim, werden unter anderem damit begründet, dass er Wähler aufgefordert habe, für die Unabhängigkeit der Krim zu stimmen. Quelle: Reuters
Denis BeresowskiBei Denis Beresowski, dem Kommandeur der ukrainischen Marine, lautet die Begründung, er habe Anfang März einen Eid auf die Krim-Streitkräfte geschworen und damit seinen Eid gebrochen. Die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine habe gegen ihn Ermittlungen wegen Hochverrats eingeleitet. Quelle: Reuters
Alexej TschalyIm Februar wurde Tschaly zum Verwaltungschef der strategisch wichtigen Hafenstadt Sewastopol „gewählt“. Hier ist die russische Schwarzmeerflotte stationiert. Außerdem habe er aktiv für den Beitritt der Krim zur Russischen Föderation geworben – was den Verantwortlichen in Brüssel gar nicht gefallen hat. Quelle: AP
Nikolaj Ryschkow (r.)Ryschkow war bereits von 1985 bis 1991 während der Zeit von Gorbatschow Vorsitzender des Ministerrates der Sowjetunion. Auf der Sanktionsliste steht der Duma-Abgeordnete, weil er Anfang März im russischen Föderationsrat öffentlich die Stationierung russischer Truppen in der Ukraine gefordert hatte. Aus diesem Grund stehen auch noch drei weitere Politiker auf der Liste. Quelle: dpa
Sergej MironowMironow ist Mitglied der russischen Staatsduma und dort Fraktionsvorsitzender der Oppositionspartei „Gerechtes Russland“. Ihm wirft die EU vor, den Gesetzesentwurf initiiert zu haben, mit dem Russland unter dem Vorwand des Schutzes der russischen Bürger, Gebiete im Ausland ohne Zustimmung des Landes oder eines völkerrechtlichen Vertrages besetzen darf. Quelle: dpa
Anatolij Sidorow (r.)Sidorow – im Bild zusammen mit Russlands Präsident Wladimir Putin bei einer Militärübung – ist Kommandeur des westlichen Militärbezirks. Die Truppen, die die Krim besetzt halten, sollen aus seinem Befehlsbereich kommen. Damit sei er verantwortlich für den Teil der Streitkräfte, die die Souveränität der Ukraine verletzen würden. Quelle: dpa

Die Europäischen Staats- und Regierungschefs wollten Zeit gewinnen. Mit einem Katalog möglicher Sanktionen in drei Eskalationsstufen versuchten sie, sich Spielraum zu verschaffen – und die Möglichkeit, sich abzustimmen. Viele kleine Nadelstiche sollten derweil den russischen Präsidenten Wladimir Putin zum Einlenken zwingen. Doch der Plan ging nicht auf. Putin besiegelte die Annektierung der Krim sehr viel schneller als erwartet. Und Russlands Vizepremier Dmitri Rogosin mokierte sich sogar offen über die zweite Stufe der EU-Sanktionen, die Einreiseverbote und Kontosperrungen für Russen und Ukrainer. Nun ist die EU gezwungen, ernsthafter über Wirtschaftssanktionen nachzudenken. Egal, wie diese ausfallen – sie werden beiden Seiten Schmerzen zufügen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bereits angekündigt, dass die Länder der EU dies aushalten müssen. „Wir alle wären zu ihnen bereit und entschlossen, falls sie unumgänglich werden“, sagte sie Mitte März in ihrer Regierungserklärung über die dritte Stufe der Wirtschaftssanktionen. Diese in ihrer Deutlichkeit bemerkenswerte Ankündigung blendet allerdings einen wichtigen Aspekt aus: Die Interessenlage in der EU ist sehr heterogen. „Die wirtschaftlichen und politischen Kosten und der politische Nutzen sind zwischen den EU-Mitgliedstaaten sehr ungleich verteilt“, betont Georg Zachmann vom Brüsseler Thinktank Bruegel. Vor diesem Hintergrund Sanktionen zu finden, denen alle 28 Mitgliedstaaten ausnahmslos zustimmen, ist ein schwieriges Unterfangen.

Enge Kontakte

Das Einreiseverbot illustriert die Probleme. Europäische Diplomaten haben eine Liste mit bis zu 120 Personen vorgelegt, denen der Weg in die EU in Zukunft blockiert werden könnte. Doch Österreich und Zypern haben gebremst. Mit beiden Ländern pflegen russische Geschäftsleute enge Kontakte.

Noch haben die Europäer die dritte Stufe der Sanktionen nicht definiert. „Sie könnten in vielfältiger Weise die wirtschaftliche Zusammenarbeit beeinträchtigen“, sagt Merkel. Der Europäische Auswärtige Dienst untersucht in diesen Tagen unterschiedliche Instrumente auf ihre Wirkung. Zu den Sanktionen mit einem spürbaren Effekt zählen Exportbeschränkungen. Russland bezieht 52 Prozent seiner Einfuhren aus der EU und den USA. Während sich das Land mit landwirtschaftlichen Gütern fast komplett selbst versorgen kann, ist es bei Chemieprodukten und im Maschinenbau auf Einfuhren angewiesen. Allerdings gibt es hier einen direkten Effekt: Deutschen Herstellern würde der Absatzmarkt wegbrechen.

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