Europäische Union Brexit für alle!

Das EU-Referendum in Großbritannien zeigt: Europa muss sich ändern. Weniger politische Integration und mehr ökonomische Integration sollte das Ziel sein.

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Die bekanntesten Brexit-Gegner und -Befürworter
 Christine Lagarde Quelle: dpa
David Cameron Quelle: REUTERS
George Osborne Quelle: REUTERS
 Jean-Claude Juncker Quelle: REUTERS
Michael Gove Quelle: REUTERS
Donald Trump Quelle: AP
Barack Obama Quelle: AP

Nach monatelangen Diskussionen stimmen die Briten heute darüber ab, ob ihr Land in Zukunft noch zur Europäischen Union gehören soll. Kaum eine internationale Organisation, Geschäftsbank oder ein amtierender Politiker hat es sich nehmen lassen, die Briten vor dem Sprung ins Ungewisse zu warnen.

Mit Bergen von Zahlen haben die Volkswirte der Banken versucht, den Briten die wirtschaftlichen Kosten eines EU-Austritts bis hinter das Komma vermeintlich genau auszurechnen, um sie vom Verbleib in der Staatengemeinschaft zu überzeugen. Politiker haben versucht, ihnen mit Sprüchen wie „In is in and out is out“ (Wolfgang Schäuble) die Irreversibilität ihrer Entscheidung vor Augen zu führen und sie vom Brexit abzuhalten.

Ob die Kampagnen gegen den Brexit verfangen haben, wird sich zeigen, wenn das amtliche Abstimmungsergebnis morgen vorliegt. Klar ist, dass eine Trennung mit Kosten verbunden ist.

Die wichtigsten Infos zum Brexit-Referendum


Zwischen Staaten ist das nicht anders als zwischen Menschen. Die Unsicherheit darüber, welchen wirtschaftspolitischen Kurs die Briten einschlagen und ob es ihnen gelingt, den freien Handel mit Kontinentaleuropa aufrecht zu erhalten, dürfte im Falle eines Austritts Bremsspuren in den volkswirtschaftlichen Statistiken hinterlassen. Verschreckte Kapitalanleger könnten Großbritannien verlassen, das Pfund könnte einbrechen, Investitionen könnten auf Eis gelegt werden und die Konjunktur könnte einen Dämpfer erhalten.
Doch die negativen Folgen eines Brexit für die britische Wirtschaft wären vorübergehender Natur. Sie könnten sogar eine heilsame Wirkung entfalten. Denn sie erzeugen Druck auf die Regierung in London, die Ärmel aufzukrempeln, Investoren anzulocken, die Lebensbedingungen für die Bürger zu verbessern und sich für Freihandel einzusetzen.


Die Wirtschaften dies- und jenseits des Ärmelkanals sind eng miteinander verflochten. 47 Prozent der britischen Exporte gehen in die EU-Länder, 7 Prozent der EU-Exporte fließen nach Großbritannien. Niemand dürfte deshalb ein ernsthaftes Interesse daran haben, die Zollmauern gegenüber Großbritannien hoch zu ziehen.
Wichtiger als die kurzfristigen konjunkturellen Konsequenzen eines Brexit sind die politischen Implikationen des Referendums. Denn nicht nur die Briten hadern mit der Entkernung ihrer nationalen Souveränität durch die machtsaugenden EU-Technokraten. Auch in Frankreich, den Niederlanden, Finnland, Österreich, Italien und Deutschland regt sich Widerstand gegen die Verlagerung nationaler Kompetenzen auf die EU-Ebene. Die Euro-Krise hat das Unwohlsein der Bürger mit der europäischen Integration noch verstärkt.


Die von der deutschen Kanzlerin dirigierten, von Brüssel orchestrierten, von der EZB finanzierten und von den Verfassungsrichtern goutierten Rettungsaktionen zugunsten bankrotter Krisenländer haben das Recht (Bail-Out-Verbot, Verbot der monetären Staatsfinanzierung) gebogen.
Die Herrschaft des Rechts in Europa, deren Ursprung im angelsächsischen Rechtssystem liegt und die einen Eckpfeiler jeder freien Gesellschaft darstellt, wurde der Rettung der Gemeinschaftswährung geopfert. Dem Kontinent wurde das Gerüst eines Schattenstaates (ESM, EFSF, EZB-Bankenaufsicht) übergestülpt ohne dafür das Placet der Bürger einzuholen.
Wen wundert es da, wenn sich die Bürger in die Fundamentalopposition zur politischen Klasse und zur EU begeben?

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