
Griechenland will sich für den Notfall wappnen. „Wir brauchen in jedem Fall einen Plan B“, sagte der griechische Migrationsminister Jannis Mouzalas kürzlich im Gespräch mit der Bild-Zeitung. Zwar dementierte die griechische Regierung die Worte des Ministers später. Doch eines steht fest: Athen fürchtet, dass das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei nicht mehr lange hält und dann wieder mehr Flüchtlinge nach Europa kommen, also vor allem nach Griechenland.
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hatte kürzlich gedroht, das Abkommen mit den Europäern aufzukündigen, wenn seinem Volk die zugesagte Visafreiheit verwehrt werden sollte. Seit dem 18. März können Flüchtlinge, die aus der Türkei, über die Ägäis auf die griechische Inseln übersetzen, zurückgeschickt werden. Bislang haben die Griechen nur knapp 500 Flüchtlinge zurückgeführt; der Rest stellte in Griechenland einen Asylantrag. Und da die griechischen Behörden kein Vertrauen in den türkischen Rechtsstaat haben, dürfen die, die Asyl beantragen, vorerst bleiben.
Dennoch sind die Zahlen im Vergleich zu der Zeit vor dem Abkommen dramatisch gesunken. Kamen im Februar noch 2.000 potentielle Asylbewerber pro Tag in Griechenland an, sind es mittlerweile weniger als 1.500 pro Monat. Kurzum: Der Flüchtlingsdeal hat dafür gesorgt, dass die Zahlen der Neuankömmlinge drastisch zurückgehen, obwohl diese nicht wirklich in die Türkei zurückgeschickt werden. Gerald Knaus von der "Europäischen Stabilitätsinitiative", einem Think Tank, das in Berlin und Istanbul operiert, nennt das einen „großen Bluff“.
Politikberater Knaus hat den sogenannten „Merkel-Plan“, der letztlich die Vorlage für das Türkei-Abkommen wurde, zu weiten Teilen verfasst. „Die Türkei muss sich anstrengen und nachweisen, dass zurückgeführte Flüchtlinge bei ihnen genauso sicher sind wie in Europa“, fordert er. Nur dann könne der Plan funktionieren.





Doch was geschieht, wenn das nicht gelingt und die Türken das Abkommen kündigen? In Brüssel will man davon nichts wissen. „Die Kommission hat einen Plan A, und der besteht darin, den EU-Türkei-Deal zum Erfolg zu führen“, ließ die Brüsseler Behörde mitteilen.
Knaus glaubt der EU-Kommission nicht. „Plan B existiert längst“, sagte der gebürtige Österreicher. Wenn die Zahl der Flüchtlinge auf den griechischen Inseln wieder signifikant steige, sei das Abkommen kaum noch zu retten. Die ost- und südeuropäischen Länder würden sich dann abschotten – genau wie Ungarn. „Das darf Europa nicht zulassen“, fordert Knaus.