Fed-Entscheid Der Druck auf die Fed steigt – doch Powell bleibt auf Kurs

Fed-Chef Jerome Powell. Quelle: REUTERS

Die Fed erhöht einmal mehr den Leitzins. Das zeigt: Die US-Notenbank sieht in der Inflation noch immer die größte Gefahr für die Wirtschaft. Ein Kommentar.

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Am Ende hatte die Leitung der Federal Reserve Bank wohl keine andere Wahl. Gestern entschlossen sich die Notenbanker, den amerikanischen Leitzins um weitere 25 Basispunkte anzuheben. Es war die neunte Anhebung in Folge. Damit ist der Zinssatz in nur einem Jahr von 0,25 bis 0,5 Prozent auf jetzt 4,75 bis 5,00 Prozent gestiegen. So schnell ging es seit den 1980er-Jahren nicht mehr nach oben.

Der Schritt war zwar vom überwiegenden Großteil der Analysten erwartet worden, trotzdem dürfte er Fed-Chef Jerome Powell und den anderen Mitgliedern des zuständigen Open Markets Committee (FOMC) nicht leicht gefallen sein. Angesichts der immer noch hohen Inflation in den USA – die Rate der Geldentwertung lag im Februar im Jahresvergleich bei sechs Prozent, deutlich über dem Ziel von zwei Prozent – konnte die Notenbank schlecht darauf verzichten, erneut tätig zu werden.

Doch die aktuelle Bankenkrise hat das Bild verkompliziert. Die Befürchtung war, dass steigende Zinssätze die Bankinstitute weiter unter Druck setzen und die Kreditvergabe weiter einschränken könnten, was kleinen Unternehmen und anderen Kreditnehmern schaden würde. Und weitere Verunsicherung im Bankensektor kann die Fed derzeit nicht gebrauchen. Zeitweise sei sogar darüber nachgedacht worden, die gestrige Zinserhöhung auszusetzen, so Powell. Doch schlussendlich entschied sich das FOMC dagegen.

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von Frank Doll

Denn Powell und seine Mitstreiter schienen das Risiko für das Finanzsystem für Überschaubar zu halten. „Das US-Bankensystem ist solide und widerstandsfähig“, teilten sie mit. Eine Einschätzung, die man durchaus teilen kann. Schließlich haben sich die Finanzmärkte nach turbulenten Tagen zuletzt wieder ein gutes Stück beruhigt. Die Zinsanhebung sei damit auch ein „Vertrauensbeweis“ für die amerikanischen Kreditinstitute, sagte etwa Matthew Ryan, Analyst bei Ebury. Hätte die Zentralbank den Leitzins unverändert gelassen, hätte dies Anleger verunsichern können.

Damit bleibt der Kampf gegen die Inflation im Moment die Hauptaufgabe der Fed. Und dabei könnte die Verunsicherung im Bankensektor sogar helfen. Zahlreiche Beobachter glauben, dass der Schock durch den Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) die wirtschaftliche Aktivität in den USA schon jetzt mehr gebremst haben könnte, als der stärkste Zinsanstieg der Fed es vermocht hätte. Der Effekt sei in etwa vergleichbar mit einer Leitzinserhöhung um 150 Basispunkte, heißt es etwa bei Apollo. Die bislang steilste Anhebung der Fed im vergangenen Jahr war gerade einmal halb so hoch.



Dass die Verunsicherung im Finanzsektor einen Effekt haben wird, glauben auch die Zentralbanker. „Die jüngsten Entwicklungen werden wahrscheinlich zu einer Verknappung der Kreditkonditionen für Haushalte und Unternehmen führen und die Wirtschaftsaktivität, die Neueinstellungen und die Inflation beeinträchtigen“, heißt es in ihrem Statement. Allerdings wollen sie sich nicht festlegten, wie groß dieser Effekt sein wird. „Das Ausmaß dieser Auswirkungen ist ungewiss“, schreiben sie weiter.

Dass die Bankenkrise der Inflation jedoch den Rest geben wird, glauben die Zentralbanker nicht. Der Weg zu einer niedrigeren Geldentwertung sei lang, so Fed-Chef Powell bei seiner Pressekonferenz nach der Zinsentscheidung. „Und er wird wahrscheinlich holprig sein.“ Dass die Fed mit ihren Zinssteigerungen bereits am Ende ist, glaubt Powell ebenfalls nicht. Das FOMC geht davon aus, dass eine „zusätzliche Straffung“ in der Geldpolitik notwendig sein könnte. Zum Jahresende werde der Leitzins wohl bei 5,1 Prozent liegen, heißt es in der aktuellen Prognose der Fed – und damit höher als heute. Zumindest eine weitere Zinserhöhung haben die Märkte längst eingepreist.

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Was diese Entwicklung allerdings für die Hoffnung auf eine „sanfte Landung“ bedeuten wird, ist eine andere Frage. Seit Beginn der Zinsanhebungen war die Fed bemüht, trotz robuster Inflationsbekämpfung eine Rezession zu verhindern. Dass dies jetzt noch gelingen kann, ist offen. Das FOMC geht zwar mit Blick auf die US-Wirtschaft in diesem Jahr noch von einem minimalen Wachstum von 0,4 Prozent aus, doch angesichts der Bankenkrise ist es alles andere als sicher, dass dies gelingen wird. Die Politik zeigt sich bereits skeptisch. Er sei „besorgt über die Auswirkungen der Zinsanhebung auf die Wirtschaft“, so der Demokrat Chuck Schumer, Mehrheitsführer im Senat. Der Druck auf die Fed steigt also.

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Doch das FOMC sollte sich davon nicht beeindrucken lassen. Zwar sinkt die Inflation in den USA, doch sie tut es langsam. Gleichzeitig fehlen der US-Wirtschaft immer noch Arbeitskräfte, was die Kosten für Unternehmen noch für eine lange Zeit hoch halten wird. Powell scheint sich dann auch nicht von seiner Mission, die Preissteigerungen zu bremsen, abbringen lassen zu wollen. „Ohne Preisstabilität funktioniert die Wirtschaft für niemanden“, sagte er vor der Presse. Und sollte die Inflation nicht sinken, seien auch weitere Zinssteigerungen nicht ausgeschlossen.

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