Geldpolitik EZB will angeblich bei neuem Programm Geld aus Bankensystem abziehen

Die Marktturbulenzen haben die EZB gezwungen, die Arbeit an einem neuen Anleihekaufprogramm zu beschleunigen. Quelle: dpa

Hoch verschuldete Euro-Staaten sollen so ihre Anleihekäufe ausgleichen können. Das Verfahren wäre nicht neu.

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Die Europäische Zentralbank (EZB) will Insidern zufolge Geld aus dem Bankensystem abziehen. Damit sollen mögliche Anleihekäufe zur Deckelung der Kreditkosten für hoch verschuldete Euro-Staaten ausgeglichen werden, sagten zwei mit den Plänen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag.

Demnach könnte ein neues Anleihekaufprogramm mit Auktionen verknüpft werden, bei denen Banken Geld bei der EZB zu besseren Konditionen als dem üblichen Einlagenzinssatz parken können. Dies würde es der EZB ermöglichen, die Anleihekäufe im Rahmen des neuen Programms zu „sterilisieren“. Vor einem Jahrzehnt hatte sie schon einmal solche wöchentlichen Maßnahmen durchgeführt, um Liquidität abzuschöpfen. Eine Sprecherin der EZB lehnte eine Stellungnahme ab.

Die Renditen für Staatsanleihen von Italien und anderen stark verschuldeten Länder sind in den vergangenen Monaten in die Höhe geschnellt, weil die EZB ihre Wertpapierkäufe auslaufen lässt und im Juli erstmals seit mehr als einem Jahrzehnt ihren Leitzins anheben will. Damit wollen die Währungshüter die Inflation eindämmen.

Die Marktturbulenzen haben die EZB gezwungen, die Arbeit an einem neuen Anleihekaufprogramm zu beschleunigen. Damit sollen die Renditen gedämpft werden, deren Anstieg Ländern wie Italien viele Milliarden Euro kostet. Die Zentralbank bringt das in die schwierige Lage, die Kreditkosten für die Euro-Zone insgesamt zu erhöhen und sie gleichzeitig für einige ihrer schwächeren Mitglieder zu begrenzen.

Anders als vor zehn Jahren hat die EZB durch eine Fülle von Konjunkturmaßnahmen Überschussreserven im Bankensystem in Höhe von 4,48 Billionen Euro geschaffen. Das erhöht ihren Handlungsspielraum. Die geplante Lösung wäre auch bequemer als der Verkauf von Anleihen aus Ländern, in denen die Kreditkosten niedriger sind, wie etwa Deutschland, da dies wahrscheinlich zu Verlusten für die jeweilige nationale Notenbank führen würde.

Neues Instrument soll Mitte Juli vorgestellt werden

Das neue System, mit dem die finanzielle Fragmentierung zwischen den Euro-Ländern bekämpft werden soll, dürfte auf der EZB-Ratssitzung am 21. Juli vorgestellt werden. Die Details werden noch ausgearbeitet. Möglich ist, dass die begünstigten Länder Auflagen erfüllen müssen – etwa, dass sie die wirtschaftlichen Empfehlungen der Europäischen Kommission einhalten.

Die Ratsmitglieder der EZB treffen sich dieser Tage zu ihrer jährlichen Klausurtagung im portugiesischen Sintra. Präsidentin Christine Lagarde, die am Dienstag um 10 Uhr mitteleuropäischer Zeit auf der Konferenz sprechen wird, und ihre Ratskollegen halten das so genannte Anti-Fragmentierungs-Instrument für notwendig, damit sie die Straffung der Geldpolitik gegen die Rekordinflation weiterführen können ohne sich Sorgen um die Integrität der Eurozone machen zu müssen. Wichtige Einzelheiten des Instruments sind allerdings noch offen.

EZB-Ratsmitglied Martin Kazaks sagte am Dienstag in einem Interview mit Bloomberg TV, es sei wichtig, dass die Fragmentierung der geldpolitischen Normalisierung nicht im Wege stehe. Maßnahmen zum Ausgleich der potenziell stimulierenden Wirkung von Anleihekäufen im Rahmen des Instruments könnten dazu gehören. „Die Sterilisierung könnte ein Element sein“, sagte der Gouverneur der lettischen Zentralbank. „Meine persönliche Meinung ist, dass dies ein Teil des Instruments sein sollte.“

Kazaks plädiert auch für einen ersten Zinsschritt, der über die geplanten Viertelprozent hinaus geht, sollte es Anzeichen dafür geben, dass die hohen Inflationswerte zukünftige Erwartungen nach oben treiben

„Wenn wir sehen, dass sich die Situation verschlechtert hat, dass die Inflation hoch ist und wir negative Meldungen bezüglich der Inflationserwartungen haben, dann wäre meiner Meinung nach eine nach vorne gewichtete Anhebung eine vernünftige Entscheidung“, sagte Kazaks.

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Die EZB sollte beobachten, „was auf dem Arbeitsmarkt passiert, was mit der Verankerung der Erwartungen passiert – ob die Erwartungen zu steigen beginnen“. Er lehnte es ab, explizit darüber zu spekulieren, ob diese Verschiebungen eine Erhöhung um einen halben Punkt rechtfertigen könnten.

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