Lange mussten Sparer darben, nun sind die Zinsen wieder da. Dank der geldpolitischen Wende der Europäischen Zentralbank (EZB) werfen Tages- und Festgeld wieder etwas ab. Und die EZB ist mit ihren Zinserhöhungen noch nicht am Ende. Steigende Zinsen bergen jedoch auch Gefahren, nicht nur für Kreditnehmer, sondern auch für Banken, wie der Kollaps von drei Geldhäusern in den USA gerade gezeigt hat. Die Branche ist in Sorge, am Mittwoch sackten auch die Aktienkurse von Banken ohne bekannte Probleme nochmals bedenklich ab.
Was bedeuten steigenden Zinsen für Banken und Sparkassen?
Die Zinswende hat auch für Geldhäuser zwei Seiten: Der Zinsüberschuss steigt, er ist in Deutschland traditionell die wichtigste Ertragsquelle von Banken und Sparkassen. Die Differenz zwischen dem, was die Institute einerseits zum Beispiel für Kredite kassieren und andererseits ihren Kunden etwa als Sparzinsen zahlen, wird also größer.
Auf der anderen Seite mussten zum Beispiel die deutschen Sparkassen Milliardenabschreibungen auf Wertpapierbestände hinnehmen, was den Gewinn schmälerte. Denn der rasante Zinsanstieg führte zu Kursverlusten an den Märkten etwa für Staatsanleihen, die einen Großteil der Eigenanlagen der Sparkassen ausmachen. Die Folge: Hohe Abschreibungen auf festverzinsliche Wertpapiere.
Das ist kein Problem, solange die Anleihen bis zur Fälligkeit gehalten werden und sich Wertkorrekturen in den nächsten Jahren ausgleichen. Der Kollaps der Silicon Valley Bank (SVB) jedoch hat die Finanzwelt aufgeschreckt: Das auf Start-up-Finanzierung spezialisierte US-Institut hatte in der Niedrigzinsphase viel Geld etwa in US-Staatsanleihen mit langer Laufzeit investiert. Mit der Zinswende verloren viele der Wertpapiere erheblich an Wert. Zugleich war die SVB gezwungen, Anlegern höhere Zinsen zu bieten, damit diese ihre Gelder nicht abziehen – ein Spagat, der nicht gelang.
In dieser Woche ist die angeschlagene Credit Suisse unter Druck geraten, weil der Großaktionär Saudi National Bank eine zusätzliche Unterstützung ausschloss. Am frühen Donnerstag wurde dann bekannt, dass sich die zweitgrößte Schweizer Bank bis zu 50 Milliarden Franken (50,7 Mrd Euro) bei der Zentralbank des Landes leihen kann.
Warum erhöht die EZB die Zinsen?
Die Notenbank stemmt sich gegen die hohe Inflation. Im Februar lagen die Verbraucherpreise im Euroraum um 8,5 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Zwar schwächte sich der Preisauftrieb den vierten Monat in Folge ab, aber die Zielmarke der EZB ist weiterhin weit entfernt. Hauptziel der Notenbank sind stabile Preise und somit eine stabile Währung im Euroraum. Das sieht die EZB erreicht, wenn die Teuerung bei zwei Prozent liegt. Höhere Zinsen verteuern Kredite. Das kann die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken.
Warum steigen die Sparzinsen nicht in gleichem Maße?
Viele Banken und Sparkassen bieten wieder Zinsen auf Tagesgeld und Festgeld, seit die EZB im Sommer 2022 die Nullzinsphase beendete – allerdings längst nicht alle. Nach Daten des Vergleichsportals Verivox zahlen 282 von insgesamt 661 ausgewerteten Instituten bislang keine Tagesgeldzinsen (Stand: 9. März). Vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken halten sich demnach noch zurück. „Die Regionalbanken spekulieren auf die Treue ihrer Kunden und lassen sich mit Zinserhöhungen Zeit”, sagte Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH. Bei bundesweit verfügbaren Angeboten profitierten Sparer dagegen vom schärferen Konkurrenzkampf.
Was Sparer ebenfalls ärgert: Neukunden werden oft mit höheren Zinsen gelockt als Geldhäuser für bestehende Guthaben herausrücken. Das ist betriebswirtschaftlich verständlich: Sämtliche Einlagen plötzlich deutlich höher zu verzinsen, würde für die Institute teuer. Zudem verdienen sie im veränderten Zinsumfeld mit jedem neuen Kunden Geld.
Immerhin: Bankmanager versprachen zuletzt auch Bestandskunden steigende Sparzinsen. „Ich bin sicher, dass der Trend dieses Jahr deutlich nach oben geht, die Frage ist nur wie schnell”, sagte etwa ING-Deutschland-Chef Nick Jue Anfang Februar. Commerzbank-Vize-Chefin Bettina Orlopp sprach Mitte Februar von einem Prozess: „Wir werden jetzt den Markt beobachten und natürlich auch an unsere Kunden Konditionen weitergeben.”
Schneller schlau: Inflation
Wenn die Preise für Dienstleistungen und Waren allgemein steigen – und nicht nur einzelne Produktpreise – so bezeichnet man dies als Inflation. Es bedeutet, dass Verbraucher sich heute für zehn Euro nur noch weniger kaufen können als gestern noch. Kurz gesagt: Der Wert des Geldes sinkt mit der Zeit.
Die Inflationsrate, auch Teuerungsrate genannt, gibt Auskunft darüber, wie hoch oder niedrig die Inflation derzeit ist.
Um die Inflationsrate zu bestimmen, werden sämtliche Waren und Dienstleistungen herangezogen, die von privaten Haushalten konsumiert bzw. genutzt werden. Die Europäische Zentralbank (EZB) beschreibt das wie folgt: „Zur Berechnung der Inflation wird ein fiktiver Warenkorb zusammengestellt. Dieser Warenkorb enthält alle Waren und Dienstleistungen, die private Haushalte während eines Jahres konsumieren bzw. in Anspruch nehmen. Jedes Produkt in diesem Warenkorb hat einen Preis. Dieser kann sich mit der Zeit ändern. Die jährliche Inflationsrate ist der Preis des gesamten Warenkorbs in einem bestimmten Monat im Vergleich zum Preis des Warenkorbs im selben Monat des Vorjahrs.“
Eine Inflationsrate von unter zwei Prozent gilt vielen Experten als „schlecht“, da sie ein Zeichen für schwaches Wirtschaftswachstum sein kann. Auch für Sparer sind diese niedrigen Zinsen ein Problem. Die EZB strebt mittelfristig eine Inflation von zwei Prozent an.
Deutlich gestiegene Preise belasten Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie können sich für ihr Geld weniger leisten. Der Privatkonsum ist jedoch eine wichtige Stütze der Konjunktur. Sinken die Konsumausgaben, schwächelt auch die Konjunkturentwicklung.
Von Disinflation spricht man, wenn die Geschwindigkeit der Preissteigerungen abnimmt – gemeint ist also eine Verminderung der Inflation, nicht aber ein sinkendes Preis-Niveau.
Haben Sparer unter dem Strich nun wirklich mehr Geld?
Leider nein. Bei Inflationsraten von über acht Prozent verpuffen selbst Festgeldzinsen von drei Prozent und mehr. Der Realzins – also der Zins abzüglich der Inflation – ist dann weiterhin negativ.
Welche Auswirkungen haben die steigenden Zinsen auf Kredite?
Die Zinsen zum Beispiel für Baufinanzierungen sind in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen. Die Höhe der Bauzinsen ist allerdings nicht direkt von EZB-Zinsentscheidungen abhängig, sondern orientiert sich an der Verzinsung von Bundesanleihen. Bereits vor den Zinserhöhungen der Notenbank sind die Bauzinsen gestiegen. Höhere Zinsen treffen vor allem diejenigen, die ein neues Darlehen brauchen oder eine Anschlussfinanzierung für einen Immobilienkredit. Bei laufenden Hypothekenkrediten ändert sich nichts an der Zinshöhe.
Die Zinsen für Ratenkredite haben sich nach Daten des Vergleichsportals Check24 mit durchschnittlich 6,35 Prozent im Februar im Vergleich zum Vorjahresmonat fast verdoppelt.
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