Inflation Studie: Deutsche mit weniger Einkommen schränken Lebensmittel-Käufe ein

Viele Menschen in Deutschland – ob berufstätig oder arbeitssuchend – wollen angesichts der hohen Inflation ihr Lebensmitteleinkäufe und die Ausgaben für Bekleidung und Schuhe einschränken. Quelle: dpa

Rund 52 Prozent der Haushalte mit einem Nettoeinkommen bis 2000 Euro im Monat wollen wegen der gestiegenen Preise künftig weniger Nahrungsmittel kaufen. Die Autoren der Studie fordern weitere Entlastungspakete.

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Mehr als die Hälfte der Deutschen mit niedrigerem Einkommen – ob berufstätig oder arbeitssuchend – will wegen der hohen Inflation weniger Lebensmitteln einkaufen. Rund 52 Prozent der Erwerbspersonen mit einem relativ niedrigen Haushaltseinkommen bis 2000 Euro netto im Monat sehen sich genötigt, sich wegen der gestiegenen Preise vor allem für Energie bei Nahrungsmitteln einzuschränken, wie am Mittwoch aus einer Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervorgeht. Darunter wollen rund 18 Prozent den Konsum von Nahrungsmitteln, Getränken, Tabakwaren und Ähnlichem sogar „bedeutend“ zurückfahren. Demnach geben 63 Prozent zudem an, beim Kauf von Kleidung und Schuhen inflationsbedingt kürzer treten zu wollen, darunter 28 Prozent deutlich.

Der akute Druck, den Konsum solcher Alltagsgüter zu reduzieren, nimmt mit wachsendem Einkommen ab. Über alle Einkommensgruppen hinweg wollen 39 Prozent der Erwerbspersonen künftig weniger Nahrungs- und Genussmittel kaufen, darunter zehn Prozent „bedeutend weniger“. Bei Bekleidung und Schuhen wollen sich 53 Prozent einschränken, davon 18 Prozent „bedeutend“. Auch bei Gaststätten- und Restaurantbesuchen wollen mehr als jeder Zweite kürzer treten. Je nach Energieart geben fernen 62 Prozent (Warmwasser) bis 73 Prozent (Strom) aller Befragten an, ihren Verbrauch reduzieren zu wollen.

Die Daten zeigen auch, wie groß die Lücken sind, die vor allem die Explosion der Energiepreise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine in viele Haushaltsbudgets reißt: Knapp 36 Prozent der befragten Menschen geben an, sie bräuchten aktuell monatlich 100 bis 250 Euro zusätzlich, um ihren bisherigen Lebensstandard halten zu können, weitere 25 Prozent beziffern den Bedarf auf 50 bis 100 Euro. 16 Prozent nennen sogar 250 bis 500 Euro. Die Studie beruht auf einer repräsentativen Befragung von gut 6200 Erwerbspersonen von Ende April bis Anfang Mai. Als Erwerbspersonen gelten sowohl Erwerbstätige als auch Arbeitssuchende.

Im Mai lag die Inflation mit 7,9 Prozent so hoch wie seit dem Winter 1973/1974 nicht mehr. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht die Juni-Daten am Mittwochnachmittag. Wie aus einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters unter Ökonomen von rund einem Dutzend Banken hervorgeht, dürften die Preise im Schnitt sogar um 8,0 Prozent über dem Vorjahresmonat liegen.

Die Ergebnisse der IMK-Umfrage zeigen den Studienautoren Sebastian Dullien und Jan Behringer zufolge, dass die hohe Inflation soziale Ungleichheiten verschärft. Zudem drohe die sich abzeichnende Konsumzurückhaltung „die Erholung des privaten Verbrauchs nach der Corona-Pandemie zu verzögern“ – was wiederum die Konjunktur deutlich schwächen könnte. Die Politik sollte weitere Entlastungspakete so konzipieren, „dass Haushalte mit geringen Einkommen spürbar stärker entlastet werden als jene mit höheren Einkommen“, erklärten die IMK-Fachleute.

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