Wirtschaft im Weitwinkel
Setzt der Zollkonflikt dem deutschen Aufschwung ein Ende? Quelle: dpa

Der wahre Grund für die Steuersenkung der USA

Seit Monaten fallen Europas Stimmungsindikatoren. Bislang war das noch kein Grund zur Sorge, die Unternehmen bleiben optimistisch. Doch Vorsicht: Die Weltpolitik hinterlässt immer mehr Spuren - gerade in Deutschland.

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Der aktuelle Zollstreit und die bereits erhobenen Zölle durch die USA werden den Unternehmen im Euro-Raum und insbesondere in Deutschland weiter auf den Magen schlagen. Doch tatsächlich sind die Zölle auf Stahl und Aluminium nicht das Problem. Denn der wirtschaftliche Schaden, der aus diesen Zöllen resultiert ist nicht beträchtlich. Anders sähe es bei Zöllen auf Autos und ähnliches aus. Wenn solche Zölle eingeführt werden, hätte dies erhebliche Folgen für die deutsche und europäische Wirtschaft.

US-Präsident Trump zeigt sehr eigene wirtschaftspolitische Ansichten. So ist scheinbar aus seiner Sicht ein Handelsbilanzdefizit prinzipiell eine offene Rechnung. Damit hätten aus Sicht des US-Präsidenten Europa – und hier insbesondere Deutschland –, China, aber zum Beispiel auch Kanada und Mexico seit Jahren die Wirtschaftskraft der USA für ihr Wachstum ausgenutzt. Entsprechend kann die USA bei einem möglichen Handelskonflikt nur gewinnen, denn schlechter kann es eigentlich nicht mehr werden.

Damit werden jedoch direkt die strukturellen Entwicklungen in der globalen Wirtschaft grundlegend in Frage gestellt. Der jetzige Wohlstand fußt auf einer arbeitsteilenden Wirtschaft mit globalen Wertschöpfungsketten. Die Geschäftsmodelle vieler deutscher Unternehmen beruhen auf einem offenen und relativ barrierefreien Welthandel.

Vor dem Hintergrund des heftigen Handelskonfliktes zwischen den USA und dem Rest der Welt erscheint die Steuerreform in den USA nicht mehr unsinnig. Bei der hohen Konjunkturdynamik in den USA war eine Steuersenkung eigentlich unnötig. Die niedrigen Unternehmenssteuern verhelfen der US-Wirtschaft jetzt aber zu einer hohen Krisenresistenz. Ob dies von Beginn an so orchestriert war, ist nicht bekannt.

In Deutschland zeigen sich dagegen die ersten realwirtschaftlichen Folgen des Konfliktes. Zwar hat das ifo-Geschäftsklima für die Gesamtwirtschaft im Mai seinen fünf Monate dauernden Abwärtstrend vorerst beenden können, die Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes sind aber weiterhin besorgt. Hier trübt sich die Stimmung immer weiter ein, bereits das vierte Mal in Folge. Die Verschlechterung betrifft hier ausschließlich die Geschäftserwartungen für die nächsten sechs Monate, die Erwartungen fallen aktuell so niedrig aus wie seit August 2016 nicht mehr.

Der aktuelle Einbruch bei den Geschäftserwartungen ist insbesondere auf die verschlechterten Exportaussichten zurückzuführen. Neben internationalen Handelsstreitigkeiten macht sich hier auch die Kündigung des Iran-Abkommens durch die Vereinigten Staaten negativ bemerkbar. Die vollständigen Auswirkungen dieses Schritts für die deutschen Unternehmen lassen sich noch nicht absehen. Doch es gibt weiter Gefahren. Saudi-Arabien plant, die Vergabe von Regierungsaufträgen an deutsche Firmen einzuschränken.

Das alles schlägt sich auf die Exporterwartungen der deutschen Industrieunternehmen nieder. Die Exporterwartungen sind bereit sechs Monate in Folge gefallen und erreichten im Mai den schlechtesten Wert seit Beginn des vergangenen Jahres. Auch wenn eine leichte Mehrheit der Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe damit auch weiterhin einen Anstieg ihrer Exporttätigkeit erwartet, hat sich der Optimismus beträchtlich abgekühlt, vor allem in der Automobilindustrie, deren wichtigstes Abnehmerland im Jahr 2017 die USA waren.

Diese Stimmungsverschlechterung zeigt sich auch langsam in der realwirtschaftlichen Entwicklung. So sind in den vergangenen Monaten die Auftragseingänge gesunken, was sich langsam auch auf die Industrieproduktion ungünstig auswirkt.

Steht der deutsche Aufschwung nun vor dem Ende? Das denke ich noch nicht. Bislang kann man zwar von einer etwas geringeren Dynamik im deutschen Wachstum ausgehen. Aber generell sind die Aussichten noch positiv. Zudem wird durch den grundsätzlichen demographischen Trend die Arbeitslosigkeit weiterhin sehr niedrig bleiben, auch wenn die Wachstumsdynamik nachlässt.

Nur in dem aus meiner Sicht unwahrscheinlichen Fall, dass der Zollkonflikt völlig außer Kontrolle gerät, dürfte die Wachstumsdynamik in Deutschland und dem restlichen Euro-Raum deutlich fallen. Aber dann wären wir auch in einem völlig anderen Szenario.

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