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Lithium und KobaltBremsen Rohstoff-Engpässe das Elektroauto aus?

Egal ob Daimler, BMW, der Volkswagen-Konzern oder Elektro-Pionier Tesla: Die Autokonzerne wollen schon bald Millionen Elektroautos bauen. Doch sie ignorieren einen gefährlichen Engpass: Batterierohstoffe.Stefan Hajek 15.11.2017 - 06:00 Uhr

Trotz Rohstoff-Engpass: Autokonzerne wollen schon bald Millionen Elektroautos bauen.

Foto: Getty Images

Detroit Auto Show, eine Modellneuvorstellung jagt die andere. So weit, so normal. Dass das hier alles gar nicht normal verläuft, zeigt ein Blick auf die Bühne des Volkswagen-Konzerns. Dort fährt dieses Jahr nicht irgendein neues, laut gurgelndes PS-Monster vor. Stattdessen rollt ein merkwürdig blinkendes, gelb-weißes Elektroauto herein. Stolz präsentiert VW-Verkaufsvorstand Jürgen Stackmann diesen Sinneswandel auf vier Rädern: „The future is electric.“

Der ID Buzz, ein rein elektrischer Bus, soll anknüpfen an die große Vergangenheit der VW-Busse und zeigen, dass der Konzern Zukunft kann. Er ist Teil von VWs „Roadmap E“. Dabei wird VW von 2025 an 50 reine Elektroautomodelle anbieten; 2030 sollen alle 300 Modelle des Konzerns E-Motoren haben. Und ähnlich sind die Pläne vieler Autobauer: 2019 will Daimler-Chef Dieter Zetsche die ersten vollelektrischen Mercedes EQ vom Band laufen lassen. Ab 2020 will er „jährlich eine wachsende sechsstellige Zahl“ E-Autos verkaufen. BMW möchte bis 2025 25 elektrifizierte Modelle anbieten. E-Autobauer Tesla will ab 2018 eine halbe Million Batterieautos pro Jahr bauen.

Damit das klappt und ausreichend reichweitenstarke Antriebstechnik für die Millionen neuen Elektroautos zur Verfügung steht, bauen die Batteriezellenhersteller Samsung, Panasonic, LG Chem und BYD derzeit eine Akkufabrik nach der anderen. Doch es gibt einen Flaschenhals, den die Konstrukteure und Manager bisher unterschätzen: Einige der Rohstoffe für die Batteriezellen könnten schon bald empfindlich knapp werden.

Technische Hintergründe zu Akkus
Die Batterie
Der Akku
Neue Akkus

Zwar liegt genug davon in der Erdkruste. Doch die Bergbauindustrie ist auf den Nachfragesog durch Millionen von E-Autos nicht vorbereitet. Die Exploration, Erschließung und Produktion von Nickel, Kobalt und Lithium verschlingt Milliarden, dauert viele Jahre und ist mit extremen Risiken verbunden. Alternative Akkutechnologien werden noch jahrelang nicht marktreif sein. Und chinesische Akkuhersteller haben den Markt für die Rohstoffe so gut wie leer gesaugt. Bisher ist kein Plan erkennbar, wie die Autoindustrie den Rohstoffmangel kurzfristig beheben will. Und das hat fatale Folgen: Der Durchbruch des Elektroautos könnte einige Jahre länger auf sich warten lassen.

Wachstumspläne hängen vor allem an der Batterie

Alle Wachstumspläne der Autoindustrie in Sachen E-Mobilität hängen am Ende an einer Komponente: reichweitenstarke Batterien. Und das millionenfach. Es ist ein völlig neuer Markt, der dort entsteht. Möglich machen sollen ihn neue Fabriken für Lithium-Ionen-Akkus. Tesla fährt mit Panasonic gerade die erste Gigafactory in Nevada hoch. Giga nennt man die Riesenbatteriewerke, weil sie mehr als eine Gigawattstunde (eine Million Kilowattstunden, KWh) Akkukapazität pro Jahr produzieren. In Nevada sollen ab 2019 Akkus mit einer Speicherkapazität von 35 Gigawattstunden (GWh) jährlich vom Band laufen: genug für eine halbe Million Tesla oder eine Million durchschnittliche E-Autos.

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Doch das ist ein Klacks im Vergleich zur Akkuproduktion, die China aufbaut: Das Land plant gleich mehrere Riesenfabriken; insgesamt werden sie ab 2021 mehr als 121 GWh Lithium-Ionen-Akkukapazität jährlich ausspucken; das reicht für 1,5 Millionen Tesla Model S oder fast 14 Millionen Toyota Prius.

Auch in Deutschland soll nach dem Willen von Politik und Autoindustrie endlich eine Gigafactory entstehen: Das Start-up TerraE will bis 2028 an zwei Standorten 34 GWh Akkukapazität fertigen. „Die technische Planung steht“, sagt TerraE-Chef Holger Gritzka. Zur Finanzierung hat er ein Konsortium mit 18 Konzernen gebildet; 2019 will Gritzka die ersten 1,5 GWh von Deutschland aus produzieren.

Bei Teslas Gigafactory in der Wüste Nevadas geht der Bau zügig voran. Anfang Januar nahm der Elektroautobauer zusammen mit dem Kooperationspartner Panasonic in Teilen der Fabrik die Fertigung von Lithium-Ionen-Zellen auf. Diese Zellen eines neuen Typs sollen zunächst nur in den Powerwall-Heimspeichern verwendet werden. Die Batterieproduktion für das kommende Elektroauto Model 3 soll in den kommenden Monaten starten. (Stand: Januar 2017)

Foto: WirtschaftsWoche

Die im Januar veröffentlichten Luftbilder zeigen den Baufortschritt deutlich. In einigen der errichteten Gebäude wird schon gearbeitet, in anderen die Produktion vorbereitet. Auch der Bau der Gebäude selbst wird noch weitergehen.

Foto: WirtschaftsWoche

Zum Vergleich: So sah es vor einem Jahr in der Wüste bei Reno aus. Damals stand nur ein kleiner Teil der heutigen Anlagen.

Foto: WirtschaftsWoche

Im Juli 2016 hatte Tesla zur offiziellen Eröffnung erstmals Presse-Fotografen auf das Gelände gelassen. Die bezeichnend "Gigafactory" genannte Anlage gehört sogar zu den größten Produktionsstätten überhaupt. Hier sollen Akkus für Elektroautos und Heimspeicher vom Band laufen – mehr als alle Hersteller der Welt heute zusammen produzieren. (Stand: Juli 2016)

Foto: AP

Im Juli waren erst 14 Prozent der Anlage in Betrieb. Dennoch hatte Tesla-Gründer Elon Musk Ende Juli zur Eröffnungsfeier geladen – einige Tage vorher durften sich bereits Journalisten und Fotografen auf dem Fabrikgelände umsehen. Voll in Betrieb soll die Anlage erst 2018 sein. Bis dahin wird an allen Ecken und Enden gebaut.

Foto: REUTERS

Auch wenn es noch nicht so aussieht: Diese Halle ist einer der Grundpfeiler der Strategie von Elon Musk, mit der er Tesla von einem Nischen- zu einem Massenhersteller machen und ganz nebenbei dem Elektroauto zum Durchbruch verhelfen will.

Foto: REUTERS

Die eigenen Batterien sind unerlässlich, wenn Tesla mit dem Model 3 (im Bild ein ausgestellter Prototyp) ab dem kommenden Jahr die Massen mobilisieren soll. Zum einen, weil momentan gar nicht genügen Akkus für die angepeilten Stückzahlen des Model 3 zugekauft werden könnten. Zum anderen, weil sie schlichtweg zu teuer wären. Der angekündigte Preis von 35.000 Dollar für den Wagen wäre nicht zu halten.

Foto: REUTERS

Geht der Plan von Elon Musk auf (im Bild neben seinem Technik-Chef JB Straubel und Panasonic-Vertreter Yoshi Yamada), wird Tesla bald nicht nur Autos und Heim-Akkus, sondern auch noch Elektro-Busse, -Trucks und -Pick-ups bauen. Und dann bräuchte er deutlich mehr als die 35-Gigawattstunden-Akkus, welche die Gigafactory maximal produzieren kann. Die "1" im Schriftzug auf dem Bild verrät es: Weitere Batteriefabriken sind angedacht.

Foto: REUTERS

Weitere Gigafactories seien notwendig, um alle Stufen von der Zellproduktion bis zum fertigen Auto abdecken zu können, sagte Musk. Denn nicht nur die Kapazitäten seiner Batteriefabrik, auch die seines Autowerks im kalifornischen Fremont sind beschränkt. Man könne weitere Fabriken in Europa, China und vielleicht auch Indien erwarten. Zunächst aber muss er die Anlage in Reno vollenden, noch sind dort viele Bereiche schlicht eingeebneter Wüstenboden.

Foto: AP

Das ist das schwarze Gold der Gigafactory: In diesem Batterie-Pack werden die in der Fabrik produzierten Batterie-Zellen gebündelt. Die schwarzen Kästen werden dann in das Autowerk geliefert und dort im Unterboden eingebaut.

Foto: AP

Insgesamt werden die Gigafactory-Partner Tesla und Panasonic fünf Milliarden Dollar in das Projekt investieren. Unter anderem in die Gebäude, die Maschinen, aber auch das notwendige Personal. Eines dürfte aber unbezahlbar sein: Die Erfahrungen, die dort gesammelt werden. Eine Batterieproduktion diesen Ausmaßes hat es noch nicht gegeben. Bei weiteren Gigafactories kann Tesla darauf aufbauen, während die deutsche Autoindustrie dieses Wissen erst sammeln (oder einkaufen) muss.

Foto: AP

Bei der Energieversorgung der Fabrik selbst setzt Tesla auf seine eigenen Produkte: Mit Solarzellen und Batteriespeichern soll der Strombedarf für die Produktion gedeckt werden. Diesel-Generatoren als Absicherung sucht man auf dem Gelände vergeblich. Auch die Versorgungslinie mit Erdgas soll Tesla bereits gekappt haben – ein ungewöhnlicher und zugleich risikoreicher Schritt für ein solches Projekt.

Foto: AP

So soll sie 2018 dann aussehen: Auf einer Million Quadratmetern sollen dann Akkus produziert werden. Solarzellen und ein eigener Windpark sorgen für den Strom. Ob es wirklich 2018 wird, bleibt aber abzuwarten. Es wäre eine der ersten Deadlines, die Elon Musk einhält. Für seinen "Masterplan Part Deux" wäre es aber notwendig.

Foto: WirtschaftsWoche

Um zu verstehen, warum diese Pläne womöglich besser klingen, als sie sind, muss man kurz eintauchen in die Welt der Elektrochemie. Batteriezellen bestehen im Prinzip aus drei Teilen: Pluspol, Minuspol und Elektrolyt. Im Minuspol spielt Grafit die Hauptrolle, ein Material, das weder knapp noch besonders teuer ist. Anders sieht es bei den für die Elektrolyten und für den Pluspol benötigten Metallen aus. Die einzige derzeit verfügbare Batterietechnologie, die bei akzeptabler Größe genügend Energie speichern kann, um ein tonnenschweres Auto über Hunderte von Kilometern anzutreiben, ist die Lithium-Ionen-Batterie (LIB).

LIB laden schnell, speichern relativ zu Größe und Gewicht viel Strom und „haben den Vorteil, dass sie sich viele Jahre lang und mehrere Tausend Male be- und entladen lassen, ohne dabei kaputtzugehen“, erklärt Dirk Uwe Sauer, Professor für Elektrochemie an der RWTH Aachen.

Rohstoffe

Das schmutzige Geheimnis der Autoindustrie

In der LIB wandern geladene Lithium-Atome (Ionen) von der Kathode zur Anode und sorgen so für den Stromfluss; beim Aufladen an der Ladesäule wandern sie wieder zurück. Lithium ist das kleinste und leichteste Metallatom, eignet sich daher sehr gut für diesen Job. Doch für die Verwendung im Auto braucht man eine große Menge Lithium: Im Akku des Tesla Model S mit 90 Kilowattstunden etwa stecken bis zu 80 Kilogramm Lithium; im Akku eines iPhone 6 gerade mal 0,9 Gramm.

China fegt die Weltmärkte leer

Zwar glauben Geologen, dass es weltweit bis zu 47 Millionen Tonnen Lithium-Ressourcen gibt. Aber: Derzeit werden pro Jahr gerade mal 36.000 Tonnen des Leichtmetalls produziert. Und die Produktion lässt sich nicht schnell genug hochfahren, um den exponentiell steigenden Bedarf der Batteriezellenfabriken zu decken, fürchtet etwa Dirk Harbecke, Chairman der Explorationsfirma Rock Tech Lithium in Vancouver. „Exploration, Förderung und Verarbeitung sind extrem aufwendig“, sagt Harbecke.

Lithium-Vorkommen liegen meist in einer zähflüssigen Sole in 200 bis 400 Meter Tiefe unter den Salzseen Boliviens, Argentiniens oder der USA. Von dort muss die Sole hochgepumpt und dann über viele Monate von der Sonne in Trockenbeeten verdichtet werden, wo der Wasseranteil verdampft. „Danach hat es eine Konzentration von 0,9 Prozent“, erklärt Harbecke, „die Zellenhersteller benötigen für ihre Akkus Lithium aber in einer Reinheit von 99,9 Prozent.“

Der Weltmarkt für 99,9-prozentiges Lithium aber ist aktuell leer gefegt, und der E-Auto-Boom hat noch nicht einmal angefangen. Vor allem chinesische Firmen kauften es auf, sagt Harbecke, „die chinesischen Batteriehersteller kaufen von den Minen bereits sechsprozentiges Konzentrat und veredeln es selbst zu 99,9 Prozent weiter“.

Der Preis für Lithium an den Weltmärkten hat sich seit 2012 vervierfacht. Wenn 2030 – wie etwa der renommierte Autoforscher Stefan Bratzel von der Fachhochschule Bergisch Gladbach und viele andere meinen – 40 Millionen Elektroautos pro Jahr weltweit vom Band rollen sollten, werden dafür zwischen einer und drei Millionen Tonnen an reinem Lithium gebraucht. Für Bergbauexperten wie Caspar Rawls, Analyst des Bergbaukonzerns Benchmark Minerals, ist „unklar, wie diese Mengen hochreinen Lithiums bis dahin produziert werden sollen“.

BASF-Manager Leube

"Kobalt weglassen wird so schnell nicht möglich sein"

von Stefan Hajek

Noch dramatischer könnte sich die Versorgungslage bald beim Kobalt zuspitzen, einem der Metalle im Pluspol (Kathode) der Li-Ionen-Akkus. Der Akku eines Elektroautos enthält rund 3000 Mal mehr Kobalt als der eines Smartphones. Zwar ist auch vom Kobalt theoretisch genügend da: Die sicheren globalen Reserven betragen 25 Millionen Tonnen; unter dem Meer werden 120 Millionen Tonnen Ressourcen vermutet. Weil aber vor dem Akkuboom nicht viel Kobalt gebraucht wurde, und weil es in den Erzadern fast immer nur in geringer Konzentration zusammen mit Kupfer oder Nickel vorkommt, wurde es bislang nicht gezielt abgebaut.

Und mehr als die Hälfte der bekannten Reserven liegen im politisch extrem instabilen Südostkongo. Neue Bergbauprojekte verschlingen zweistellige Milliardenbeträge; die Exploration dauert Jahre, das Risiko, nichts zu finden, ist hoch. Im Kongo, wo die Vorkommen häufiger und die Chancen besser sind, sind Projekte kaum ohne illegale Mittler und lokale Milizen möglich. „Auch bei Kobalt sollte man daher nicht auf eine schnelle oder gar exponentielle Ausweitung der Produktion hoffen“, sagt Rawls.

Akkus für Elektroautos

Deutschland hat das Reichweiten-Rennen verloren

von Stefan Hajek, Martin Seiwert, Lea Deuber und weiteren

Die globale Jahresproduktion an Kobalt liegt bei gerade mal 124.000 Tonnen. „Selbst mit der heute fortschrittlichsten Technologie braucht man 400.000 Tonnen reines Kobalt für 30 Millionen Batterieautos mit 90-kWh-Akku“, sagt Hartmann F. Leube, Senior Vice President bei BASF, einem der größten Hersteller von Kathodenmaterial. Die aktuelle Kobalt-Jahresproduktion reicht also nicht einmal für halb so viele Autos, wie die Industrie sie schon bald jedes Jahr bauen will – es sei denn, sie machte Abstriche bei der Reichweite und baute kleinere Akkus.

Kobalt in Akkus bleibt auf Jahre wichtig

Dazu kommt der steigende Bedarf durch Lkws, Busse, Nutzfahrzeuge und Milliarden von kleineren Elektrogeräten wie Rasenmähern, Akkuschraubern, Laptops. „Kein Zweifel“, sagt Hartmut Wiggers, Professor für Chemie und Materialkunde an der Uni Duisburg, „das Kobalt im Akku muss langfristig durch andere Werkstoffe ersetzt werden, sonst reicht es nicht für Akkus, um den Massenautomarkt zu elektrifizieren.“

Genau daran arbeiten die Hersteller derzeit. Erste Erfolge gibt es: So gelang es Tesla/Panasonic, den Kobaltanteil in der Kathode von 33 auf 15 Prozent zu reduzieren. „Weiter verringern kann man ihn so schnell aber nicht“, sagt Wiggers.

Und die Reduzierung um etwa die Hälfte wird vom Trend zu größeren Akkus und der steigenden Nachfrage nach E-Autos bei Weitem überkompensiert. Das macht sich auf den Metallmärkten schon bemerkbar: Der Preis für die Tonne Kobalt hat sich allein 2017 mehr als verdoppelt, auf fast 70.000 Dollar. Aus einer Präsentation, die BASF-Manager Ende Oktober auf einem Kathoden-Kongress in Newport Beach bei Los Angeles hielten, geht hervor, dass BASF als einer der größten Hersteller von Kathodenmaterial schon in wenigen Jahren mit Kobaltengpässen rechnet.

Wood Mackenzie aus Edinburgh, der führende Thinktank für Energie- und Rohstoffexploration, rechnet daher mit einer Vervierfachung der Kobaltnachfrage bis 2020 und mit einem elfmal höheren jährlichen Bedarf 2030. Und dieser extreme Anstieg treffe „auf ein ziemlich unflexibles Kobaltangebot“, so die Schotten.

Zwar lassen sich Li-Ionen-Akkus auch ohne Kobalt bauen, etwa mit Aluminium oder Mangan. „Dabei kauft man sich aber schwere Nachteile ein – vor allem bei der Stabilität“, sagt Wiggers. Anders ausgedrückt: Ohne Kobalt würde sich die Kathode der Akkus nach wenigen Ladevorgängen auflösen. BASF-Mann Leube meint, dass das Kobalt noch „fünf bis zehn Jahre nicht ganz ersetzt werden kann“, Forscher Wiggers rechnet sogar mit weiteren acht bis zehn Jahren Abhängigkeit von dem problematischen Material.

Erschwerend kommt hinzu, dass chinesische Unterhändler derzeit den Markt für Kobalt regelrecht leer kaufen. Damit wollen sie die Versorgung ihrer vielen neuen Gigafactories sicherstellen. Vor allem in Afrika, wo Chinas Rohstoffeinkäufer seit vielen Jahren beste Beziehungen mit lokalen Minen aufgebaut haben, schließen sie langfristige Lieferverträge mit den Bergbaufirmen.

Alleine VW braucht mindestens vier Gigafactories

Westliche Nachfrager gehen deswegen immer häufiger leer aus. Im September ist VW mit dem Versuch, für seine Batterielieferanten Minenbetreiber mit fünf Jahre lang laufenden Kobaltlieferverträgen zu binden, vorerst gescheitert. Eine VW-Sprecherin bestätigt das indirekt: Man wolle zwar selbst kein Kobalt kaufen, wohl aber seinen Batterielieferanten bei der Beschaffung unter die Arme greifen: „Es liegt in unserer strategischen Verantwortung, den Rohstoffbedarf für die E-Mobilität langfristig abzusichern. Wir prüfen aktuell geeignete Maßnahmen zur Absicherung.“

Allein für die eigenen E-Autos benötigt der Konzern bis 2025 eine Batteriekapazität von mehr als 150 GWh pro Jahr. Das entspricht einer Jahreskapazität von mindestens vier Gigafactories für Batteriezellen. Dafür hat VW eines der größten Beschaffungsvolumen in der Geschichte der Industrie ausgeschrieben: mehr als 50 Milliarden Euro.

Als sich Mitte Oktober an der Universität Duisburg-Essen führende Experten auf dem Bereich der Batterieforschung zu einer Tagung treffen, fallen in der Kaffeepause deutliche Worte. Der Vertreter eines Akkuherstellers etwa sagt: „Wenn wir es in den kommenden Jahren nicht schaffen, das Kobalt ohne Performanceverluste der Akkus zu ersetzen, sehe ich keine 20 oder gar 30 Millionen Elektroautos pro Jahr, schon gar nicht von Herstellern, die nicht aus China kommen.“ Und dabei wird es noch ein paar Jahre bleiben. An zahlreichen alternativen Technologien zu LIB, die unter dem Begriff Post-Lithium zusammengefasst werden, wird zwar weltweit geforscht. Doch ein Durchbruch ist nirgendwo in Sicht. Einige Post-Lithium-Akkus funktionieren im Labor; doch in Serienfahrzeugen sind sie in den kommenden Jahren nicht zu erwarten.

Die Gefahr, dass auf der nächsten Detroiter Autoshow Volkswagen und die anderen Autobauer deutlich bescheidenere Elektropläne vorstellen müssen, jedenfalls wächst mit jedem Tag, an dem das Rohstoffproblem ungelöst bleibt. n

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