Abstimmung über Chefposten Übernimmt jetzt Musks Schlägertruppe bei Twitter?

Knapp 58 Prozent der Twitter-Nutzer möchte, dass Elon Musk als CEO des Kurznachrichtendienstes zurücktritt. Quelle: REUTERS

Elon Musk hat die Nutzer auf Twitter darüber abstimmen lassen, ob er als CEO zurücktreten sollte – und will das unter einer Bedingung auch tun. Aber selbst wenn Musk seinen Hut nimmt, ändert sich erst einmal wenig: Er hat längst sechs enge Vertraute bei dem Kurznachrichtendienst installiert.

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Angeblich macht Twitter-Eigentümer Elon Musk jetzt ernst: Er werde als Chef des Kurznachrichtendienstes zurücktreten – mit einer wichtigen Einschränkung: Sofern sich nämlich jemand finde, der „blöd genug“ sei, den Job zu übernehmen. Das verbreitete Musk in der Nacht zum Mittwoch höchstselbst auf Twitter.

Zuvor hatte er in einer seiner vielen Volten in der Nacht von Sonntag auf Montag die Nutzer des Kurznachrichtendienstes abstimmen lassen, ob er als Twitter-Chef zurücktreten solle. Kurz nach Montagmittag deutscher Zeit – genauer: um 12:20 Uhr – stand das Ergebnis fest: Eine deutliche Mehrheit von 57,5 Prozent der Twitterati möchte, dass Musk seinen Hut nimmt.

Zwar hat Musk auch in seinem Abstimmungs-Tweet versichert, er wolle sich an das Umfrageergebnis halten. Viele Beobachter sind aber angesichts seiner Winkelzüge und teils erratischen Entscheidung seit dem Twitter-Kauf Anfang Oktober weiterhin nicht sicher, ob sich der Milliardär an seine eigenen Versprechen hält – zumal er ja selber eine Bedingung genannt hat, die schwierig zu erfüllen ist.

„Man muss abwarten, wie Musk auf die Abstimmung reagiert“, sagt etwa Thomas Beschorner, Professor für Wirtschaftsethik und Direktor des Instituts für Wirtschaftsethik der Universität St. Gallen in der Schweiz. Selbst wenn Musk in der Folge zurückträte, glaube er nicht, dass sich am Managementstil bei Twitter viel ändert. „Schließlich hat er längst eine Reihe von Vertrauten installiert, die in seinem Gusto handelt.“

Intern gelten sie bereits als Schlägertruppe

Tatsächlich ist Musk bereits kurz nach der Übernahme mit sechs engen Vertrauten in der Twitter-Zentrale in San Francisco aufgeschlagen. Darunter: Jared Birchall, rechte Hand und Leiter des Family-Offices von Musk, sowie sein persönlicher Rechtsanwalt Alex Spiro. Die intern mal als sechs Musketiere, mal als Musks Schlägertruppe benannte Mannschaft habe eine Art Kriegsrat etabliert, der wie ein Schattenmanagement des Kurznachrichtendienstes fungiere, heißt es.



Der 47-jährige Birchall bewegt sich seit sechs Jahren im engsten Umfeld von Musk – und war maßgeblich am Vollzug der Twitter-Übernahme für 44 Milliarden Dollar beteiligt. Dafür hat der frühere Investmentbanker bei Goldman Sachs und Merrill Lynch dem Vernehmen nach vor allem seine Kontakte in die amerikanische Finanzwelt genutzt, um die Finanzierung des Deals für Musk auf die Beine zu stellen. Der 39 Jahre alte Anwalt Spiro hat Musk bereits in der Vergangenheit bei mehreren Verfahren vertreten, unter anderem bei der Übernahme des amerikanischen Fotovoltaikanbieters SolarCity durch Musks Elektroautoschmiede Tesla.

Inszenierung eines gesichtswahrenden Abgangs

Zu den weiteren Musk-Vertrauten zählen die Investoren David Sacks und Antonio Garcias. Sacks war bereits 1999 beim Bezahldienst Paypal mit an Bord, also ehe auch Musk dort einstieg. Später investierte er unter anderem in Musks Weltraumfirma Space-X. Garcias wiederum gilt als einer der wenigen Freunde des exzentrischen Twitter-Chefs und war über seine Investmentfirma Valor Equity Partners zwischen 2005 und 2010 Anteilseigner von Tesla. Zudem sitzt er bis heute im Aufsichtsrat von Space-X.



Die Sechserbande komplettieren Sriram Krishnan vom renommierten Risikokapitalgeber Andreessen Horowitz sowie der Medienunternehmer und Podcaster Jason Calacanis. Krishnan dürfte Musk vor allem in Produktfragen beraten. Schließlich war er neben Entwicklungsjobs bei Facebook und Snap zwischen 2017 und 2019 selber bei Twitter beschäftigt. Calacanis wiederum hat Musk angeblich bereits während der Anbahnung des Twitter-Deals beraten und Bezahlangebote wie Twitter Blue mit ihm diskutiert. Zudem hat er sich laut internen Chats, die über Gerichtsdokumente ans Licht kamen, bereits selber als Twitter-CEO ins Spiel gebracht.

Ob es wirklich so kommt, entscheidet letztlich Elon Musk. Möglicherweise hat er die ganze Abstimmung ja ohnehin nur für einen halbwegs gesichtswahrenden Abschied als Twitter-Boss eingefädelt, mutmaßt ein Börsenanalyst aus Frankfurt, der ungenannt bleiben will. „Als Eigner muss er nicht zugleich Firmenchef sein“, sagt der Experte für US-Unternehmen. In seinen Augen böte die Abstimmung einen guten Anlass, jetzt ein offizielles Managementteam bei Twitter zu installieren. „Und Musk könnte sich wieder mehr auf Tesla konzentrieren – da gibt's für ihn genug zu tun.“

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