1. Startseite
  2. Technologie
  3. Digitale Welt
  4. Corona hat die Digitalisierung deutscher Unternehmen ausgebremst

Digitale Transformation der WirtschaftVon wegen Turbo: Corona hat Digitalisierung ausgebremst

Eine Studie belegt: Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung brachte die Pandemie den deutschen Firmen keinen Digitalisierungsschub – ganz im Gegenteil.Michael Kroker 01.10.2024 - 17:12 Uhr
Foto: Getty Images, Illustration: Marcel Reyle

Das ZEW Mannheim hat erstmals in einer Studie quantitativ ermittelt, wie sehr Corona die Digitalisierung in deutschen Unternehmen beeinflusst hat. So gaben viele Firmen zwar mehr Geld für Technik aus, die Heimarbeit und virtuelle Zusammenarbeit ermöglicht. Gleichzeitig gingen jedoch Investitionen in moderne Produktionsmittel ebenso zurück wie solche in neue Analyse- und Planungstechnologien oder das digital gestützte Kundenmanagement. Vor allem größere Investitionen wurden verschoben oder ganz aufgegeben.

„Einerseits halfen diese pandemiebedingten Investitionen den Unternehmen, negative Folgen der Pandemie abzumildern. Sie konnten die Homeofficenutzung stärker ausdehnen und nahmen weniger Kurzarbeit in Anspruch“, so Melanie Arntz, stellvertretende Leiterin des ZEW-Forschungsbereichs Arbeitsmärkte und Sozialversicherungen und Mitautorin der Studie. „Diese Anpassungsinvestitionen gingen jedoch zu Lasten anderer Technologieinvestitionen, was möglicherweise zum aktuell schwachen Produktivitätswachstum in Deutschland beiträgt.“

Von wegen Blitzdigitalisierung

Dabei sah es noch zu Beginn der Coronakrise im Jahr 2020 so aus, als hätte die Viruspandemie bei allen negativen Effekten auch positive Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft: Weil viele Unternehmen innerhalb kürzester Zeit auf Homeoffice und Arbeiten aus der Ferne umschalten mussten, habe dies immerhin die digitale Transformation vieler Firmen vorangetrieben, so die weitverbreitete Annahme.

Wird Deutschland abgehängt?

„Bei der Digitalisierung ist der Zug nie abgefahren“

Über den Digitalisierungsstau zu klagen ist der Deutschen liebstes Hobby. Christina Raab, Accenture-Deutschland-Chefin und Bitkom-Vizepräsidentin, zeigt Wege für Wirtschaft, Politik und Bildung.

von Nele Husmann

Doch schon ein knappes Jahr später mehrten sich die Indizien, dass jene Schlussfolgerung eher dem Wunschdenken denn der Realität entstammte: „Das Märchen von der Digitalisierung“, so überschrieb die WirtschaftsWoche im Mai 2021 eine große Analyse bei deutschen Unternehmen. Seinerzeit hatte etwa die staatliche Förderbank KfW festgestellt, dass allein der deutsche Mittelstand seine Investitionen im Jahr 2020 um fast 40 Milliarden Euro zurückgefahren hatte. Die vermeintliche Beschleunigung war eher eine Art Mär von der Blitzdigitalisierung durch Corona.

Die aktuelle ZEW-Untersuchung zeigt, dass die Pandemie vor allem zu einer Verschiebung der Investitionsschwerpunkte führte: Während vor Corona die Investitionen hauptsächlich in grundlegende IT-Infrastrukturen (27 Prozent) und E-Commerce-Technologien (25 Prozent) flossen, konzentrierten sich die Ausgaben während der Pandemie verstärkt auf Technologien, die das Arbeiten aus der Ferne ermöglichen. Mehr als die Hälfte der pandemiebedingten Investitionen entfiel auf IT-Infrastruktur für Remote-Arbeit und KI-gestützte Kommunikations- und Kollaborationstools. Im Vergleich dazu entfielen auf diese Technologien vor der Pandemie nur etwa zehn Prozent aller IT-Ausgaben.

Düstere Zukunftsaussichten

Gleichzeitig belegt die Erhebung, dass ein Großteil der Ausgaben für moderne digitale Technologien vor der Pandemie getätigt wurde, während die Investitionstätigkeit mit der Pandemie insgesamt zurückging. Kurzfristige, weniger bedeutsame Anpassungsinvestitionen gingen zu Las­ten längerfristig geplanter und umfänglicherer Investitionen. Unter dem Strich wurde also weniger in neue digitale Technologien investiert als ohne die Pandemie. Diese pandemiebedingte Investitionslücke beziffert sich laut ZEW auf etwa 50 Prozent. Damit brachte die Coronapandemie entgegen der öffentlichen Wahrnehmung keinen Digitalisierungsschub, sondern warf die Technologieentwicklung in Deutschland sogar um knapp 1,5 Jahre zurück.

Auch die Zukunftsaussichten sieht ZEW-Mitautorin Arntz eher düster: „Wir vermuten, dass der unmittelbar nach der Pandemie auftretende Energiepreis- und Unsicherheitsschock wegen des Krieges in der Ukraine in Deutschland dazu beigetragen hat, größere Investitionen auch nach Abklingen der Pandemie weiter aufzuschieben“, so Arntz. „Für das Produktivitätswachstum in Deutschland und die Erholung der Wirtschaft sind dies keine guten Voraussetzungen.“

Lesen Sie auch: Auf die E-Rechnung umstellen: Und, sind Sie bereit?

Mehr zum Thema
Unsere Partner
Anzeige
Stellenmarkt
Die besten Jobs auf Handelsblatt.com
Anzeige
Homeday
Homeday ermittelt Ihren Immobilienwert
Anzeige
IT BOLTWISE
Fachmagazin in Deutschland mit Fokus auf Künstliche Intelligenz und Robotik
Anzeige
Remind.me
Jedes Jahr mehrere hundert Euro Stromkosten sparen – so geht’s
Anzeige
Presseportal
Lesen Sie die News führender Unternehmen!
Anzeige
Bellevue Ferienhaus
Exklusive Urlaubsdomizile zu Top-Preisen
Anzeige
Übersicht
Ratgeber, Rechner, Empfehlungen, Angebotsvergleiche
Anzeige
Finanzvergleich
Die besten Produkte im Überblick
Anzeige
Gutscheine
Mit unseren Gutscheincodes bares Geld sparen
Anzeige
Weiterbildung
Jetzt informieren! Alles rund um das Thema Bildung auf einen Blick