Smartphone: So wird das Handy zum Lebensretter

Das Smartphone als Lebensretter: Apps und Gadgets schützen und warnen in gefährlichen Situationen
Es ist Kalender, E-Mail-Postfach, Kommunikationshilfe Nummer eins, aber gleichzeitig auch schon Musik-Player, Nachrichtenportal und Spielekiste: unser Smartphone. Dieses kleine Gerät, das wir wie Portemonnaie und Türschlüssel immer bei uns tragen, kann noch viel mehr. Wissenschaftler forschen an Apps und ergänzender Smartphone-Hardware, die unser Leben nicht nur digitaler, mobiler und bequemer machen soll, sondern auch sicherer.
Viele solcher Innovation befinden sich noch in der Entwicklung - ein paar finden sich aber auch schon in deutschen App-Stores. Eine davon ist Katwarn. Die App-Entwicklung des Fraunhofer-Instituts für Offene Kommunikationssysteme (Fokus) ist ein neuartiger Warndienst, der die Bevölkerung bei Unglücksfällen wie Großbränden, Bombenfunden oder Stürmen warnen soll. Die verantwortlichen Katastrophenschutzbehörden, Feuerwehrleitstellen oder Unwetterzentralen sollen per Push-Meldung Warnungen direkt und ortsbezogen auf die Handybildschirme betroffener Bürger schicken. Das Ziel: Schnell aufklären über die drohende Gefahr und Hinweise geben, wie man sich am besten verhalten sollte.

"Notfall-Informations- und Nachrichten-App"
Wer im Ernstfall möchte, dass ihm eine Gefahrenwarnung durch Bund oder Innenministerien nicht entgeht, der kann auf die „Notfall-Informations- und Nachrichten-App“, kurz NINA, setzten. Entwickelt wurde die Warn-App vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) und ist Smartphones mit iOS (ab Version 7.0) oder Android (ab Version 4.0) verfügbar. Die App ist Teil des sogenannten Modularen Warnsystems (MoWaS) entwickelt, das seit das BBK 2013 eingeführt hat. Neben den üblichen Warnsystemen - also Rundfunk, Internet, Paging, Deutsche Bahn AG - soll die App die die Bevölkerung im Falle von Gefahren wie etwa Erdbeben oder Gewittern parallel informieren. Mithilfe Push-Benachrichtigungen werden die Nutzer auf mögliche Gefahren hingewiesen. Bislang werden Warnmeldungen durch den Bund und die Innenministerien der Länder verschickt. Zunächst startet der Dienst in Nordrhein-Westfalen - bei kommunalen und integrierten Leitstellen.

Katastrophenwarnung per App
Auch mit der App Katwarn, einer Entwicklung des Fraunhofer-Instituts für Offene Kommunikationssysteme, sollen deutsche Bürger etwa vor Großbränden, Bombenentschärfungen und Stürmen gewarnt werden. Schon jetzt ist die App kostenlos für alle Smartphone-Versionen erhältlich. Der Warndienst, der vor einigen Jahren als SMS-Service begann, informiert Nutzer jetzt per Push-Meldung. Wer sich in einer Gefahrenzone befindet und die Ortung aktiviert hat, bekommt im Fall der Fälle ein Warnsignal. Wer lieber selbst feste Standorte angibt, kann sich warnen lassen wenn etwa die Schule der Kinder plötzlich in einer Großbrand-Zone liegt.

Hilferuf per App
Der gelbe Sensor am Helm namens ICEdot wurde ursprünglich für Radfahrer entwickelt, soll aber in vielen Sportarten mehr Sicherheit bieten. Denn im Falle eines Sturzes schickt er ein Signal ans Smartphone. Dort wird ein Countdown von beispielsweise 15 Sekunden gestartet. In dieser Zeit muss der gestürzte Sportler den Countdown mit einem Wischen stoppen. Schafft er es nicht sendet die App eine personalisierte Hilfenachricht an den Notfallkontakt - inklusive GPS-Standortmeldung. ICEdot soll so zum einen Sicherheit für Sportler bieten, die alleine oder auf entlegenen Strecken unterwegs sind und zum anderen Familie und Freunden ein Gefühl von Sicherheit geben - denn sie werden informiert, wenn wirklich einmal etwas passieren sollte.

Hilfe bei der Ersten Hilfe
Wie funktioniert das nochmal mit der stabilen Seitenlage und was muss ich zuerst machen? Ansprechen? Notarzt rufen? Wer in einer Notfallsituation leicht die Nerven verliert, der kann mit den sogenannten Erste-Hilfe-Apps digitale Unterstützung bekommen. Malteser, Rotes Kreuz und Co bieten vergleichbare Apps an. Ihr Ziel: Die Nutzer für den Ernstfall schulen und Schritt-für-Schritt-Anleitungen bieten. Schnell, unkompliziert und meist kostenlos.

Lawinen-Warnung per App
Um Wintersportler optimal vor Lawinen und vergleichbar gefährlichem Wetter zu warnen hat das Schweizer WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF in Davos die App "Whie Risk" entwickelt. Sie soll Infos zu Schnee und Lawinengefahr mitfhilfe von Grafiken, Karten und Textinfos vermitteln. Zudem soll nützliches Hintergrundwissen dabei helfen, die Lawinengefahr besser beurteilen zu können.

Das Smartphone als Lawinenpiepser
Wer im Falle eines Lawinenabgangs leichter auffindbar sein will, sollte einen Lawinenpiepser (ein sogenanntes LVS-Gerät) dabei haben, raten Experten. Weil der aber vielen - besonders jüngeren - Wintersportlern zu teuer und kompliziert erscheint, haben Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik das "Galileo-LawinenFon" entwickelt. Die Idee: Mithilfe eines kleinen Hardware-Zusatzes und einer App können Smartphone-Nutzer ihr Telefon zum LVS-Gerät aufrüsten - genauso gut in der Suche aber einfacher zu handhaben und kostengünstiger soll es sein. Das es funktioniert, haben sie in der Praxis schon gezeigt. Für den Weg in den Handel fehlt noch ein Investor.
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Katwarn schließe aktuell eine Lücke im Bevölkerungsschutz, sagt Niklas Reinhardt, Katwarn-Pressesprecher beim Fokus. Da es immer weniger Sirenen in Deutschland gibt und das moderne Leben mobiler ist, sei das Smartphone das ideale Medium um überall – auch auf Reisen – erreichbar zu sein. „So selten Gefahrenmeldungen glücklicherweise auch auftreten: Wenn dann mal eine solche Situation eintritt, bekomme ich die Warnung direkt in meine Hosentasche“, sagt Reinhardt.
Mit der sogenannten „Schutzengelfunktion“ können sich Nutzer ortsgenau durch die App lokalisieren lassen und bekommen so etwaige Gefahrenmeldungen in ihrer Nähe angezeigt. Wer das nicht möchte, kann die Funktion deaktivieren und stattdessen bis zu sieben Bereiche benennen, über die er informiert werden möchte, wenn Gefahr droht. „Durch Ortsmarken oder Postleitzahlen kann ich beispielsweise den Kindergarten, das Wohnhaus meiner Großmutter oder mein Büro entsprechend markieren, sodass ich für diese Orte immer gewarnt werde, auch wenn ich mich aktuell nicht dort befinde“, sagt Reinhardt.
Berlin und Hamburg schon an Bord
Bislang sind noch nicht alle zuständigen Behörden und Rettungsdienste am System beteiligt. Doch die Länder, Städte und Regionen rüsten auf. Wer etwa in Berlin, Hamburg oder Rheinland-Pfalz lebt, für den gibt es schon Warnungen für „landesweite“ Gefahrensituationen. Außerdem sind bereits die Feuerwehren einiger Kreise und kreisfreien Städte mit Katwarn verbunden. Ebenso der Deutsche Wetterdienst, der auch deutsclandweit warnt. Laut Reinhardt könnte so bereits jeder zehnte Deutsche per Katwarn informiert werden.
Aktuell arbeiten die Forscher noch an Weiterentwicklungen der App. So könnten zukünftig Menschen nicht nur informiert, sondern auch qualifizierte Ersthelfer alarmiert werden. Dafür sollen sich etwa Ärzte und Sanitäter registrieren können und entsprechend benachrichtigt werden, wenn sie sich in einem Gefahrengebiet befinden. So können sie vielleicht schon vor dem Eintreffen der Rettungskräfte Hilfe leisten. „An solchen Ideen arbeiten wir aktuell und ich denke, dass eine Smartphone-App noch sehr viel mehr Potential bietet“, erläutert Reinhardt.
Lebensrettende Informationen soll auch die kostenlose App White Risk liefern. Sie wurde vom WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF in Davos entwickelt.

Der Prototyp der "Galileo-LawinenFon"-App.
Wer im winterlichen Gebirge abseits gesicherter Pisten unterwegs ist, bekommt über White Risk Infos zum Schnee und der Lawinengefahr. Das Besondere an der App: sie soll auch nützliches Hintergrundwissen zur Beurteilung der Lawinengefahr bieten. „Verschiedene Tools wie zum Beispiel der ‚Danger Analyser‘ helfen dem Nutzer, die Lawinensituation im Gelände zu analysieren“, heißt es beim WSL-Institut Davos. Die Entscheidung, welche Hänge benutzt werden dürfen und welche nicht, muss der App-Nutzer aber noch immer selbst treffen.
Für verschüttete Lawinenopfer könnte das Smartphone künftig direkt zum Lebensretter werden. In einem aktuellen Projekt am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) in Prien haben Forscher ein Modell entwickelt, wodurch ein klassisches Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS-Gerät) durch ein aufgerüstetes Smartphone ersetzt werden könnte.
Hilfe für Lawinenopfer
Bisher gelten die LVS-Geräte als einzig hilfreiche Entwicklung für Lawinenopfer. Sie sind mit einem Sender ausgerüstet, der kontinuierlich während der ganzen Bergtour ein Signal mit der international einheitlichen Frequenz von 457 Kilohertz sendet. Dies ist auch auf große Entfernung zu erkennen und – viel wichtiger – auch noch durch metertiefen Schnee.

Alarmy
Das Motto dieser App lautet „Schlaf, wenn du kannst“: Aktivierte Wecker lassen sich nur ausschalten, wenn man eine vorher festgelegte Aktion durchführt. Möglich ist das Ausschalten mittels Schütteln, alternativ können Sie das Ausschalten mit Foto aktivieren – einen vorher festgelegten und abfotografierten Ort müssen Sie dann morgens noch einmal fotografieren. Kosten: 1,79 Euro (Android, iPhone)

Nightstand Central
Eine echte Alternative zur iPhone-eigenen Weckerapp ist Nightstand Central. Neben der üblichen Weckfunktion gibt es einen eingebauten Sleep Timer, der die Musikwiedergabe automatisch nach einer vorher angegebenen Zeit ausschaltet. Für den Weckruf am Morgen können Sie einen von zehn integrierten Tönen benutzen. Alternativ können Sie sich auch von Ihrer eigenen Musik wecken lassen. Die Basisapp ist gratis, für einige Funktionen muss man zusätzlich zahlen. (iPhone)

Pzizz Sleep
Laut Beschreibung ist Pzizz Sleep eine Lösung für Schlaflosigkeit. Die Entwickler nutzen wissenschaftlich erwiesene Techniken der Neurolinguistik, Klänge in speziellen Frequenzbereichen sollen beim Einschlafen helfen. Mit 4,49 Euro ist die App recht teuer, dafür ist das Funktionsspektrum groß. (Android, iPhone)

Relax and Sleep Well
Wer des Englischen mächtig ist, kann sich vom britischen Hypnotherapeuten Glenn Harrold in den Schlaf reden lassen. Die Gratisversion enthält einen 27 Minuten langen Audioclip, weitere müssen dazugekauft werden. (Android, iPhone)

Relax Melodies
Relax Melodies enthält eine Mischung aus verschiedenen Geräuschkulissen, von Musik bis Meeresrauschen. Eine Alarmfunktion und ein Timer helfen beim Aufwachen, egal ob nach einem kurzen Nickerchen oder einer langen Nacht. (Android, iPhone, Windows Phone)

Sleep Cycle
Sleep Cycle ist ein Schlafphasenwecker, der nach und nach das Schlafverhalten des Nutzers lernt. Anhand von Bewegungen des Schläfers findet die App nach und nach die Schlafphase, in der Sie ohnehin fast schon wach sind – und holt Sie sanft aus dem Schlaf. Für 89 Cent einen Kauf wert. (Android, iPhone)

Sleep Time Alarm Clock
Sleep Time verbindet Hintergrundbeschallung und Schlafphasenwecker: Die App liefert abends sanfte Klänge und analysiert nach dem Einschlafen das Schlafverhalten. Genau wie Sleep Cycle weckt Sleep Time in der optimalen Phase. Die App ist gratis. (Android, iPhone)

Long Deep Breathing
Einfach mal bewusst atmen: Long Deep Breathing gibt eine Anleitung, wie Sie den Stress des Tages vor dem Schlaf loswerden können. In den Einstellungen können Sie wählen, wie lang die Atemzüge dauern sollen. Kostenpunkt für das Atemtraining: 89 Cent.

Sleepmaker Rain/Waves/Storms
Wer die Naturgewalten als besonders beruhigend wahrnimmt, sollte die Apps von Sleepmaker ausprobieren. Es gibt sie für die Wetterlagen Regen und Sturm sowie als Meeresrauschen. Die Variationen der Regen-App reichen beispielsweise von „leichtes Tröpfeln auf Waldlaub“ bis „sintflutartige Regenfälle“. Ein weiterer Pluspunkt: Die App ist gratis. (Android, iPhone)

Sleep Talk Recorder
Wollten Sie schon immer mal wissen, was Sie nachts vor sich hin reden? Ähnlich wie ein Babyphone erkennt die App automatisch, wann etwas gesprochen wird und nimmt nur in dieser Zeit etwas auf. Laut Entwickler wird die Aufnahme innerhalb einer Millisekunde gestartet. Die App kostet 89 Cent. (Android, iPhone)
Warum Menschen trotz des Sicherheitsfaktors häufig auf die Geräte verzichten, kann verschiedene Gründe haben: Manche unterschätzen schlicht die Gefahr. Andere scheuen die hohen Anschaffungskosten (ab 200 Euro, Highend-Modelle gerne auch mal jenseits von 500 Euro) oder sie finden die Technik zu kompliziert. Vielerorts bieten Bergwachten ein- oder zweitägige Schulungen an, um den Umgang mit einem LVS-Gerät zu lernen. Zahlen und Grafiken sind nämlich nicht simpel zu deuten.
Hier setzten die IML-Wissenschaftler an: Sie wollen eine kostengünstige, leicht bedienbare Alternative finden. Herausgekommen ist das „Galileo-LawinenFon“.
Smartphone wird zum LawinenFon
Unter der Leitung der Ingenieure Wolfgang Inninger und Holger Schulz wurde ein Modul entwickelt, das sich mit einem gängigen Smartphone kombinieren lässt. Im Notfall können Handys so Pieps- oder Ortungssignale senden oder Verschüttete mit Hilfe der angekoppelten LVS-Technologie und zusätzlicher Unterstützung aufspüren. Denn das Modul soll sich auch mit den Signalen des GPS- und des europäischen Galileo-Satellitensystems kombinieren lassen. Der Vorteil: In schwierigen Empfangslagen kann auf das bestmögliche Signal zurückgegriffen werden.
Wer also das „Galileo-LawinenFon“ nutzen möchte, würde das entsprechende Modul kaufen, es mit seinem Smartphone koppeln und die App herunterladen – damit wäre der Lawinenpiepser komplett. „Ich kann mein Smartphone erweitern und habe so die Sicherheit, dass ich gefunden werden kann“, erklärt Inninger. Weil die integrierte Smartphone-Technik mitverwendet wird, kann rund ein Drittel der Kosten im Vergleich zu den modernsten LVS-Geräten gespart werden, schätzen die Projektleiter.
Außerdem soll die Bedienung deutlich intuitiver sein, als bei den für Laien recht komplizierten LVS-Geräten. „Wir sind Verfechter davon, alles so einfach wie möglich zu halten“, sagt Inninger. „Alles, wofür man nachlesen muss oder sogar Schulungen braucht, wird häufig nicht oder falsch verwendet.“
Das „Galileo-LawinenFon“ könnte zudem wichtige Zusatz-Infos bieten, die besonders dem Berg-Unerfahrenen helfen. Wird beispielsweise ein Freund verschüttet, soll auch die App – wie bei LVS-Geräten üblich – auf Suchmodus umschalten können. Das „Galileo-LawinenFon“ wird dann zu einem Verschüttetensuchgerät, das ähnlich wie ein Navi im Auto zum Verschütteten führen würde. Dank App-Informationen könnte es zusätzlich das weitere Vorgehen bei der Suche und Rettung erklären – eine wichtige Hilfe in einer solchen Extremsituation.

Der Crash Sensor ICEdot sendet bei starken Erschütterungen, etwa durch einen Sturz, ein Signal aufs Smartphone.
Zielgruppe sind vor allem junge Menschen und Gelegenheitssportler, die die Anschaffung eines gängigen LVS-Geräts scheuen – sei es aus Kostengründen oder wegen des hohen Aufwands. "Es ist ein anderer Ansatz, der erst einmal vielversprechend klingt", meint Florian Hellberg, Mitglied der Sicherheitsforschung des Deutschen Alpenvereins. Die LVS-Technik ist für den Experten ein Muss für ein funktionierendes Suchsystem.
Für das „Galileo-LawinenFon“ gibt er allerdings zu bedenken, dass ein Smartphone nicht die Robustheit eines LVS-Gerätes besitzt. "Die Geräte müssen viele Anforderungen erfüllen, wie etwa hohe Feuchtigkeit oder auch Stürze aushalten und zudem eine sehr lange Akkulaufzeit haben. Das kann ich mir etwa bei einem iPhone nicht vorstellen", so Hellberg.
Experten warnen vor Lawinensuch-Apps
Mit der Berchtesgadener Bergwacht wurde das „Galileo-LawinenFon“ durchgesprochen und getestet – mit Erfolg. Auch bei den Bergrettern habe es Zweifel an dem System gegeben, so die Projektleiter. „Es hat uns aber darin bestärkt, dass es für die hochalpine und hochprofessionelle Rettung noch eine kleine Herausforderung wäre, ein praktikables Gerät zu entwickeln“, sagt Inninger. „Andererseits sind wir durch die gemeinsame Diskussion aber auch darin bestärkt worden, dass wir mit diesem Ansatz Menschen erreichen können, die bisher noch gar keine Geräte haben und dass das für die Bergwacht dann durchaus eine riesige Hilfe wäre.“
Die Forschungstests ergaben, dass das „Galileo-LawinenFon“ die Position des Senders mit hoher Genauigkeit von unter einem Dezimeter ermitteln konnte. Wichtig: Die Idee des „Galileo-LawinenFons“ grenzt sich ganz klar von Lawinensuch-Apps ab, die bereits die App-Stores bevölkern. Vor diesen warnen alle Experten eindringlich. Sie sollen nur auf Basis von Mobilfunknetz und GPS Verschüttete orten können – eine vollkommen unnütze Technik. Wer sich darauf verlässt, ist verloren, sind sich die Experten einig.
Für das „Galileo-LawinenFon“ könnte es bald losgehen. Die entsprechenden Patente sind fast vollständig erteilt. Allein: Es fehlt noch der entscheidende Investor, damit das Forschungsprojekt Realität werden kann. Ist der gefunden, könnte der moderne Lawinenretter in rund zwei Jahren auf dem Markt sein.
ICEdot-Alarmsystem für Radler
Diesen Schritt hat ICEdot schon geschafft: Mit einem Crashsensor, der in erster Linie für Radfahrer entwickelt wurde. Die Idee: Am Helm wird ein gelber, knopfähnlicher Sensor angebracht. Steigt der Sportler aufs Rad, läuft auf dem Handy parallel die ICEdot-App. Registriert der Sensor eine heftige Erschütterung, etwa durch einen Sturz, schickt der Sensor einen Alarm ans Smartphone und die App startet einen Countdown. Den kann der Sportler durch Wischen einfach abschalten, wenn nichts Schlimmes passiert ist. Schafft er das aber nicht, wird eine Hilfenachricht samt GPS-Standortmeldung an die eingetragenen Notfallkontakte geschickt.
So soll ICEdot Sportlern, die alleine oder in abgelegenen Gebieten trainieren, ein Stück mehr Sicherheit geben und im Notfall ihr Leben retten. Nicht nur für Mountainbiker, auch bei anderen Sportarten wie Skifahren, Snowboarden oder Reiten kann die Erfindung hilfreich sein. „Wir erhalten viel Feedback von Outdoor-Sportlern, die sich deutlich sicherer fühlen, wenn sie im Gelände trainieren“, sagt Ben Sternberg von ICEdot Europe. „Gleichzeitig sind die Angehörigen auch beruhigter, da sie im Fall der Fälle direkt informiert werden.“ Der Sensor sei so also nicht nur ein Sicherheitsaspekt für den Fahrer, sondern auch für Partner, Eltern oder Freunde.
Ende 2012 wurde ICEdot in den USA unter anderem durch Crowdfunding erfolgreich finanziert und daraufhin auf dem US-Markt angeboten. Seit 2013 ist der Crashsensor auch in Europa erhältlich. Wie erfolgreich die Technik bislang ist, war nicht in Erfahrung zu bringen. Nutzerzahlen konnte der europäische Vermarkter nicht nennen, spricht aber von steigenden Umsatzzahlen und „sehr positivem Feedback von verschiedenen Sportlern und Partnern“. Derzeit kann der Crash-Sensor nur im Online-Shop des Herstellers für 129 Euro gekauft werden. Künftig sollen Fachgeschäfte wie größere Fahrradläden hinzukommen.
Um das Fahren auf Deutschlands Autobahnen sicherer zu machen, forschten Studenten an der TU Clausthal an einer Falschfahrer-App. Laut einem Bericht des Bundesverkehrsministeriums von 2012 gibt es auf deutschen Autobahnen jährlich rund 1800 Verkehrsmeldungen zu Falschfahrern. Unfälle haben meist verheerende Folgen für die Beteiligten: Bei nahezu jeder sechsten Kollision gibt es Todesopfer. Hier setzte das Forschungsprojekt des Lehrbereichs Software Systems Engineering gemeinsam mit dem Braunschweiger Ingenieurdienstleister c4c Engineering GmbH an.
Der Ansatz der Studenten: Durch die Auswertung von Handysignalen sollten Falschfahrer schneller erkannt und Autofahrer per App vor der drohenden Gefahr gewarnt werden. Dafür sollten die Notrufsäulen zu Sensorpunkten werden. Die Handys der Autofahrer sollten Positionsdaten an die Säulen schicken, die wiederum die Bewegung auswerten und warnen, wenn ein Auto in der falschen Richtung unterwegs ist.
Anika soll Falschfahrer erkennen
Da die Säulen in der Regel im Abstand von zwei Kilometern stehen, könnte so das gesamte Autobahnnetz abgedeckt werden und sowohl Einsatzstellen der Polizei als auch Radiosender und App-Nutzer gleichzeitig informiert werden.
Im Rahmen der Studienarbeit sollten im Auftrag der ITNS (Intelligente Transport- und Verkehrssysteme und -dienste) Niedersachsen die Studenten und Wissenschaftler herausfinden, ob eine solche Idee grundsätzlich machbar wäre. Ein Prototyp der Falschfahrer-App wurde dann im vergangenen Jahr auf der CeBIT in Hannover präsentiert. „Die Anwendung als solche ist durch die Studenten programmiert worden und es wurde grundsätzlich belegt, dass es funktioniert“, sagt ITNS-Geschäftsführer Harry Evers. Trotzdem wird es bei dem Prototypen bleiben.
Unter dem Namen Anika soll allerdings zumindest ein Teil des Projekts Realität werden: Die insgesamt rund 16.000 Notrufsäulen an Bundesautobahnen sollen tatsächlich intelligente Sensoren erhalten. Ihre Aufgabe bleibt dabei dieselbe wie im Forschungsprojekt, allerdings nicht wie von den Studenten geplant über ein WLAN-Netzwerk sondern über andere Kommunikationstechniken.
„Ob eine Anzeigemöglichkeit auch ein mobiles Endgerät wie ein Smartphone sein kann, könnte man überlegen – sicherheitsrelevante Aspekte sind dabei aber zu beachten“, erklärt Evers. Denn die Warnung auf dem Smartphone darf den Fahrer nicht ablenken. „Gesetzlich ist es nicht erlaubt, ein Handy während der Fahrt zu bedienen. Das muss man berücksichtigen“, sagt Evers.
Erste-Hilfe leisten mit Smartphone-Anleitung
Neben diesen großen App-Ideen sollen viele kleinere Anwendungen im Notfall die benötigte Hilfe liefern: Einfach, unkompliziert und im Ernstfall eine wichtige Anleitung sollen etwa Erste-Hilfe-Apps sein. Verbände wie das Deutsche Rote Kreuz oder der Malteser Hilfsdienst bieten solche Programme fürs Smartphone an. Wer sich diese Apps herunterlädt, bekommt etwa bei Unfällen Schritt für Schritt gesagt, was als nächstes zu tun ist – so wie der Ausbilder im Erste-Hilfe-Kurs neben Teilnehmer und Puppe steht und Anweisungen gibt. So sollen auch unerfahrene und emotional stark belastete Ersthelfer die richtigen Schritte gehen können.
Außerdem wollen die Verbände das Wissen über Erste Hilfe mit der App generell aufbessern: „Weil der Nutzer immer mal wieder die App öffnet, festigt sich sein Wissen. Wir setzen auf anschauliche Fotos, weniger auf Text. Auch im Notfall helfen Bilder mehr als Text“, sagt Stefan Markus, Referatsleiter Ausbildung beim Malteser Hilfsdienst. „Außerdem ist die App nicht auf eine Online-Verbindung angewiesen. Das macht sie jederzeit und überall verfügbar.“
Denn bei allen guten Innovationen bleibt zu bedenken: Eine fehlende Internetverbindung oder ein schlechtes GPS-Signal können den ein oder anderen Lebensretter-Bonus des Smartphones unmittelbar zunichtemachen. Auch ausreichende Akkuleistung muss für jede Zusatzsoftware bedacht werden, die Energie verschlingt. Trotzdem: Innovationen wie Katastrophen-Warnsysteme und Anleitungen zur Selbstrettung sind Modelle der Zukunft, auf die wir nicht verzichten sollten.












