Der Nobelpreis für Medizin geht in diesem Jahr an den US-Amerikaner James Allison und den Japaner Tasuku Honjo für die Entwicklung spezieller Krebstherapien. Das teilte das Karolinska-Institut am Montag in Stockholm mit. Die beiden Forscher hätten den Kampf gegen Krebs entscheidend vorangebracht, hieß es von der Nobeljury. Die höchste Auszeichnung für Mediziner ist in diesem Jahr mit umgerechnet 870.000 Euro (9 Millionen Schwedischen Kronen) dotiert.
Allison und Honjo hatten entdeckt, dass bestimmte Proteine als eine Art Bremse auf das Immunsystem wirken und dieses von der Bekämpfung von Tumorzellen abhalten. Löst man die Bremse, attackieren die Immunzellen die Krebszellen. Erste Therapien, die auf diesem Konzept basieren, sind als sogenannte Checkpoint-Therapien für verschiedene Krebsarten bereits verfügbar.
Der US-Amerikaner James Patrick Allison (geboren 1948), der seit 2012 an der University of Texas arbeitet, hatte herausgefunden, dass sich durch Aufhebung der Bremse das Immunsystem entfesseln lässt, wie die Nobeljury ihre Entscheidung begründete. Er entwickelte das Konzept zu einem neuen Ansatz zur Behandlung von Patienten weiter, unter anderem bei Schwarzem Hautkrebs. Er befasste sich vor allem mit dem Protein CTLA-4.
Der Japaner Tasuku Honjo (geboren 1942) von der Universität Kyoto untersuchte das Protein PD-1, das über einen anderen Wirkmechanismus das Immunsystem ausbremst. Therapien, die auf dieser Entdeckung beruhten, hätten sich als bemerkenswert effektiv im Kampf gegen Krebs erwiesen, so die Nobeljury.
Die Medizin-Nobelpreisträger der vergangenen zehn Jahre
Den Medizin-Nobelpreis bekamen 2017 drei US-Amerikaner für Arbeiten zur Funktion und Kontrolle der Inneren Uhr. „Jeffrey Hall, Michael Rosbash und Michael Young waren in der Lage, einen Blick ins Innere unserer biologischen Uhr zu werfen und ihre Funktionsweise zu beleuchten“, hieß es von der Nobeljury. „Ihre Entdeckungen erklären, wie Pflanzen, Tiere und Menschen ihren biologischen Rhythmus so anpassen, dass er mit dem Tag-Nacht-Rhythmus der Erde übereinstimmt.“
2016 erhielt der Japaner Yoshinori Ohsumi den Medizinnobelpreis. Er hatte die lebenswichtige Müllentsorgung in Körperzellen entschlüsselt.
Die Chinesin Youyou Tu für die Entdeckung des Malaria-Wirkstoffs Artemisinin. Sie teilte sich den Preis mit dem gebürtigen Iren William C. Campbell und dem Japaner Satoshi Omura, die an der Bekämpfung weiterer Parasiten gearbeitet hatten.
Das norwegische Ehepaar May-Britt und Edvard Moser sowie John O'Keefe USA, Großbritannien - für die Entdeckung eines Navis im Hirn. Sie fanden grundlegende Strukturen unseres Orientierungssinns.
Thomas Südhof, gebürtig aus Deutschland, sowie James Rothman und Randy Schekman, USA - für die Entdeckung von wesentlichen Transportmechanismen in Zellen.
Sir John B. Gurdon, Großbritannien, und Shinya Yamanaka, Japan - für die künstliche Herstellung von Stammzellen. Ihnen ist es gelungen, erwachsene Körperzellen in ihren embryonalen Zustand zurückversetzt haben - eine Revolution in der Stammzellforschung, weil sich diese Zellen in alle Zellen des Menschen entwickeln können.
Bruce Beutler, USA, und Jules Hoffmann, Frankreich - für ihre Entdeckungen über die Aktivierung der angeborenen Immunität.
Ralph Steinman, Kanada - für seine Entdeckung der dendritischen Zellen und ihrer Rolle in der adaptiven Immunität.
Robert Edwards, Großbritannien - für seine Entwicklung der In-vitro-Fertilisation.
Elizabeth Blackburn, Carol Greider und Jack Szostak, alle USA - für die Entdeckung, wie Chromosomen durch Telomere und das Enzym Telomerase geschützt werden.
Harald zur Hausen, Deutschland - für seine Entdeckung der Auslösung des Gebärmutterhalskrebs durch humane Papillomviren.
Francoise Barre-Sinoussi und Luc Montagnier, beide Frankreich - für die Entdeckung des HI-Virus.
Krebs töte jedes Jahr Millionen von Menschen und stelle eine der größten medizinischen Herausforderungen für die Menschheit dar. Bis zu den Entdeckungen der beiden Mediziner sei der klinische Fortschritt bescheiden gewesen, so die Begründung. Die Checkpoint-Therapie habe die Krebsbehandlung revolutioniert und unsere Ansichten, wie Krebs unter Kontrolle zu bringen ist, fundamental verändert. Neuere Studien deuteten darauf hin, dass eine Kombination der beiden Therapieansätze noch wirksamer sei. Zudem würden neue „Brems-Proteine“ als Ansatzpunkte für die Behandlung untersucht.
Seit 1901 haben 214 Menschen den Medizinnobelpreis erhalten, darunter 12 Frauen. Der erste ging an den deutschen Bakteriologen Emil Adolf von Behring für die Entdeckung einer Therapie gegen Diphtherie.
Mit dem Medizin-Preis startete der Nobelpreis-Reigen. Am Dienstag und Mittwoch werden die Träger des Physik- und des Chemie-Preises benannt. Am Freitag folgt die Bekanntgabe des diesjährigen Friedensnobelpreisträgers. Der Literaturnobelpreis dagegen fällt in diesem Jahr nach einem Skandal im Jurygremium aus. Dafür soll er 2019 an zwei Autoren vergeben werden.
Zahlen rund um die Nobelpreise
...hinterließ Alfred Nobel 1896 mit seinem Testament. Heute entspricht das rund 169 Millionen Euro.
..., und 870.000 Euro, erhält jeder Preisträger aus den Zinsen dieses Erbes in diesem Jahr.
...Wissenschaftler, Literaten, Organisationen und Persönlichkeiten sind seit 1901 mit einem Nobelpreis ausgezeichnet worden. Dazu kommen 79 Träger des Preises für Wirtschaftswissenschaften, der zwar kein offizieller Nobelpreis ist, meist aber dazugerechnet wird.
...alt war der bislang älteste Preisträger, Leonid Hurwicz, bei seiner Auszeichnung mit dem Wirtschaftspreis 2007.
...ist das Durchschnittsalter der Nobelpreisträger.
...war die jüngste Preisträgerin Malala Yousafzai alt, als sie 2014 den Friedensnobelpreis bekam.
...gab es – gezählt in allen Kategorien zusammen – keinen Nobelpreis, vor allem in den Kriegsjahren. Am häufigsten wurde der Friedenspreis ausgesetzt, in diesem Jahr ist es der Literaturpreis.
...wurde eine Frau ausgezeichnet. Zwei Preise davon gingen an Marie Curie.
...teilten sich Familienmitglieder einen Preis. Besonders erfolgreich war die Familie Curie.
...deutschsprachige Autoren erhielten den Literaturnobelpreis.
...Menschen oder Organisationen bekamen den Preis mehrfach: John Bardeen (2x Physik), Marie Curie (Physik und Chemie), Linus Pauling (Chemie und Frieden), Frederick Sanger (2x Chemie), das Rote Kreuz (3x Frieden) und das Flüchtlingshilfswerk UNHCR (2x Frieden)
...Preisträger wurden gezwungen, Nobelpreise abzulehnen. Adolf Hitler verbat es den Chemikern Richard Kuhn und Adolf Butenandt sowie dem Mediziner Gerhard Domagk. Die Sowjetunion sagte im Namen von Autor Boris Pasternak ab.
...Friedensnobelpreisträger saßen am Tag der Bekanntgabe im Gefängnis: Carl von Ossietzky, Aung San Suu Kyi und Liu Xiabo.
...Preisträger haben den Nobelpreis freiwillig abgelehnt: Jean Paul Sartre 1964, der aus Prinzip keine Ehrungen akzeptierte, und Le Duc Tho, der 1973 zusammen mit Henry Kissinger für die Aushandlung des Vietnam-Friedens ausgezeichnet werden sollte.
Am darauffolgenden Montag wird bekannt gegeben, wer den von der schwedischen Reichsbank gestifteten sogenannten Wirtschaftsnobelpreis erhält. Die feierliche Vergabe aller Auszeichnungen findet traditionsgemäß am 10. Dezember statt, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel.
Im vergangenen Jahr hatten die drei US-Forscher Jeffrey Hall, Michael Rosbash und Michael Young den Medizin-Nobelpreis erhalten. Sie hatten die Funktion und die Kontrolle der Inneren Uhr erforscht. Bereits am 24. September waren die Träger der diesjährigen Alternativen Nobelpreise von der Right Livelihood Stiftung bekannt gegeben worden.