Künstliches Fleisch: Hightech me(a)ts Hack

Sieht aus wie Fleisch: Hightech-Frikadellen von Impossible Foods.
David Chang, New Yorker Spitzenkoch und stadtbekannter Fleischfetischist („Wir servieren hier nichts für Vegetarier“), ist neuerdings vom Glauben abgefallen. Die Sensation auf der Mittagskarte seines Trend-Restaurants Momofuku Nishi ist derzeit der Impossible Burger, der kommt völlig ohne Fleisch aus.
Gäste halten für zwölf Dollar im Momofuku nun ein gut gebräuntes Sesambrötchen in den Händen mit einer knusprig gegrillten Bulette darin, die in der Mitte noch leicht rosa schimmert und wie ein echter Burger aussieht. Drücken sie es behutsam zusammen, quillt sogar noch ein wenig Fett heraus. Es gibt den Burger medium oder gut durchgebraten. Die Testesser von der US-Zeitschrift „Vogue“ haben ihn kürzlich probiert. Das Fazit des Magazins für höhere Ansprüche: „Er schmeckt wie der echte.“
Changs Geheimnis? Die Rezeptur stammt vom Start-up Impossible Foods aus dem Silicon Valley. Statt Rinderhack brutzelt ein Mix aus Weizen, Kokosöl, Kartoffelprotein und im Labor entwickelten pflanzlichen Zutaten. Es ist eine so überzeugende Alternative zu echtem Rindfleisch, dass Impossible Foods von Microsoft-Gründer Bill Gates und Google Ventures finanziert wird.
Die Techelite ist zu einer neuen Mission aufgebrochen: Nach Kolonien auf dem Mars (Tesla-Chef Elon Musk) und Zufluchtsorten auf dem Ozean (Facebook-Investor Peter Thiel) pumpen Vordenker wie Gates ihre Millionen neuerdings lieber in ein bodenständiges Projekt: wie die Menschheit vor dem Untergang bewahrt werden könnte – durch die Abschaffung der Massentierhaltung.
Weil sich so aber der Fleischbedarf der Weltbevölkerung nicht mehr decken ließe, verfolgen die Protagonisten nachhaltiger Ernährung zwei ebenso innovative wie gegensätzliche Strategien. Die einen wollen – wie Impossible Foods – Fleisch auf pflanzlicher Basis perfekt nachempfinden, die anderen Steaks und Filets über selbst wachsende Fleischzellen nachbauen.
Hauptzutat: Pfiffiges Marketing
Ob aus Pflanzen hergestellt oder aus Tierzellen gezüchtet, ob im Labor oder in der Hipster-Küche: Mit Investorenmillionen ausgestattet, hat sich eine neue Generation Gründer weltweit aufgemacht – und bereits gewaltige Fortschritte erzielt. Ihr Kunstfleisch wird echtem immer ähnlicher, und es wird immer billiger produziert.
Vor allem aber bringen die Techies jene Zutat mit, die bisher fehlte – pfiffiges Marketing. Gelingt den Food-Revoluzzern in der kommenden Dekade der Durchbruch, wäre das wohl einer der gewaltigsten Umbrüche in der Ernährungsgeschichte der Menschheit.
Allen voran träfe es die Fleischindustrie, die ähnlich durchgeschüttelt würde wie die alte Autoindustrie durch den Elektroflitzer Tesla. Allein in den USA setzte das Fleisch produzierende Gewerbe 2014 noch 212 Milliarden Dollar um. Auch für die Pharma- und Chemiehersteller steht viel auf dem Spiel: Der größte Teil der produzierten Antibiotika wird heute an Tiere verfüttert. Braucht es keine Tiere mehr zur Fleischproduktion, entfiele dieses Geschäft.

Wurst ja - aber bitte ohne Fleisch
Die Zahl der Vegetarier und Veganer in Deutschland wächst. Laut der Gesellschaft für Konsumforschung leben in Deutschland mittlerweile acht Millionen Vegetarierer. 900.000 Menschen leben vegan – Tendenz steigend. Die Nachfrage nach vegetarisch-veganen Produken wächst laut Vegetarierbund Deutschland rasant: Die Mehrzahl der Supermärkte und Discounter führt ein breites Sortiment pflanzlicher Fleischalternativen. 2014 verzeichnete die Branche ein Umsatzplus von mehr als 30 Prozent. Das Wachstum ist so hoch wie nie zuvor.
Fleischkonsum ist in der Wissenschaft umstritten. Viele Studien liefern Belege für die Schädlichkeit, einige aber auch Hinweise auf positive Effekte - nachfolgend ein Überblick:

Geringeres Risiko für Leberkrebs
Eine Studie, die im Journal "Alimentary Pharmacology & Therapeutics" veröffentlicht wurde, zeigt, dass der Verzehr von sogenanntem weißen Fleisch (Geflügel) und Fisch das Risiko von Leberkrebs senken kann. Die Forscher werteten Daten aus Langzeitbeobachtungen von 1956 bis 2013 aus und kamen zu dem Ergebnis, dass die Leberkrebs-Gefahr so um 31 Prozent (hoher Anteil von Geflügelfleisch) beziehungsweise 22 Prozent (hoher Fischkonsum) sinkt. Zwischen rotem Fleisch (z.B. Rind, Lamm, Schwein) oder stark verarbeiteten Fleischwaren und Leberkrebs fanden die Forscher keinen Zusammenhang.
Viele andere Studien belegen hingegen die gesundheitlichen Risiken des Fleischkonsums:

Mehr als zehn Prozent der deutschen Bevölkerung ernähren sich ohne Fleisch, wie die Gesellschaft für Konsumforschung ermittelt hat. Viele Menschen essen jedoch permanent zu viel Fleisch und zu wenig Gemüse oder Obst – und zwar quer durch alle Altersgruppen. Laut dem Fleischatlas 2014 des BUND liegt der Pro-Kopf-Verzehr derzeit bei 60 Kilogramm im Jahr. Rund 40 Prozent der Kalorien, die wir in Deutschland täglich zu uns nehmen, stammen aus tierischen Lebensmitteln. Zum Vergleich: In Italien machen Fleisch- und Milchprodukte nur 24 Prozent der täglichen Energiezufuhr aus.
Besonders der Verzehr von sogenanntem roten Fleisch, dazu zählen Rind- Schweine- und Lammfleisch, wird von Ernährungsexperten kritisch gesehen.

Brustkrebs-Risiko
Eine aktuelle Studie aus den USA zeigt die Gesundheitsrisiken durch den regelmäßigen Verzehr von roten Fleischwaren wie Steak, Bratwurst, Burger und Co. auf. Die Studie vom Juni 2014, die von Forschern der Universität Harvard verfasst wurde, untersuchte über einen Zeitraum von 20 Jahren rund 88.800 Frauen. Es wurden Ernährungsprotokolle und Fälle von Brustkrebs dokumentiert. Über die Jahre wurden 2830 Brustkrebs-Erkrankungen dokumentiert. Dabei zeigte sich, dass ein höherer Konsum von rotem Fleisch mit einem erhöhten Risiko für Brustkrebs einhergeht. Bei hohem Konsum von Geflügelfleisch, Fisch, Eiern, Hülsenfrüchten und Nüssen wurde hingegen keinerlei Verbindung zu Brustkrebserkrankungen festgestellt. Im Gegenteil zeigte sich, dass der Ersatz von Mahlzeiten aus rotem Fleisch durch eine der anderen Eiweiß-Quellen das Risiko für Brustkrebs um bis zu 24 Prozent senken konnte.

Darm- und Magenkrebs
Die sogenannte EPIC-Studie (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition) ist eine breit angelegte Studie, an der zehn europäische Länder beteiligt sind. Darin werden rund 520.000 Personen mit signifikanten Unterschieden in der Ernährungs- und Lebensweise untersucht. Die Studie richtet ihr Augenmerk auf den Einfluss der Ernährung auf die Entstehung von Krebs und anderen chronischen Erkrankungen, und bezieht neben Ernährungsweise und -status auch den Lebensstil sowie genetische und Stoffwechsel-Faktoren mit ein. Die Studienergebnisse weisen darauf hin, dass rotes und verarbeitetes Fleisch das Risiko für Darm- und Magenkrebs erhöht. Zugleich weisen die Ergebnisse auf eine mögliche Senkung des Risikos für Darmkrebs durch Ballaststoffe und Fisch hin.
Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) weist auf die positiven Auswirkungen von Ballaststoffen sowie die Risiken durch Fleisch für den Darm hin. Die DGE beruft sich auf eine Studie der internationalen Krebsforschungsorganisation (World Cancer Research Fund, WCRF) aus dem Jahr 2011. In Deutschland ist Dickdarmkrebs derzeit die zweithäufigste Krebskrankheit. Aus der Studie ergeben sich die Ernährungsempfehlungen, zur Senkung des Dickdarmkrebsrisikos weniger Fleisch und Fleischprodukte sowie weniger Alkohol zu konsumieren. Pflanzliche Lebensmittel mit geringem Verarbeitungsgrad und hohem Ballaststoffgehalt sollten bevorzugt werden.

Herzversagen
Das Augenmerk auf Männer legte eine Studie aus Polen. Der Konsum von verarbeitetem roten Fleisch (also etwa Hack für Burger, Bacon, Würste etc.) und das Risiko für Herzversagen wurden in einer Zusammenarbeit der Warschauer University of Life Sciences und dem Karolinska Institut Stockholm untersucht. Die Untersuchung, die im April 2014 veröffentlicht wurde, nahm eine schwedische Kohortenstudie über rund 37.000 gesunde Männer im Alter von 45 bis 79 Jahren, die in ihrer Krankheitsgeschichte bisher weder Krebs noch Herzkrankheiten aufwiesen, unter die Lupe. Mithilfe eines Fragebogens wurde der Fleischkonsum erhoben. In den folgenden rund zwölf Jahren wurden 2891 Fälle von Herzversagen dokumentiert, von denen 266 tödlich endeten. Beim Vergleich der Fälle von Herzerkrankungen mit den Ernährungsgewohnheiten zeigte sich ein deutlicher Zusammenhang: Männer, die täglich 75 Gramm oder mehr an verarbeiteten Fleischwaren zu sich nahmen, hatten ein um 28 Prozent höheres Risiko für Herzversagen als die, die weniger als 25 Gramm Fleischwaren täglich verspeisten. Das Risiko für einen tödlichen Ausgang war sogar mehr als doppelt so hoch...

...das zeigt, dass bereits ein moderater Konsum von rotem, verarbeitetem Fleisch zu einem erhöhten Risiko führt. Die Fleischprodukte sind häufig geräuchert, gepökelt, gesalzen oder mit Konservierungsstoffen versetzt, um sie haltbar zu machen.
Auch Forscher der Uni Harvard zogen bereits 2010 aus der Auswertung von rund 1600 Studien den Schluss, dass verarbeitetes Fleisch das Risiko für Herzerkrankungen um bis zu 42 Prozent erhöht und auch die Wahrscheinlichkeit für Diabetes um 19 Prozent steigt. Ein täglicher Konsum von 50 Gramm verarbeiteten Fleischwaren würde hierzu ausreichen, schlussfolgerten die Harvard-Experten. Da diese Studie keine Effekte von unverarbeitetem rotem Fleisch nachweisen konnte, schlossen die Wissenschaftler daraus, dass nicht die Fettsäuren im Fleisch für die gesundheitsschädlichen Wirkungen verantwortlich sind, sondern Schadstoffe, die bei der Verarbeitung und durch zugesetzte Stoffe wie Nitritpökelsalze entstehen. Eine Krebsgefahr durch diese Stoffe wird in der Wissenschaft kontrovers diskutiert.

Diabetes
Jenseits der Harvard-Studie wurden etwa an der Universität Paris-Süd in Villejuif im Jahr 2013 die Zusammenhänge zwischen der Entstehung von Typ-2-Diabetes und einer chronischen Azidose (Übersäuerung) untersucht. Typ-2-Diabetes ist die häufigste Diabetes-Form, auch Altersdiabetes genannt. Sie ist gekennzeichnet durch eine verminderte Insulinempfindlichkeit durch verschiedene Risikofaktoren wie hoher Zuckerzufuhr, Übergewicht, Bewegungsmangel - im Gegensatz zum Typ-1-Diabetes, auch jugendlicher Diabetes genannt, der seine Ursache in einer Zerstörung der insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse hat.
Die Studie war Teil der bereits genannten EPIC-Untersuchung. Über einen Zeitraum von 14 Jahren wurden rund 66.500 französische Frauen in Hinblick auf die Entwicklung eines Diabetes beobachtet. Es traten 1372 Fälle von Typ-2-Diabetes auf. Bei einer Ernährung mit viel Fleisch, Fisch, Käse, Brot und süßen Getränken zeigte sich ein signifikanter Anstieg des Typ-2-Diabetes im Vergleich zu einer Ernährung mit mehr Obst, Gemüse, Milchprodukten und Kaffee. Hatten die Frauen zusätzlich einen Body-Mass-Index (BMI) über 25, verdoppelte sich ihr Risiko sogar.

Nasen-Nebenhöhlen-Entzündungen
Eine Studie aus Japan zeigte 2012 einen Zusammenhang zwischen allergischem Schnupfen und Nebenhöhlenentzündungen und dem Fleischkonsum. Untersucht wurden 1745 schwangere Frauen über einen Zeitraum von einem Jahr. Dabei traten bei 25,9 Prozent Entzündungen der Nasenschleimhaut auf. Bei Auswertung der Ernährungsgewohnheiten zeigte sich, dass ein hoher Fleischkonsum mit einem bis zu 71 Prozent erhöhten Risiko für allergische Nasenschleimhautentzündungen einherging. Eine weitere Studie zeigte einen negativen Zusammenhang zwischen hohem Fischverzehr und Pollenallergie. Im Verdacht stehen seit langem die in der Nahrung enthaltenen Fette und ihre zahlreichen und komplexen Auswirkungen auf entzündliche Prozesse im Körper. Eine Untersuchung der einzelnen Fettsäuren (etwa gesättigte und mehrfach ungesättigte, essentielle Fettsäuren) und auch ihrem Verhältnis zueinander in der Studie wies jedoch keinen Zusammenhang mit dem Auftreten der Nebenhöhlenentzündungen auf.
Auf die Agrarindustrie käme eine Umverteilung von kaum abschätzbarer Dimension zu. Mehr als ein Drittel der nicht von Eis bedeckten Landmasse der Erde wird heute für Viehzucht und Futteranbau verwendet, schätzen die Vereinten Nationen. Alleine mit dem in den USA nicht verfütterten Getreide und Mais ließen sich mehr als 800 Millionen Menschen ernähren.
Selbst der Kampf gegen den Klimawandel käme weit voran. Die Fleischindustrie alleine verursacht rund 18 Prozent der globalen Treibhausgasemission. Einer Studie der American Chemical Society zufolge würde etwa die Herstellung von synthetischem Fleisch aus Tierzellen 7 bis 45 Prozent weniger Energie erfordern und 78 bis 96 Prozent weniger Treibhausgas produzieren als die von herkömmlichem Fleisch.
Blutiges Kunstfleisch
Aufgaben wie geschaffen für notorische Weltverbesserer aus Kalifornien: Impossible-Foods-Gründer Pat Brown etwa war früher Stanford-Professor und hat seinen Arbeitsplatz nun nach Redwood City verlegt, einem unscheinbaren Nachbarort. Dort ist ihm und seinem Team seit der Gründung vor fünf Jahren eine Sensation gelungen: Ihr aus pflanzlichen Rohstoffen hergestellter Fleischersatz simuliert den Fleischgeschmack bis hinab auf die molekulare Ebene.
Das ist bei Fleisch besonders schwierig, da sich dessen Geschmack aus nahezu 1000 Komponenten zusammensetzt, die in verschiedensten Kombinationen auftreten. Die meisten pflanzlichen Geschmäcker hingegen lassen sich, wie etwa Pfeffer, mit nur einem Molekül nachahmen.
Brown weiß, dass Geschmack nicht alles ist. Um Essgewohnheiten zu verändern, muss er alle Sinne ansprechen. Deswegen kommt sein Hightechhack im Rohzustand sogar blutig daher. Hierzu hat das Start-up eine Gensequenz aus Sojawurzeln in Hefepilze eingepflanzt, die nun Leghämoglobin produzieren – eine Substanz ähnlich tierischem Hämoglobin. Wie dieses transportiert es Eisen und färbt rot, so wie Hämoglobin das beim Blut macht. Dabei enthält das Pflanzenfleisch vergleichbar viel Eisen wie Biorindfleisch, etwas mehr Fett, kein Cholesterin und einen ähnlichen Mix von Spurenelementen.

Scharfes Essen verlängert das Leben
Ob Chili-Schoten, getrocknete Chilis oder Chili-Pulver: In vielen Küchen dieser Welt sind die Scharfmacher nicht wegzudenken. Das in verschiedenen Paprika-Arten vorkommende Capsaicin ruft einen Hitze- und Schärfereiz hervor. Diverse Studien deuten darauf hin, dass Capsaicin neben der Schärfe auch noch andere Effekte erzielt. Es soll Krebs entgegenwirken und den Herzkreislauf in Takt halten. Auch eine groß angelegte chinesische Studie kam zu diesem Schluss. Demnach war das Risiko zu sterben für diejenigen, die häufig scharf essen, während des siebenjährigen Untersuchungszeitraums um 14 Prozent gesunken. Daraus zu schließen, dass scharfes Essen zwangsläufig das Leben verlängert, ist aber nicht angebracht. Es könnte genauso gut sein, dass diejenigen, die gerne scharf essen, einfach eine bessere Konstitution haben. Oder durch das scharfe Essen mehr trinken und dieser Umstand für die gesundheitsfördernde Wirkung verantwortlich ist.

Nur Bitterschokolade ist gesund
Wissenschaftler berichten im Fachblatt „Heart“, dass Menschen, die viel Schokolade essen, ein geringeres Risiko für Herzkreislauferkrankungen aufweisen. Demnach sinkt das Risiko für Herzkreislauferkrankungen um elf Prozent, die Gefahr für einen Schlaganfall sinkt sogar noch stärker. Die herzschützende Wirkung gilt dabei nicht nur für Bitterschokolade, die einen besonders hohen Kakaoanteil aufweist und deswegen als besonders gesund gilt: Die Forscher haben 21.000 Briten untersucht, die wie wir in Deutschland vor allem helle Schokolade mit einem niedrigen Kakaogehalt bevorzugen.

Je mehr Vitamine, desto besser
Das Motto "viel hilft viel" ist in Sachen Vitaminen nicht nur sinnlos, sondern auch gefährlich. Vor allem bei den fettlöslichen Vitaminen A, D, E und K kann es zu einer Überdosierung und auf lange Sicht zu unerwünschten Nebenwirkungen und Gesundheitsschäden kommen. Studien zur Krebsprävention durch Vitamintabletten belegen immer wieder (so auch aktuell ein Paper des University of Colorado Cancer Center), dass die Zufuhr künstlicher Vitamine nicht nur keinerlei vorbeugenden Effekt hat, sondern im Gegenteil sogar das Risiko für bestimmte Krebsarten erhöhen kann.
Forscher mussten Studien in der Vergangenheit sogar vorzeitig abbrechen, weil in der Gruppe der Probanden, die Vitaminpräparate zuführten, mehr Menschen an Krebs erkrankten und starben. In der SELECT-Studie (Selenium and Vitamin E Cancer Prevention Trial) wurde 2008 die Gabe von Vitamin E und Selen untersucht. An der Studie nahmen 35.000 gesunde Männer teil. Es zeigte sich, dass in der Vitamin-E-Gruppe mehr Männer an Prostatakrebs erkrankten, als in der Kontrollgruppe. In der Selen-Gruppe stieg das Diabetesrisiko.
In der CARET-Studie (Beta-Carotene and Retinol Efficacy Trial) zeigte sich bereits 1996, dass eine erhöhte Vitamin-A-Zufuhr bei Rauchern das Lungenkrebsrisiko deutlich erhöhte, anstatt, wie man annahm, vor Tumoren zu schützen.

Brot macht dick und ist ungesund
Gerade für die Verfechter kohlehydratarmer Nahrung steckt der Teufel im Brot: Es mache dick und trage sogar Mitschuld an Diabetes. Das ist so allerdings nicht richtig: Gerade Vollkornbrot (echtes Vollkornbrot, kein mit Malz eingefärbtes Weißbrot) hat sehr viel Ballaststoffe. Die sind gesund und machen satt. Außerdem liefert es verschiedene Vitamine sowie Iod, Flur, Magnesium und Zink.

"Light", "Leicht" oder "Fettarm" - das ist gut für die schlanke Linie
Die Lebensmittelindustrie hat den Trend zu bewusster Ernährung entdeckt und nutzt ihn mit Fitness- und Wellness-Begriffen gezielt aus. Doch die Verbraucherorganisation Foodwatch warnt: Oft werden so Lebensmittel beworben, die alles andere als kalorienarm sind. Der Verein hat das Nährwertprofil von sogenannten Fitness-Müslis, Wellness-Wasser oder Joghurt-Drinks überprüft und kam zu dem Ergebnis, dass die scheinbar "gesunden" Lebensmittel Softdrinks oder Fast-Food-Snacks beim Zucker-, Salz- oder Fettgehalt oftmals in nichts nachstehen. Bei fettarmen Produkten wird der Geschmacksmangel häufig durch zahlreiche andere Inhaltsstoffe, etwa Stärke und Zucker, ausgeglichen - der Kaloriengehalt unterscheidet sich kaum, ist manchmal durch den hohen Zuckergehalt sogar höher - und gesund ist das Light-Produkt noch lange nicht.

Kartoffeln machen dick
Wer meint, Kartoffeln seien ein richtiger Dickmacher, der ist einem Ernährungsirrtum aufgesessen. Die Erdäpfel selbst machen nämlich nicht dick, sondern die Zusätze, die bei der Zubereitung hinzukommen, wie etwa Fett. So hat eine Portion gekochte Kartoffeln 105 Kalorien, während Pommes frites bereits 369 Kalorien haben.

Öko-Lebensmittel sind gesünder
Essen mit dem Biosiegel ist nicht unbedingt gesünder, wie eine aktuelle Studie ergeben hat. Laut einer Analyse der Stanford University, die in der Fachzeitschrift "Annals of Internal Medicine" veröffentlicht wurde, sind biologische Lebensmittel kaum oder gar nicht nährstoffreicher. Ebenso sollen sie ein kaum geringeres Gesundheitsrisiko bergen.
Lediglich das Risiko, dass Obst und Gemüse Pflanzenschutzmittel beinhalten, sinkt damit. Zu ähnlichen Ergebnissen kam auch die Wissenschaftlerin Dena M. Bravata. Weder Vitamingehalt noch Krankheitserreger waren in dem einen oder anderen – Bio oder nicht – zu einem höheren Teil vorhanden.

Alkoholgenuss ist schädlich
Nicht immer. Wer Alkohol in Maßen trinkt, lebt womöglich gar gesünder. Das sagen jedenfalls verschiedene Wissenschaftler. Grund dafür: Ein gemäßigter Alkoholkonsum kann das Risiko von Herz-Kreislauferkrankungen verringern, indem er die Gefäße vor Ablagerungen schützt und das Blut dünner macht. Deshalb sollen Menschen mit einem moderaten Alkoholkonsum ein um 20 Prozent geringeres Risiko haben, an solchen Erkrankungen zu sterben, als Abstinenzler. Was „moderat“ genau bedeutet, bleibt dabei ungeklärt.

Kochen zerstört Nährstoffe
Ein klares Jein: Beim Kochen können bestimmte Nährstoffe zerstört werden. Das ist richtig. So werden im Kochtopf Vitamine abgebaut und wasserlösliche Substanzen ausgelaugt. Allerdings sind andererseits auch einige Nährstoffe nur durch Garen für den Körper verfügbar.
Auch nicht zu vergessen: Durch das Erhitzen bestimmter Lebensmittel werden Keime und ungünstige Stoffe auch unschädlich gemacht. Nur auf Rohkost zu setzen, ist deshalb auch falsch: Diese ist nämlich schwer verdaulich. Das Ergebnis: Wer viel Rohkost ist, könnte irgendwann viel unverdaute Nahrung im Darm lagern. Verdauungsstörungen, schmerzhafte Blähungen und Durchfälle sind dann die Folgen. Also: Zur Abwechslung weiterhin auch mal gekochtes Gemüse kann also nicht schaden.

Margarine ist besser als Butter
Butter ist schon seit Langem als Cholesterin-Bombe verschrien. Der Vorwurf: Cholesterin und gesättigte Fettsäuren sollen Herzkreislauf-Erkrankungen begünstigen. Fakt ist aber: Butter ist ein natürliches Lebensmittel. Das Gemisch besteht aus allen nur erdenklichen Fettsäuren. Außerdem kann Butter sogar in gewissem Maß gut fürs Herz sein: Sie kann den Anteil an herzschützendem Cholesterin im Körper verstärken.

Frisches Gemüse ist besser als Tiefgekühltes
Diese Aussage stimmt eindeutig nicht. Tiefkühlkost kann unter Umständen sogar gesünder sein als frische Lebensmittel. Das Gemüse, das im Tiefkühlfach landet, wird oft frisch vom Feld schockgefroren. Dadurch bleiben viele Vitamine erhalten, die licht-, luft- und wärmeempfindlich sind. Bei frischem Gemüse kann es hingegen vorkommen, dass es Tage lang in Kisten im Supermarktregal liegt und dadurch einen Großteil seines Vitamingehalts einbüßt.
Damit ist häufig genau das Gegenteil der Fall: Tiefkühlgemüse ist manchmal sogar besser als frisches Gemüse.

Der Mensch braucht kein Fleisch
Eine der meistdiskutierten Fragen: Ein großes Gehirn braucht Fleisch, sagt etwa der Biologe und Naturhistoriker Josef Reichholf. Beim Aufbau sei es notwendig, die entsprechenden Proteine und die flüchtigen Fettsäuren zu haben, die die Gehirnmasse bilden. Und dafür sei Fleischgenuss notwendig. Hätten wir früher kein Fleisch gegessen, hätten wir uns nie von den Affen unterschieden, so Reichholf und deshalb sei der Fleischverzehr für eine gute Hirntätigkeit notwendig.
Stimmt nicht, sagt hingegen Helmut Oberritter, der Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Ein Erwachsener könne sich ohne Schwierigkeiten fleischlos ernähren, wenn er stattdessen für eine vollwertige Ernährung auf Milchprodukte, Eier und Fisch setze. Auch eine Londoner Studie sowie eine Langzeitstudie des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg zeigten bereits, dass sich Menschen fleischlos ernähren könnten ohne negative Auswirkungen – eher sogar mit positiven Auswirkungen wie etwa niedrigere Blutdruck- und Blutfettwerte oder eine aktivere Niere. Die Forschung bleibt also geteilter Meinung.

Spinat und Pilze darf man nicht aufwärmen
Es ist nicht falsch, dass gerade Pilze und Spinat giftige Stoffe bilden können, wenn sie eine lange Zeit im Warmen stehen. Deshalb sollte jeder Champignons-Fan schon vorsichtig sein. Bewahrt man das Pilz- oder Spinatgericht aber vor dem Aufwärmen im Kühlschrank auf, ist ein zügiges Aufwärmen unbedenklich. Also ruhig einen zweiten Tag Spinat-Lasagne.

Fett ist ungesund
Fett ist nicht gleich Fett. Deshalb ist diese Verallgemeinerung falsch. Olivenöl beispielsweise kann bei regelmäßigem Genuss die Konzentration an LDL-Cholesterin im Blut senken. Außerdem liefert lebensnotwendige Fettsäuren und sorgt dafür, dass bestimmte fettlösliche Vitamine aus der Nahrung überhaupt erst aufgenommen werden können.
Sämtliche Langzeitstudien zeigen zudem, dass Menschen, die viel Milch und Milchprodukte konsumieren, überwiegend eine niedrige Herz-Kreislaufsterblichkeit aufweisen – niedriger als diejenigen, die weniger davon essen.
Kunstfleisch, das wie echtes blutet – das hat auch die Investoren überzeugt. 182 Millionen Dollar Wagniskapital hat Impossible Foods seit der Gründung eingesammelt. Alphabet, wie Google inzwischen heißt, soll schon angeboten haben, das Unternehmen für 200 bis 300 Millionen Dollar zu übernehmen. Brown aber will höher hinaus: In Oakland, im Osten von San Francisco, lässt er eine Fabrik bauen, in der schon dieses Jahr in größeren Mengen künstliches Hack produziert werden soll. Seine Strategie hat er sich bei Tesla abgeschaut. Impossibles Burgerbulette soll als teures Nischenprodukt starten und über die Jahre den Massenmarkt erobern, erzählte er jüngst Reportern.
Impossible Foods sind nicht die einzigen, die von der Techelite im Kampf gegen die Schlachthofindustrie finanziert werden. Die Twitter-Gründer Evan Williams und Biz Stone haben Geld beim Start-up Beyond Meat aus Los Angeles investiert, zu dessen Investoren auch Bill Gates zählt. Beyond Meat verkauft sein Chicken Curry oder Chili bereits in ausgewählten US-Supermärkten. Kritikern zufolge hat es das Start-up aber – anders als Impossible Foods – noch nicht geschafft, dass der aus Soja und Erbsen bestehende Ersatz wie das reale Vorbild schmeckt.
Dafür gibt es bei der Konkurrenz, die auf im Labor gezüchtetes Fleisch statt auf pflanzlichen Ersatz setzt, mächtige Fortschritte zu vermelden.

Mythos 1: Bioprodukte sind gesünder
Zwar gibt es Studien, die belegen, dass ökologische Lebensmittel mehr Vitamine und Nährstoffe enthalten – doch andere Untersuchungen widersprechen hier. Daher gibt es keinen eindeutigen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass Bio mit „gesünder“ gleichzusetzen ist. Anders sieht das bei der Pestizidbelastung aus: Hier schneiden Bio-Lebensmittel in der Regel wesentlich besser ab.

Mythos 2: Bioprodukte sind teurer
Der Mehraufwand, etwa für artgerechte Tierhaltung, muss bezahlt werden: 30 bis 100 Prozent kosten Bio-Produkte im Durchschnitt mehr. Doch in vielen Bereichen ist der Preisunterschied zwischen Produkten aus ökologischer und denen aus konventioneller Landwirtschaft kaum noch spürbar – erst recht, seitdem es auch immer mehr Bio-Ware in den Discountern gibt. Bei Obst und Gemüse, etwa bei Karotten oder Äpfeln, ist der Preisunterschied oft schon verschwunden. Deutlich spürbar bleibt er jedoch bei Fleisch.

Mythos 3: Bio-Produkte sind transparent
Das stimmt so nicht. Die Vielzahl an unterschiedlichen Siegeln, vom deutschen über das europäische Bio-Siegel bis zu Demeter oder Bioland, ist für Verbraucher kaum zu überschauen – zumal bei allen Kennzeichnungen unterschiedliche Richtlinien gelten. Anbauverbände wie Demeter stellen in der Regel die strengsten Anforderungen, das europäische Bio-Siegel bietet hingegen nur den Mindeststandard.

Mythos 4: Bio ist ein Nischenprodukt
Das galt nur in den Anfangsjahren. 2013 kletterten die Umsätze der Bio-Branche um stattliche 7,2 Prozent auf 7,55 Milliarden Euro, meldet der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). Im Öko-Barometer des Bundesernährungsministeriums heißt es, dass inzwischen drei von vier Verbrauchern beim Lebensmitteleinkauf auch nach ökologisch hergestellter Ware greifen. Dabei sind die Konsumenten vor allem junge Verbraucher unter 30 Jahren. Für Gerald Herrmann, Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft Organic Services, keine Überraschung: „Die jungen Generationen sind vielfach damit aufgewachsen, für sie ist Bio selbstverständlich geworden."

Mythos 5: Bio ist bei Bauern beliebt
Landwirte, die Bio-Landbau betreiben wollen, haben mit vielen Hürden zu kämpfen. Zum Beispiel mit dem Flächenproblem: Durch die Subventionierung von Energiemais für Biogasanlagen, die durch das EEG festgelegt ist, können sich viele Öko-Betriebe die teuren Pachtpreise nicht mehr leisten. Zudem gibt es Umstellungsfristen von zwei bis drei Jahren, in denen die Landwirte zwar ökologisch produzieren, ihre Ware aber nur zu den Preisen für konventionelle Ware verkaufen dürfen.

Mythos 6: Bio ist regional und nachhaltig
Die Nachfrage nach Bio-Produkten wächst schnell – die Größe der Anbaufläche und die Zahl der Bauern können da hierzulande nicht mithalten. Deutschland fehlen Tausende Biobauern. Dadurch wird viel importiert: Jede dritte Bio-Kartoffel stammt aus dem Ausland, bei Möhren, Äpfeln und Gurken ist es etwa die Hälfte. Besonders krass ist es bei Bio-Tomaten und –Paprika, sie stammen zu 80 beziehungsweise über 90 Prozent aus allen Ecken der Welt. Wie nachhaltig eine Bio-Kartoffel aus Ägypten, die intensiv bewässert werden muss, dann noch ist, ist äußerst fraglich.

Mythos 7: Bio-Produkte enthalten keine Zusatzstoffe
Das kann man pauschal so nicht sagen. Insgesamt 50 der knapp 320 zugelassenen Zusatzstoffe wie Aromen oder Konservierungsmittel sind nach der EU-Öko-Verordnung auch für Bio-Lebensmittel zugelassen, sofern das Produkt ohne diese Zusätze nicht hergestellt oder haltbar gemacht werden kann.

Mythos 8: In der Bio-Landwirtschaft sind Antibiotika tabu
Es stimmt zwar, dass verletzte oder kranke Tiere auf Bio-Höfen möglichst mit natürlichen oder homöopathischen Präparaten behandelt werden sollten. Doch wenn das nicht hilft, sind Antibiotika nicht generell verboten. Es gelten aber strenge Richtlinien für den Einsatz: es muss streng dokumentiert werden und die betroffenen Tiere dürfen erst später zum Schlachter. Bekommen sie wiederholt Antibiotika, verlieren sie zudem ihren Status als „Bio-Tier“.

Mythos 9: Bio-Bauern sind Idealisten
Während der Begriff „Qualität“ im konventionellen Landbau meint, dass sei hygienisch einwandfrei und nicht gefährlich sind, spielen im Bio-Landbau auch Werte wie Tier- und Umweltschutz eine Rolle. Trotzdem sind die Bio-Betriebe hochprofessionell und streng marktwirtschaftlich ausgerichtet.

Mythos 10: Bio-Eier sind unbelastet
Dieser Mythos ist seit Ostern 2012 dahin. Damals wurden in Bio-Eiern PCB und Dioxin gefunden, Höfe wurden gesperrt. Dioxine lagern sich auf dem Boden und auf Futterpflanzen ab, so dass auch artgerecht gehaltene Bio-Hennen nicht vor der Aufnahme gefeit sind.
Mark Post, Medizinprofessor an der Universität Maastricht, ließ im August 2013 vor laufenden Kameras den ersten Burger überhaupt braten, der aus tierischen Stammzellen gezüchtet wurde. 250.000 Euro hatte er für dessen Aufzucht allein von Google-Gründer Sergey Brin erhalten – in der Pfanne landeten am Ende nur 140 Gramm künstlichen Hacks. „Wir haben jede einzelne der 20.000 Muskelfasern des Burgers per Hand in einer separaten Petrischale hergestellt“, erklärte sein Partner Peter Verstrate. Nur drei Jahre später bekommen die Niederländer die gleiche Menge Fleisch für 80 Euro je Kilo hin.
Im Mai dieses Jahres gründeten Post und Verstrate daher ihr Start-up Mosa Meat. Sie produzieren ihr Hack nicht mehr in Handarbeit, sondern in Bioreaktoren – wie sie seit Jahrhunderten zum Brauen von Bier eingesetzt werden. Wo sonst Hopfen und Malz gären, wächst nun in einer Nährlösung das künstliche Fleisch.
Sieben Jahre bis zum künstlichen Hähnchenfleisch
Noch fasst der Fleischreaktor der Niederländer gerade einmal 1,5 Liter. Ihr Ziel: ein Tank etwa von der Größe eines olympischen Schwimmbeckens, der eine Stadt mit 40.000 Einwohnern kostengünstig versorgen könnte. Derzeit ist Mosa Meat in Verhandlungen für frisches Kapital, um unter anderem einen Prototyp eines größeren Tanks entwickeln zu können. „Unser Traum ist, dass jeder es sich leisten kann, Fleisch zu kaufen, für das kein Tier sterben musste“, sagt Verstrate.
Dafür suchen die Forscher aber noch nach einem Alternativnährboden für ihre falschen Buletten. Denn um das Fleisch in der Petrischale wachsen zu lassen, brauchen sie bisher noch Kälberserum, das aus den Herzen ungeborener Kälber abgesaugt wird. Verstrate will das schnellstmöglich ersetzen, etwa durch eine aus Algen gewonnene Nährlösung.
Das Start-up SuperMeat aus Jerusalem behauptet, genau das schon hinzubekommen – auch wenn Gründer Yaakov Nahmias, ein Medizinprofessor, nicht verrät, woraus er die pflanzliche Lösung generiert. SuperMeat verspricht, binnen zwei Jahren den ersten Prototyp eines Broiler-Generators zu bauen, der künstliches Hähnchenfleisch liefern soll. In sieben Jahren will SuperMeat dann in Serie produzieren und damit auf den Massenmarkt. Die Zielgruppe: Supermärkte, Restaurants und Hobbyköche.
Um die Akzeptanz des Kunstfleisches am Markt zu testen, haben die Israelis eine Kampagne auf der Crowdfunding-Plattform Indiegogo gestartet. Ihr Ziel – 100.000 Dollar – haben sie problemlos erreicht. Die Gründer von SuperMeat sehen das als Beweis, dass die Verbraucher bereit seien, Kunstfleisch gegen echte Steaks einzutauschen.
Ganz so einfach ist es aber nicht. Das Bundesforschungsministerium etwa lässt derzeit die Akzeptanz von künstlichem Fleisch prüfen. Erstes Ergebnis: „Technisiertes Essen wird als künstlich angesehen und problematisiert“, sagt Arianna Ferrari, Wissenschaftlerin am Institut für Technikfolgenabschätzung in Karlsruhe, das diese Studie für das Ministerium durchführt. Untersuchungen aus anderen Ländern deuteten aber darauf hin, dass jüngere Menschen Kunstfleisch gegenüber offener seien als ältere.
Fallende Preise, Geschmack fast wie beim Original – die größte Herausforderung auf dem Weg in eine fleischlose Zukunft dürfte somit für die Food-Techies sein, den Menschen ihre Vorbehalte vor Hightechfleisch zu nehmen.
Künstliche Fleischbällchen für Toprestaurants
Die dafür nötige Portion Größenwahn bringen die Hightechfleischer jedenfalls mit. Memphis Meats, ein Start-up aus San Francisco, züchtet aus Stammzellen Rind- und Schweinefleisch. Demnächst sollen die ersten daraus bestehenden künstlichen Fleischbällchen ausgerechnet in ausgewählten Toprestaurants in Memphis, Tennessee, auf den Tisch kommen. Die Stadt, in der die jährliche Weltmeisterschaft im Barbecue-Grillen ausgefochten wird, gilt bei Fleischenthusiasten als der härteste Markt der Welt.









