Raumfahrt Dieses Augsburger Raketen-Start-up will Elon Musk Konkurrenz machen

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Start in der Arktis oder der Nordsee

Der Jungfernflug könnte dann Ende 2022 stattfinden. Als Startplatz prüfen die Augsburger verschiedene Optionen. „Die ersten Testflüge werden wir von Andøya in Norwegen durchführen“, sagt Gründer und Programmmanager Spurmann. Dort wird gerade eine neue Startplattform für Weltraumflüge gebaut. 

Aber: „Wir sind mit den meisten Weltraumbahnhöfen in Europa im Gespräch.“ Davon soll es bald ein halbes Dutzend geben, auch in der deutschen Nordsee. Wichtig ist für die Augsburger eine freie Flugbahn gen Norden. „Fast der gesamte Kleinsatellitenmarkt spielt sich in polaren oder polnahen Bahnen ab“, erklärt Spurmann. 

Und so soll der Flug ablaufen: „Die erste Raketenstufe bringt uns auf eine Höhe von 80 bis 100 Kilometern, bis zum Rand der Atmosphäre“, sagt Brischenk. „Die zweite ist dafür verantwortlich, dass die kinetische Energie in die Laufbahn kommt, also der Satellit schnell genug wird.“ Dazu hat sie ein weiteres Triebwerk eingebaut. „Der Satellit muss pro Sekunde 7,5 Kilometer weit kommen,“ sagt Brieschenk. Bei diesem Tempo bleibt die Rakete mit ihrer Fracht auf einer Erdumlaufbahn. 

Elon Musks Unternehmen SpaceX hat sein neues Raumschiff zu einem Höhenflugtest geschickt. Musk-Biograph Eric Berger erzählt im Interview, was das Starship so bahnbrechend macht und warum SpaceX allen davonfliegt.
von Andreas Menn

Den Orbit will Rocket Factory Augsburg nicht nur möglichst preiswert erreichen – sondern auch besonders präzise und nach Kundenwunsch. „Der Launcher von SpaceX liefert 100 Satelliten an einer Position aus, und von dort müssen sie selbst weiter kommen“, sagt Spurmann. „Wie ein Bus, der alle Passagiere zur Haltestelle fährt, und jeder muss selbst sehen, wie er nach Hause kommt.“

Das soll mit dem Augsburger Microlauncher anders ablaufen, so Spurmann: „Wir liefern das Paket per Drohne direkt vor der Haustür ab.“ Diese Auslieferung auf der sozusagen letzten Meile erledigt die dritte Stufe der Rakete. Sie kann mehrfach zünden und jeden Satelliten auf seine eigene Bahn absetzen. 

In der Raumfahrt straft einen die Physik

Die Flugrichtung zu ändern , das ist im All normalerweise extrem aufwändig. „Das ist die Strafe der Physik in der Raumfahrt“, sagt Brieschenk, „wenn man in eine Richtung in den Orbit eingeschossen wird, kommt man kaum noch davon weg – es sei denn, man wendet sehr viel Energie auf.“ 

Die dritte Raketenstufe der Augsburger kann den Kurs immerhin noch um zehn Grad verändern. „Wir können mit ihr Satelliten an verschiedenen Positionen im Orbit aussetzen und unterschiedliche Höhen anfliegen“, sagt Spurmann. Bei anderen Raketen müssen die Betreiber ihre Satelliten mitunter selbst mit deren Triebwerken an die gewünschte Stelle manövrieren – was Wochen oder Monate dauern kann. 

Rainer Horn, Raumfahrtexperte der Beratung SpaceTec Partners in München, hält die Aussichten der deutschen Raumfahrtgründer für gut. „Der Markt für Satellitenkonstellationen wächst schnell“, sagt Horn, „die deutschen Raketen-Start-ups haben gute Chancen, hier mitzumischen.“ Wie gut sie sich im Preiswettkampf schlagen werden, müsse sich aber noch zeigen. „Das wird auch davon abhängen, wie gut sie ihre Raketen auslasten können.“

Der Bremer Konzern OHB, selbst Satellitenfertiger, hat seinem Start-up schon 25 Flugbuchungen versprochen. „Wir haben Anfragen für Starts im Wert von mehreren hundert Millionen Euro“, sagt Rocket-Factory-Gründer Spurmann. Aktuell werben die Raketenpioniere weiteres Wagniskapital an, weitere 25 Millionen Euro sollen in die Entwicklung der Rakete fließen.

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Dass der Raumfahrt-Boom ein jähes Ende nimmt, glaubt Spurmann nicht. Je billiger die Starts würden, desto zahlreicher  würden auch die Geschäftsideen. „Wenn das morgen so viel kostet wie ein Langstreckenflug“, sagt er, „werden viel mehr Menschen als heute Ideen entwickeln, was man mit der Technik machen kann.“ Der Frachtflieger ins All zumindest stünde dann jederzeit bereit. 

Mehr zum Thema: Die europäische Ariane-Rakete hat ein Problem: SpaceX aus den USA ist billiger. Weil Firmenchef Elon Musk massiv von der US-Regierung unterstützt werde, sagt Ariane-Deutschland-Chef Pierre Godart im WirtschaftsWoche-Podcast.

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