Starship-Landung: Elon Musk lässt Europas Weltraumambitionen alt aussehen

Die Starship-Rakete hebt am Donnerstag von Musks-Starbase in Boca Chica, Texas ab.
Foto: APBeim vierten Versuch hat es geklappt. Elon Musks Starship, die größte Rakete der Welt, mit der die Menschheit ab 2026 zum Mond zurückkehren soll, ist erstmals nach einem Flug ins All erfolgreich gelandet. Das Raumfahrtunternehmen des Milliardärs, SpaceX, zeigt damit, dass es der Konkurrenz nach wie vor weit voraus bleibt. Und das ausgerechnet in jenem Jahr, in dem sich gleich mehrere Wettbewerber aufstellen, um dem Platzhirsch Konkurrenz zu machen.
Erst am Dienstag hatte Boeing zum ersten Mal eine mit Astronauten besetzte Starliner-Raumkapsel zur Internationalen Raumstation gestartet – ganze vier Jahre, nachdem SpaceX schon das gleiche mit seiner Crew-Dragon-Kapsel gelungen war. Das Rendezvous der Boeing-Kapsel gelang am Donnerstag trotz des Ausfalls mehrerer Strahltriebwerke zur Lenkung. Schuld waren Lecks im Heliumantrieb.
In Französisch-Guyana soll am 9. Juli dann erstmals eine Ariane-6-Rakete starten. Die sollte ursprünglich im Jahr 2020 ihren Erstflug absolvieren. Ebenfalls im Juli will die German Offshore Spaceport Alliance (GOSA) erstmals kleinere Raketen, sogenannte Microlauncher, von einem Schiff aus in der Nordsee starten. Sie sollen künftig Kleinstsatelliten ins All bringen, die oft nicht größer sind als eine Schuhschachtel. Und im norwegischen Andøya will das Münchner Start-up Isar Aerospace wohl ebenfalls noch dieses Jahr erstmals seine Spectrum-Rakete abheben lassen. Auch dieses Vorhaben ist verspätet. Der Start war ursprünglich für 2022 geplant.
Zu teuer, zu spät, ohne Track-Record
Musks SpaceX ist ihnen allen enteilt. Dessen wiederverwendbare Falcon-9- und Falcon-Heavy-Raketen dominieren den Markt. Wer einen Satelliten oder gar Astronauten ins All schicken will, kommt an dem Milliardär zurzeit nicht vorbei. Zumindest wenn man auf Putins Sojus-Raketen verzichten will. Mit seinem hemdsärmeligen Ansatz war es Musk gelungen, zum Quasimonopolisten aufzusteigen.
Für die Konkurrenz wird es schwer, die niedrigen Preise, die Musk inzwischen durch Skaleneffekte und Wiederverwendbarkeit erreicht hat, zu unterbieten. Das dürfte vor allem für die europäische Ariane 6 von Airbus und Safran ein Problem werden. Bisher war die europäische Rakete Ariane 5 mit ihrer hohen Nutzlast besonders für den Launch sehr teurer und großer Satelliten noch die allererste Wahl. Denn sie galt als Rakete mit der makellosesten Sicherheitsbilanz.
Die Ariane 6 muss nun erstmal beweisen, dass dies auch für sie gilt. Und es gibt ein weiteres Problem: Airbus und Safran verwenden auf politischen Druck hin neben dem billigen Flüssigtreibstoff, den auch Musk nutzt, teure Feststoffbooster. Grund dafür ist das französische Atomwaffenprogramm, dass auf Feststofftechnik angewiesen ist. Denn das Konsortium baut auch die Ariane M51, eine ballistische U-Boot-Rakete mit Atomsprengköpfen. Durch die Feststoffbooster können diese unbegrenzt gelagert und dann auf Knopfdruck gestartet werden. Für Satellitenlaunches gilt die Technik dagegen nicht mehr als erste Wahl.
Laut SpaceX hat die Entwicklung der Falcon 9 v1.0 etwa 300 Millionen Dollar gekostet. Um sie wiederverwendbar zu machen, kam nochmal eine Milliarde Dollar drauf. Die Ariane 6 ist sehr viel teurer, ihre Entwicklungskosten liegen bei etwa vier Milliarden Euro (4,4 Milliarden Dollar).
SpaceX ist in Musks Firmenimperium aktuell das Unternehmen, das mit Abstand am makellosesten da steht. Für die neu aufkommende Konkurrenz wird es daher schwer, sich daneben zu positionieren. Selbst wenn Europa mit Subventionen versucht, den Rückstand nicht ganz so dramatisch erscheinen zu lassen. Die Wahrscheinlichkeit von wirtschaftlichen Flops ist mal wieder gestiegen. Auch Europa braucht deshalb endlich mehr Hemdsärmeligkeit in der Raumfahrt.
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