Transformation der Zulieferer Die sieben größten deutschen Zulieferer machen Tempo bei der Elektromobilität

Automobilzulieferer Eberspächer will schnell Geld mit der Elektromobilität verdienen. Quelle: PR

Automobilzulieferer sind seit Jahren damit beschäftigt, ihr Geschäftsmodell auf Elektromobilität umzustellen. Wo die sieben größten Zulieferer Deutschlands stehen – und wann die Branche mit der neuen Technik Geld verdienen muss.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Wie es bei Auto-Antrieben weitergeht, ist seit Anfang Juli zumindest in Europa klar: Das Verbrenner-Aus ist für 2035 terminiert, nur noch vollelektrische Autos dürfen dann neu zugelassen werden. Zwar dauert dieser Abschied von neuen Benzinern, Dieselfahrzeugen und Hybridautos in anderen Märkten noch länger – China will sie erst 2060 verbannen.

Dennoch: Autobauer werden ihr Portfolio bei Verbrenner- und Hybridmotoren in Europa um ein Drittel zwischen 2024 und 2028 zusammenstreichen, prognostiziert eine Analyse des Beratungshauses AlixPartners.

Seit Jahren ist die Neuausrichtung in Richtung Elektromobilität eines der Hauptthemen, wenn es um die Strategien der Automobilzulieferer geht. Laut dem „Statusbericht 2021“ der Branchenlobby VDA und der Beratung Deloitte investieren die befragten Unternehmen 15 Prozent ihres Gesamtumsatzes in das Geschäft mit Elektromobilität. Die meisten gaben dabei an, die Transformation bereits angestoßen zu haben.

Die 5 größten deutschen Zulieferer stemmen die Transformation
2021 hat Bosch eine Milliarde Euro Umsatz mit E-Mobilität erwirtschaftet. Quelle: imago images
ContinentalDer zweitgrößte deutsche Zulieferer mit Sitz in Hannover hat sein Antriebsgeschäft unter dem Namen Vitesco ausgegliedert. Darin bündelt Conti neben Technik für Verbrenner auch die für Elektromobilität. Geld verdient Vitesco mit den neuen Aufträgen allerdings noch nicht, sondern mit dem auslaufenden Verbrenner-Geschäft. Das Geschäft mit Elektrokomponenten ist hingegen defizitär. Vitesco hat seinen Hauptsitz in Regensburg. Continental selbst hat im Portfolio für E-Mobilität beispielsweise noch Thermomanagement für Akkus und Reichweite oder spezielle Bremssysteme. Nicht nur, aber auch wegen des Umstiegs auf die Elektromobilität, hat Continental bereits 2019 ein umfangreiches Sparprogramm aufgesetzt. Etwa 30.000 Jobs will der Zulieferer „verändern“, was zumeist heißt: er streicht sie. Das Unternehmen hat das Geschäftsjahr 2022 mit einem Nettoergebnis von 67 Millionen Euro abgeschlossen – im Vorjahr standen an dieser Stelle noch 1,4 Milliarden Euro. Quelle: imago images
Der drittgrößte Automobilzulieferer ZF sitzt in Friedrichshafen. Quelle: dpa
Der viertgrößte deutsche Zulieferer Mahle gehört zu den Sorgenkindern der Transformation. Quelle: imago images
Das fränkische Unternehmen Schaeffler ist der fünftgrößte deutsche Zulieferer Quelle: imago images

Der Wandel vom Verbrenner hin zu Elektromobilität verschlingt viel Geld. Bis sich die hohen Entwicklungsausgaben auszahlen, vergehen Jahre, warnen Experten. Das drückt die Profitabilität, die Stückzahlen der Teile, Komponenten oder Systeme sind anfangs gering.

„Es gibt grob gesagt zwei Strategien: Zulieferer ziehen sich aus dem Geschäft mit Verbrennungstechnik zurück und verkaufen es. Oder sie verändern ihr Produktportfolio“, erklärt Fabian Piontek, Autoexperte bei AlixPartners. Richtet sich ein Autozulieferer auf E-Mobilität aus, entstehen auch neue Jobs. „Wir sehen da auch Fortschritte bei der Umqualifizierung“, sagt Piontek weiter.

Jobs entstehen gerade in den neuen Batterieentwicklungszentren und den Zellfabriken für E-Autos. In Salzgitter zieht Volkswagen gerade ein Werk hoch, Porsche hat sich für Tübingen als Standort entschieden. Dadurch entstehen auch neue Arbeitsplätze bei ihren Zulieferern.

2028 müssen die Automobilzulieferer mit Elektromobilität Geld verdienen

Autoexperte Fabian Piontek analysiert für das Beratungshaus AlixPartners regelmäßig die Bilanzen der 50 weltweit größten Automobilzulieferer. Den Kipppunkt, wenn Zulieferer beim Antrieb mehr Geld mit Technik für Verbrenner als für Elektromobilität verdienen, erwartet er für 2028. „Die Verbrennertechnik ist dann abgeschrieben, die Investitionen sollten sich zu diesem Zeitpunkt refinanzieren.“

Im vergangenen Jahr stieg die Ebitda-Marge der Autobauer auf über 12 Prozent, die der Zulieferer nur auf gut 10 Prozent, zeigt die jüngste Auswertung der Branchenexperten. Den Zulieferern machten die Preiserhöhungen für Rohmaterial zu schaffen. Die für Verbrenner hätten sich seit 2020 verdoppelt, für rein batterieelektrische Fahrzeuge verdreifacht.



Wie umfassend die E-Mobilität einen etablierten Großzulieferer verändert, zeigt sich am Beispiel des Esslinger Unternehmens Eberspächer. Der Konzern ist Deutschlands siebtgrößter Zulieferer und beschäftigt weltweit 10.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Kerngeschäft bislang: Abgastechnik. Um den Gesamtkonzern unabhängiger vom Auspuff-Image zu machen, hat das Unternehmen seinen Geschäftskern unter der Marke Purem by Eberspächer ausgegliedert. In der Sparte entwickelt Eberspächer weiter Produkte für Verbrenner, die die kommenden Emissionsnormen erfüllen sollen.

Eberspächer verdiente 2020 noch 90 Prozent seines Umsatzes von etwa fünf Milliarden Euro mit Produkten für den Verbrennungsmotor. „Die Transformation unserer Branche beschleunigt sich weiter“, sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung, Martin Peters, bei der Vorstellung seiner Quartalszahlen vergangene Woche. Eberspächer will jetzt schnell ein Stück vom Kuchen des wachsenden E-Mobilitätsmarkts: Bis 2025 werde sein Unternehmen rund 47 Prozent des Nettoumsatzes mit Produkten unabhängig vom Verbrenner erzielen. Aktuell seien es gut 30 Prozent. Eberspächer hat mittlerweile sogar einen eigenen Posten für einen Transformationschef geschaffen. Die Auftragslage bestätige den Kurs.

Zulieferer sparen „noch nicht in dem Maß, wie es notwendig wäre“

Deutschlands große Zulieferer haben in den vergangenen Jahren umfangreiche Spar- und Umbaupläne aufgesetzt: Sie verlagern Fertigungen, bauen Jobs ab, wollen die Effizienz steigern. Zeigen die schon Wirkung? „Noch nicht in dem Maß, wie es notwendig wäre“, erklärt Piontek. Die Krisen – Corona, Lieferengpässe, Preissprünge bei Rohmaterialien – seien teurer als das, was durch Effizienz und Sparen erzielt werden könne. Er erwartet, dass die Unternehmen ihre Sparpläne weiter nachschärfen werden.

Bei den kleinen und mittelständischen Zulieferern ist die Lage eine deutlich schwierigere. „Die Schulden sind nach wie vor ein großes Problem. Die Unternehmen müssen sich dringend professionalisieren, um am Markt bestehen zu können“, sagt Piontek.

Lesen Sie auch: „Ein toxisches Gemisch für Autozulieferer“

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%