Es war ein Erfolg, der so eigentlich nicht geplant war. 1999 kaufte der französische Autokonzern Renault alle Anteile des rumänischen Herstellers Dacia. Ziel des Zusammenschlusses war es, unter der Marke preiswerte Autos für die wachsenden Märkte in Osteuropa zu bauen. Ohne Klimaanlage, Servolenkung und anderen High-Tech-Schnickschnack. Ein wenig sollten die neuen Dacias so sein, wie westeuropäische Autos vor 40 Jahren waren: robust, praktisch, zuverlässig. Mehr nicht. 2004 kam der Dacia Logan auf den Markt, das erste Produkt der neuen Zusammenarbeit.
Das 5.000-Dollar-Auto, wie der Wagen damals genannt wurde, war vom Start weg ein Erfolg. Aber nicht nur in Rumänien, Ungarn oder Russland. Die Renault-Konzernstrategen stellten verblüfft fest, dass der Logan plötzlich auch bei Händlern in Paris, Amsterdam und Berlin auftauchte. Die hatten sich den Logan als Grauimport auf verschlungenen Wegen im Osten besorgt. Der damalige Renault-Chef Louis Schweitzer, der zum Schutz von Renault einen Verkauf von Dacia im Westen blockiert hatte, musste einlenken: 2005 brachte der Konzern die Billigmarke auch in Deutschland in die Läden.
Die Krise der Autobauer
Der Erfolg hält bis heute an. Ganz neue Zahlen zeigen, dass in den ersten neun Monaten 2012 in Deutschland zwölf Prozent mehr Dacias zugelassen wurden als zur gleichen Zeit im Vorjahr. Und das in einem Markt, der infolge der Euro- und Schuldenkrise in schweren Turbulenzen steckt: PSA Peugeot-Citroën, Fiat und Opel kämpfen ums Überleben. Selbst der Riese Ford muss Autofabriken schließen. Sie alle haben zu lange zu teure Allerweltsautos produziert.
In dieser Krise fällt der Blick auf den Dacia Logan, dem ersten Vertreter einer neuen Fahrzeuggeneration: Nach seinem Vorbild konzipieren nun fast alle Autohersteller neue Billigautos. Experten rechnen damit, dass diese in den nächsten fünf Jahren sowohl Asien und Lateinamerika – aber auch Europa überschwemmen werden.
Doch der neue Billigboom wird wahrscheinlich weitgehend ohne die Arbeiter in deutschen Autowerken stattfinden. Sie sind rund neun Mal teurer als etwa ihre rumänischen Kollegen und passen damit nicht in die Kalkulationen der neuen Fahrzeugklasse.
So rechnen Hersteller in aller Welt. Renault will seinen Dacia-Erfolg mit der Kultmarke Lada in Russland wiederholen: 2013 kommt die Stufenhecklimousine Granta heraus. In Japan wiederum wird Renault-Partner Nissan die Marke Datsun wiederbeleben, um unter diesem Label Billigautos anzubieten. Daneben setzen auch Toyota, Honda, Kia, Hyundai, Suzuki und die General-Motors-Tochter Chevrolet auf das Low-Budget-Segment.
Selbst Volkswagen – dessen Käfer mit einem geplanten Verkaufspreis von unter 1.000 (Reichs-)Mark einst als Preisbrecher konzipiert war – bewegt sich: Nach dem Scheitern der Beteiligung an Suzuki arbeitet in Wolfsburg ein Team um Ex-Opel-Chef Hans Demant an einem neuen Wagen, der billiger werden soll als der knapp 10.000 Euro teure Volkswagen up.