Es ist nicht einfach, bei diesem Wagen Haltung zu bewahren: Wer den flachen Sportwagen mit den schicken Flügeltüren besteigen will, muss den Kopf tief einziehen und sich dann mit angewinkelten Knien über eine baumdicke Türkante auf den Fahrersitz fädeln. Lohn der Übung: BMWs neuer Supersportler i8 sieht nicht nur schnell aus, er ist es auch. Dank 362 PS Antriebsleistung beschleunigt er standesgemäß in nur 4,4 Sekunden von null auf Tempo 100.
Dabei ist der i8 alles andere als ein gewöhnlicher Sportwagen, denn für den Schub sorgt nicht nur ein Duo aus einem Verbrennungs- und einem Elektromotor. Dank der Batterie, die sich an der Steckdose aufladen lässt, kommt er auch rein elektrisch bis zu 37 Kilometer weit. BMW preist den Plug-in-Hybrid als leicht und extrem sparsam: Die Fahrgastzelle besteht aus teurem Carbon, die Karosserie aus Kunststoff und das Fahrgestell aus Aluminium.
2,1 Liter Benzin auf 100 Kilometer Fahrstrecke
„Der i8 ist das revolutionärste Auto, das wir je gebaut haben“, verkündet BMW-Entwicklungsvorstand Herbert Diess. Der Grund für seinen Stolz ist klar: Nach dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) verbraucht sein Steckdosenhybrid im Schnitt gerade einmal 2,1 Liter Benzin auf 100 Kilometer Fahrstrecke. Ein sensationeller Wert für einen Sportwagen. Gleichstarke Modelle des Porsche 911 verbrauchen fast fünfmal so viel.
So weit die Norm. Was aber heißt das im Alltag? Bei ersten Testfahrten kam der i8 auf reale Verbräuche um die sieben Liter. Die Erklärung: Der BMW profitiert wie alle Plug-in-Hybride von einer komplexen Regel zur Verbrauchsmessung. Denn obwohl sie auch Benzinmotoren besitzen, gelten Autos mit einer elektrischen Reichweite von 50 Kilometern und mehr als E-Mobile.
Verbrauchswerte von Hybridautos
Motor: Drei-Zylinder-Benziner + Elektromotor
Leistung: 231 PS Benzinmotor + 131 PS Elektro
Fahrleistungen: 0–100 km/h in 4,4 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
Verbrauch: 2,1 Liter Super/100 km nach ECE-Norm CO2-Ausstoß: 49 Gramm pro km
Gewicht: 1485 Kilogramm
Verkaufspreis: Basispreis: 126.000 Euro
Leistung: 416 PS (Elektro und Benzin)
Fahrleistungen: elektrische Reichweite 30 km, 270 km/h
Normverbrauch: 3,1 Liter pro 100 km
Preis: ab 110.409 Euro
Leistung: 280 PS (Elektro und Diesel)
Fahrleistungen: elektrische Reichweite 50 km, 230 km/h
Normverbrauch: 1,8 Liter pro 100 km
Preis: ab 58.710 Euro
Leistung: 203 PS (Elektro und Benzin)
Fahrleistungen: elektrische Reichweite 50 Kilometer, 170 km/h
Normverbrauch: 1,9 Liter pro 100 km
Preis: ab 39.990 Euro
Leistung: 204 PS (Elektro und Benzin)
Fahrleistungen: elektrische Reichweite 50 km, 222 km/h
Verbrauch: 1,5 Liter pro 100 Kilometer
Preis: ab etwa 37.000 Euro
Strafzahlungen drohen
Das nutzen die Hersteller aus, um die durchschnittlichen CO2-Emissionen ihrer Fahrzeuge zu drücken. „Wir stellen den Flottenverbrauch über die elektrische Reichweite ein“, sagt Wolfgang Ziebart. Der frühere BMW-Vorstand ist heute Technikchef von Jaguar Land Rover. Der Kniff hilft, millionenschwere Strafzahlungen zu verhindern, die fällig werden, wenn die Verbräuche der angebotenen Fahrzeuge bestimmte EU-Grenzwerte überschreiten.
Die Autoindustrie macht sich dabei den etwa 20-minütigen Fahrzyklus des NEFZ zugute, den jedes neue Auto für die Typzulassung auf einem Rollenprüfstand absolvieren muss. Laut Vorgabe wird dieser zunächst im Elektrobetrieb absolviert und der Ausstoß an Kohlendioxid (CO2) dabei mit null festgelegt. Dann folgt eine weitere Fahrt unter gleichen Bedingungen mit Verbrennungsmotor. Der dabei gemessene CO2-Wert wird mit dem Null-Ausstoß der Elektrofahrt verrechnet: Bei einer Elektroreichweite von 25 Kilometern bringt das eine Halbierung des Abgas-Messwerts, bei 50 Kilometer Reichweite sogar eine Reduktion um zwei Drittel.
Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), nennt das „ärgerliche Verbrauchertäuschung“. Der Testzyklus liefere „willkürliche Werte“, die im Alltag kaum wiederholbar seien.
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Der Verband der Automobilindustrie (VDA) sieht das naturgemäß anders. Dessen Geschäftsführer Ulrich Eichhorn verweist darauf, dass „der NEFZ gesetzlich vorgeschrieben ist und die Fahrzeuge vergleichbar macht“. Zudem gäben die Hersteller in den technischen Daten der Fahrzeuge zusätzlich zu den Verbrauchswerten den Stromverbrauch und die elektrische Reichweite an. Doch geworben wird praktisch nur mit den Fabelwerten.
Damit drohen die eigentlich pfiffig gemachten Plug-in-Hybride in Misskredit zu geraten. Auf Kurz- und Pendelstrecken fahren sie rein elektrisch; ist die Batterie leer oder fordert der Fahrer viel Leistung an, springt der Benzinmotor an. Die Urangst aller Fahrer eines E-Autos, nachts im Wald mit leerem Akku stehen zu bleiben, erledigt sich damit. Der Versuch, das Beste aus zwei Welten zu vereinen, hat aber seinen Preis: Das Fahrzeug schleppt das Gewicht zweier Motoren plus Batterie mit sich herum, der E-Antrieb treibt die Kosten.