Wo die Reise hingehen kann, zeigt ein Beispiel: Seit Januar 2013 ist eine neue Kfz-Police der Düsseldorfer Sparkassen-Direktversicherung mit Telematik-Option auf dem Markt. Der Kunde muss sein Auto mit einer Telematik-Box ausstatten, die überwacht, ob er eher vorsichtig oder aggressiv fährt. Sie registriert überhöhte Geschwindigkeit, hastiges Bremsen und Beschleunigen, Nacht- und Stadtfahrten. Verhält der Fahrer sich vorbildlich, sinkt sein Versicherungsbeitrag um bis zu fünf Prozent. Der Versicherer bekommt nur eine abstrakte Punktzahl übermittelt, die den Fahrstil benotet.
Trotz der Anonymisierung sieht Michael Brenner, Rechtsprofessor an der Jenaer Universität, in dieser Entwicklung einen klaren Trend in Richtung „entmündigter und gläserner Autofahrer“. „Die Datensammlung geschieht in einer riesigen Grauzone“, kritisiert Brenner. Wem etwa gehören die Daten aus dem Auto? Sie sind Eigentum des Fahrers, wenn sie sich ihm eindeutig zuordnen lassen. Doch das ist bei Messwerten, die zum Beispiel das Steuergerät des Elektronischen Stabilitäts-Programms speichert, oft nicht möglich.
Und spätestens wenn ein Unfall passiert und die Polizei die Personalien des Fahrer aufnimmt, wird es zusätzlich brisant. „Sobald sich Daten einem einzelnen Fahrer zuordnen lassen, dürfen sie nach dem Bundesdatenschutzgesetz nur noch in Ausnahmefällen verwendet werden“, sagt Brenner. Sonst könnte etwa bei einem Unfall das eigene Fahrzeug den Autofahrer verraten. Das würde einen wesentlichen Grundsatz des deutschen Rechts verletzen: Niemand muss sich selbst belasten.
Daniela Mielchen, Hamburger Verkehrs-Rechtsanwältin, die sich für den Deutschen Anwaltverein um das Thema vernetztes Fahren kümmert, fordert „einheitliche Regelungen darüber, welche Daten erhoben werden, wie lange sie gespeichert und an wen sie weitergeleitet werden“.
Umso mehr als die Datensammelwut schnell zu schwierigen moralischen und rechtlichen Fragen führt: Die Infos aus dem Fahrzeug könnten etwa entlarven, wer an Zebrastreifen oder Fußgängerampeln häufig aggressiv fährt. Rein statistisch betrachtet, könnte man dem Fahrer unterstellen, dass er dort mit hoher Wahrscheinlichkeit demnächst einen schweren Unfall verursacht. Soll die Polizei dem Fahrer in so einem Fall zum Schutz von Kindern die Fahrerlaubnis entziehen, ihn vorsorglich zur medizinisch-psychologischen Untersuchung schicken?
Der Albtraum des Science-Fiction-Thrillers „Minority Report“ aus Hollywood würde im Auto Wirklichkeit: Jemand wird bestraft, ohne dass er sich etwas hat zuschulden kommen lassen.