Balkonkraftwerke Ansturm auf Balkonkraftwerke: Ist es klug, sie im Winter zu kaufen?

Die Nachfrage nach Solarmodulen für den Balkon ist zuletzt stark gestiegen. Quelle: dpa

In der Energiekrise steigt die Nachfrage nach Balkon-Solaranlagen. Sollten Mieter sie im Winter kaufen, um lange Wartezeiten zu vermeiden? Und wann lohnt sich eine Solaranlage auf dem Balkon überhaupt?

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Im Winter die Solaranlage für den eigenen Balkon kaufen? Was kurios klingt, könnte in der aktuellen Energiekrise eine kluge Entscheidung sein. Angesichts hoher Energiepreise und der weit verbreiteten Angst vor Blackouts bereiten sich Deutschlands Unternehmen längst auf den Ernstfall vor. Der Wunsch nach Autarkie wächst. Privathaushalte fragten zuletzt Solaranlagen für den Balkon, sogenannte Balkonkraftwerke, deutlich mehr nach – was teils zu sehr langen Wartezeiten führte.

Balkonkraftwerke sind eine Option für die vielen Deutschen, die zur Miete wohnen und daher keine Solaranlagen auf ihr eigenes Dach stellen können. Zwar erzeugen sie deutlich weniger Energie als eine Solaranlage auf dem Dach. Den erzeugten Strom können Mieterinnen und Mieter aber direkt vom Balkonkraftwerk abzapfen. Denn ein Wechselrichter in der Anlage wandelt die Energie von Gleich- in Wechselstrom um.

So können heimische Geräte direkt an einen Stecker des Balkonkraftwerks angeschlossen werden. Die Anlagen werden daher auch Stecker-Solargeräte genannt.

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Im Sommer klagten viele Verbraucher allerdings über Verzögerungen bei der Lieferung ihrer Balkonkraftwerke. Sollten sich Interessierte daher bereits jetzt im Winter ein Balkonkraftwerk bestellen, damit sie dann ab dem Frühjahr ihren eigenen Strom erzeugen können? Wie viel kostet eine Solaranlage für den Balkon? Und ab wann lohnt sich ein solches Balkonkraftwerk?

Alle wichtigen Fragen und Antworten zum Thema Balkonkraftwerke im Überblick:

Wie viele Solaranlagen auf Balkonen gibt es in Deutschland aktuell?

In Deutschland waren Ende 2021 etwa 190.000 Balkonkraftwerke installiert. Dies ist das Ergebnis einer Studie der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW). Die Studie verzeichnet zwischen 2020 und 2021 eine Verdopplung der Nachfrage. Aktuelle Zahlen gibt es nicht, Hersteller meldeten aber bis zum Sommer eine hohe Nachfrage. Die Zahl der installierten Solaranlagen auf deutschen Balkonen dürfte also weiter steigen.

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Das Bundeswirtschaftsministerium schätzt die kumulierte Leistung der Balkonkraftwerke auf 120 Megawatt. Das entspricht etwa der Nennleistung von zwanzig neuen Windrädern. Zum Vergleich: Allein im ersten Halbjahr 2022 wurden 3,5 Gigawatt an Photovoltaik-Anlagen zugebaut. Der Bundesverband Solarwirtschaft schreibt, aufgrund der „derzeit noch überschaubaren Verbreitung“ von Balkon-Solaranlagen liege ihr Anteil an der gesamten Stromerzeugung in Deutschland aktuell noch „im Promillebereich“.

Wartezeiten: Wie lange dauert es, bis die bestellte Solaranlage beim Käufer ankommt?

Aufgrund von Lieferkettenproblemen und der stark gestiegenen Nachfrage meldeten viele Hersteller von Balkonkraftwerken im Sommer Verzögerungen bei den Lieferungen um mehrere Wochen. Bei der Verbraucherzentrale heißt es, Kunden sollten sich auf mehrere Wochen Verzögerung einstellen: Martin Brandis, Experte der Energieberatung der Verbraucherzentrale berichtet, er habe selbst zwölf Wochen auf ein Angebot warten müssen. Das Wirtschaftsministerium schrieb im Sommer von Lieferzeiten von mindestens sechs Monaten.

Sollten Interessierte daher schon im Winter ihre Solaranlage kaufen, damit sie ab dem Frühling den eigens erzeugten Strom nutzen können? Dafür spricht, dass aufgrund der geringeren Nachfrage die Wartezeiten aktuell etwas geringer ausfallen dürften als vor einem halben Jahr. Andererseits gibt Energieberater Brandis zu bedenken, dass die meisten Verbraucher ihr Balkonkraftwerk selbst montierten. Sie müssten selbst entscheiden, ob sie das auch bei Regen, Schnee und Kälte tun wollen. Viele warteten lieber auf etwas wärmere Monate, um ihre Anlage zu installieren, meint Brandis.

Wie viel kosten Solaranlagen für den Balkon?

Die Kosten für Balkonkraftwerke variieren je nach Leistung und Hersteller. Günstige Modelle beginnen bei 300 Euro, größere Anlagen mit 600 Watt Leistung können bei etwas mehr als 1000 Euro liegen. Allerdings ist dies nur der Preis der Anlage inklusive Halterung für die Balkonbrüstung.

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Wer die Anlage nicht selbst installiert, muss noch die Kosten für die Installation addieren. Und ohnehin fallen weitere Kosten an, wenn man die installierte Solaranlage ordnungsgemäß nutzen möchte (siehe „Was müssen Mieter bei der Installation von Solaranlagen beachten?“).

Wie viel Strom lässt sich mit dem Balkonkraftwerk erzeugen und somit einsparen?

Wie viel Strom die eigene Solaranlage auf dem Balkon erzeugen kann, hängt von vielen Faktoren ab. Ein nach Norden ausgerichteter Balkon verfügt natürlicherweise über deutlich weniger Sonneneinstrahlung als ein Südbalkon. Weitere Einschränkungen bei der verfügbaren Solarenergie können Bäume oder Nachbarhäuser sein, die zu bestimmten Tageszeiten Schatten auf den Balkon werfen.

Ebenso wichtig ist die Neigung der Solarmodule. Ein Balkonkraftwerk, das senkrecht an der Balkonbrüstung angebracht ist, ist logischerweise nicht besonders effizient, da es über weniger direkte Sonneneinstrahlung verfügt. Deutlich mehr Solarenergie können Module erzeugen, die schräg montiert sind.

Wer eine Vorstellung davon haben will, wie viel Strom und Geld mit einem Balkonkraftwerk gespart werden könnten, kann den „Stecker-Solar-Simulator“ der HTW Berlin nutzen. Als konservative Schätzung gilt für eine 300 Watt-Anlage eine Stromerzeugung von 200 Kilowattstunden pro Jahr – so viel Strom verbrauchen durchschnittliche Waschmaschinen.

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Lohnt sich der Kauf eines Balkonkraftwerks?

Mit einer kleinen Solaranlage auf dem Balkon lassen sich jährlich nach aktuellen Strompreisen bis zu 100 Euro einsparen. Je nachdem, welche politischen Maßnahmen wie die Strompreisbremse angesichts der hohen Energiepreise beschlossen werden, kann diese Summe variieren. Fest steht jedenfalls, dass Mieter den Kaufpreis eines Balkonkraftwerks erst nach mehreren Jahren durch Einsparungen wieder ausgleichen können. Das Bundeswirtschaftsministerium schreibt, angesichts der derzeitigen Energiepreise rechneten sich die Anlagen sehr gut.

„Reich wird damit keiner“, sagt Energieexperte Martin Brandis. Balkonkraftwerke seien „kein Modell, um in kurzer Zeit das Geld wieder reinzuholen“. Aber: „Bei steigenden Strompreisen sind sie im Moment für viele Haushalte sehr attraktiv.“ Angesichts der hohen Volatilität auf dem Energiemarkt und zudem vermehrter Debatten über mögliche Blackouts könnten sich Balkonkraftwerke also auch als eigene Energiequellen lohnen, unabhängig von der finanziellen Entscheidung. Zudem sind sie eine Maßnahme zum Klimaschutz.

Was müssen Mieter bei der Installation von Solaranlagen beachten?

Der Bundesverband Solarwirtschaft weist darauf hin, dass Stecker-Solargeräte sowohl beim Netzbetreiber als auch beim Marktstammdatenregister angemeldet werden müssen. Allerdings kritisiert der Verband „den derzeitigen bürokratischen Aufwand bei der Anmeldung“ als „unverhältnismäßig“. Der Verband fordert eine Bagatellregelung für solche kleinen Anlagen.

Außerdem müssen Mieter ihre Balkonkraftwerke zusätzlich technisch ausstatten: „Die Netzbetreiber verlangen eine Einspeisesteckdose, die von einem Fachunternehmen angebracht werden muss“, sagt Martin Brandis. Das könne einen dreistelligen Betrag kosten. Bei einem Balkonkraftwerk mit einigen hundert Kilowattstunden pro Jahr „ist die Wirtschaftlichkeit damit schon gefährdet“, so Brandis. Auch er fordert, bürokratische Hürden abzubauen: „Der offizielle Weg zur Installation eines Balkonkraftwerks sollte leichter werden.“

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Oftmals nähmen Verbraucher Abstand von dem Vorhaben, ein Balkonkraftwerk zu kaufen, weil die Installation mit zu vielen Bedingungen verbunden sei. Und viele Verbraucher nutzten ihre Balkonkraftwerke heimlich, ohne den offiziellen Weg zu bestreiten und ihre Anlage beim Netzbetreiber anzumelden. Das empfehle die Verbraucherzentrale aber explizit nicht, mahnt Brandis.

Können Mieter selbst entscheiden, ob sie eine Solaranlage auf ihrem Balkon installieren?

Nein. „Mieter sollten das Einverständnis des Eigentümers einholen“, rät Energieberater Brandis. Das sei zum Beispiel notwendig, wenn das Gerät an der Fassade oder der Brüstung des Balkons montiert werde – was auf die meisten Balkonkraftwerke zutrifft. Auch sollte mit dem Eigentümer besprochen werden, falls Änderungen an der Elektroinstallation vorgenommen werden.

Vermieter können die Balkonkraftwerke aber nicht grundlos verbieten. Auf die Balkon-Solaranlage hätten Mieter „regelmäßig einen Anspruch, wenn der Anbau nicht in die Bausubstanz eingreift“, heißt es dazu vom Berliner Rechtsanwalt Uwe Bottermann. Komplizierter sei die Situation für Wohnungseigentümer. Er empfehle Eigentümern in einer Hausgemeinschaft, „vor dem Anbau die Zustimmung der übrigen Eigentümer einzuholen“, schreibt der Anwalt. Nach der bisherigen Rechtsprechung bestehe kein Anspruch auf eine Zustimmung der Eigentümer-Gemeinschaft.

Welche Rolle spielen Balkonkraftwerke bei der Energiewende?

Bezogen auf die Menge des produzierten Stroms werden Balkon-Solaranlagen kein Treiber der Energiewende in Deutschland sein. Allerdings hebt der Bundesverband der Solarwirtschaft hervor, der Vorteil der Anlagen bestehe darin, dass der Solarstrom dort produziert wird, wo er verbraucht wird. Außerdem steige durch Balkonkraftwerke „die Akzeptanz der Energiewende“. Martin Brandis von der Verbraucherzentrale sagt sogar: „Wenn ein erheblicher Teil der Mietwohnungen damit ausgestattet wird, kann das in der Summe viel ausmachen.“

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