
Wirtschaft von oben #337 – SpaceX in Texas: Wie geht es jetzt weiter mit Musks Megaraumschiff Starship?
Mitte Juni, abends um elf, gibt es im texanischen Brownsville einen Rumms, dass die Fensterscheiben rappeln. Die Ursache liegt 20 Kilometer entfernt – auf dem Gelände von Elon Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX: Dort ist das Starship, Musks unfertige Riesenrakete, bei einer Testzündung explodiert. Ein gigantischer Feuerball erleuchtet den Himmel.
Es ist der spektakuläre Höhepunkt einer ganzen Reihe von Misserfolgen, die Musks Starship-Programm zuletzt durchstehen musste. Schon drei Mal hat es das Starship in den vergangenen Monaten bei Testflügen zerfetzt, Teile der Rakete regneten auf Inseln in der Karibik herab. Nun ist ein Prototyp schon auf dem Teststand auseinandergeflogen. Ursache laut SpaceX diesmal: ein fehlerhafter Tank.
Die jüngste Explosion kostet das Unternehmen nicht nur ein Exemplar seiner Riesenrakete, das für einen Testflug eingeplant war. Sie hat auch beträchtlichen Schaden auf dem Teststand hinterlassen, wie Satellitenbilder zeigen. Verdampfer, Methanpumpen, Leitungen – ein gehöriger Teil der Anlagen, die das Raumschiff betanken und startklar machen, sind zerstört.
Bilder: LiveEO/Google Earth, LiveEO/Google Earth/Airbus, LiveEO/Maxar, LiveEO/Pleiades
Das wohl ambitionierteste Raumfahrtprogramm der Welt steckt damit in großen Schwierigkeiten. Das Starship soll die mächtigste Rakete aller Zeiten werden, bis zu 150 Meter hoch und neun Meter breit, und bis zu 250 Tonnen Fracht in einen niedrigen Erdorbit hieven. Beide Stufen der Rakete sollen wiederverwendbar sein – und nach dem Flug ins All wieder auf der Erde landen.
Bisher ist es SpaceX aber nicht gelungen, das Gesamtsystem aus beiden Stufen in eine Erdumlaufbahn zu schießen. Beim neunten Testflug im Mai zerbrach das Schiff über dem Indischen Ozean. Die Rakete, die zum zehnten Testflug antreten sollte, ging nun bei der Explosion auf dem Teststand verloren.
Nun steht das SpaceX-Team unter erheblichem Druck. Denn die neue Riesenrakete soll nicht nur Starlink-Satelliten von SpaceX in den Orbit bringen und Musks hochtrabende Pläne für eine Besiedlung des Mars ermöglichen. Sie ist auch ein wichtiger Teil des Mondprogramms der Nasa, soll sie doch 2027 US-Astronauten sicher auf dem Mond absetzen.
Für das Starship-Programm hat SpaceX im Süden von Texas in den vergangenen Jahren eine beträchtliche Infrastruktur aufgebaut. In der Nähe von Boca Chica an der Küste des Golfs von Mexiko ist dafür die „Starbase“ entstanden – ein Komplex aus Raketenfabrik, Weltraumbahnhof und Testanlagen, der im Mai sogar den offiziellen Status einer Gemeinde mit eigenem Bürgermeister erhalten hat.
Bilder: LiveEO/Google Earth, LiveEO/Google Earth/Airbus, LiveEO/Maxar, LiveEO/Pleiades
Wo vor nicht langer Zeit Ingenieure in Zelten an Starship-Prototypen werkelten, ist nun die „Starfactory“ entstanden: Eine etwa 93.000 Quadratmeter großes Gebäude mit einer Produktionsfläche und Büros auf fünf Etagen. Hier sollen die Raumschiffe gebaut und gewartet werden.
Aktuell reißen Bauarbeiter mehrere bestehende Gebäude auf dem Gelände ab, um einer weiteren neuen Einrichtung Platz zu schaffen: GigaBay, einem 116 Meter hohen Gebäude, in das man 1,3 Mal das New Yorker Empire State Building hineinbekommen würde, würde man es in Teile zerlegen.
Zerlegen sollen die Ingenieure hier ab Ende 2026 aber nichts, im Gegenteil: Sie sollen die Starships zusammenbauen, sodass sie bereit zum Transport an die Startrampe sind. Dort, am Launchpad A, hob das Starship bisher zu Testflügen ab.
Seit Mai 2024 ist nebenan ein zweiter Startturm in Arbeit, Pad B. Dessen Plattform soll beim Start mit gigantischen Mengen Wasser gekühlt werden. Das soll Beschädigungen vermeiden und damit Reparaturarbeiten unnötig machen, die den nächsten Raketenstart verzögern könnten.
In den vergangenen Jahren hinzugekommen ist auch das Testgelände, auf dem es nun zur Explosion gekommen ist. Es dürfte für Monate nicht nutzbar sein, sodass SpaceX erst einmal keine Möglichkeit hat, die Triebwerke des Starships vor dem Start zu testen, ohne abzuheben. Diese statischen Feuertests gelten als übliches Prozedere, um schwere Fehler beim Start und Flug zu vermeiden.
Um das Starship-Programm trotzdem voranzutreiben, hat SpaceX offenbar beschlossen, zu improvisieren. Wie das Raumfahrt-Webmagazin Nasa Spaceflight berichtet, könnte SpaceX mit einigen Umbauten die statischen Feuertests übergangsweise direkt am Startplatz A vornehmen. Ob damit allerdings 25 Testflüge dieses Jahr machbar sind, wie SpaceX sie bei Behörden beantragt, steht in Zweifel.
Elon Musk will sich von den Rückschlägen offenbar nicht bremsen lassen: Der SpaceX-Gründer kündigte Mitte Juli an, der zehnte Testflug werde in drei Wochen stattfinden, also etwa in der ersten oder zweiten Augustwoche. Wenn das Starship dann schon wieder nicht erfolgreich ins All fliegt, muss Musk seine Pläne für Mond und Mars wohl oder übel weiter in die Zukunft verschieben.
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Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.













