Wirtschaft von oben #144 – Russland und China Neue Pipeline, neue Brücken – hier bandelt Russland mit China an

Russland und China rücken angesichts wachsender Spannungen mit dem Westen zusammen. 2020 wurde die erste Autobahnbrücke zwischen beiden Ländern fertig gestellt. Sie verbindet Blagoweschtschensk in der russischen Oblast Amur und Heihe in der chinesischen Provinz Heilongjiang. Quelle: LiveEO/ESA

Die Kluft zwischen Europa und Russland weitet sich. Zu China dagegen stärkt Moskau seit einiger Zeit seine Beziehungen – vor allem die wirtschaftlichen. Das zeigen aktuelle Satellitenbilder deutlich. Wirtschaft von oben ist eine Kooperation mit LiveEO.

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Während die Beziehungen zwischen Russland und der EU durch die aktuelle Ukrainekrise eisiger werden, rücken Russland und China zurzeit enger zusammen. Und das nicht nur bei ihrer ablehnenden Haltung zu einer Nato-Erweiterung, sondern auch auf einem riesigen Stück Grenzregion östlich der Mongolei. Satellitenaufnahmen von LiveEO zeigen, wie seit einiger Zeit zwischen den beiden Ländern neue Brücken gebaut, Grenzübergänge erweitert und Erdgaspipelines gezogen werden.

Nahe der russischen Stadt Blagoweschtschensk und der chinesischen Millionenmetropole Heihe beispielsweise wurde 2020 die erste Autobahnbrücke fertig gestellt, die beide Länder verbindet. Das zeigen die Aufnahmen. Zuvor gab es keine Verbindung über den Amur-Fluss zwischen den zwei so eng beieinander liegenden Städten.

Laut „The Moscow Times“ hatten Russland und China erst 2016 den Vertrag zum Bau der Brücke unterschrieben.


Russland erhofft sich von dem Bauwerk einen wirtschaftlichen Aufschwung für diese bislang eher dünn besiedelte Region im Osten. Wenige Kilometer westlich sind auf den Satellitenbildern zudem neue Installationen an beiden Ufern des Flusses zu erkennen, die zur Pipeline „Kraft Sibiriens“ gehören. Der russische Gasmonopolist Gazprom baut diese hier gerade auf.

Die Pipeline soll unter anderem am Baikalsee gefördertes Gas billig über die Grenze nach China bringen. Zwar liefert Russland schon heute Gas in die Volksrepublik, allerdings in verflüssigter Form per LNG-Frachtschiff, was deutlich teurer ist.


Nachdem Russland 2014 die Halbinsel Krim annektiert hatte und der Bürgerkrieg im Osten der Ukraine ausbrach, belegte die Europäische Union das Land mit Sanktionen, die bis heute gelten. Seither arbeitet Russland daran, die wirtschaftlichen Beziehungen zu China zu stärken. Vor wenigen Tagen erst schlossen beide Länder einen 30 Jahre laufenden Vertrag über Gaslieferungen aus Russland.

Bei Nischneleninskoje, einem Dorf 500 Kilometer östlich von Blagoweschtschensk, wurde Mitte vergangenen Jahres die erste Eisenbahnbrücke zwischen beiden Staaten eröffnet. Auf russischer Seite des Amur-Flusses entsteht zudem ein großer Umladebahnhof, wie die Satellitenbilder zeigen. Das Umladen ist notwendig, weil China eine andere Spurbreite als Russland besitzt. Zwar gibt es schon nahe der mongolischen Grenze und nördlich von Wladiwostok ganz im Südosten Grenzübergänge für die Bahn. Doch diese Brücke erleichtert etwa den Zugang zur wichtigen Baikal-Amur-Magistrale, einer alternativen Strecke zur Transsibirischen Eisenbahn. Über das neue Bauwerk sollen russischen Medien zufolge jährlich bis zu 25 Millionen Tonnen Güter und 1,5 Millionen Passagiere transportiert werden.


Am nordöstlichsten Zipfel von China ist 2018 eine weitere riesige Autobahnbrücke fertig geworden, die einen Arm des Amur-Flusses überspannt. Die vierspurige Straße endet allerdings bisher im Nirgendwo auf der Heixiazi-Insel, da über den zweiten Arm eine entsprechende Brücke noch fehlt. Heixiazi ist eine gewaltige Sandbank, die lange Zeit Konfliktstoff für die russisch-chinesischen Beziehungen war. Beide Länder beanspruchten sie für sich. 2008 aber einigten sie sich darauf, das Stück Land gemeinsam zu einer Tourismusregion auszubauen. Die zweite noch fehlende Autobahnbrücke soll irgendwann die russische Stadt Chabarowsk verkehrstechnisch an die Sandbank und an China anbinden.

Aber nicht nur an den Überquerungen über den Amur, der über 2000 Kilometer als Grenzfluss dient, haben beide Länder in den vergangenen Jahren kräftig gebaut. Auch an den bestehenden Grenzübergängen an Land ist deutlich zu erkennen, dass Russland und China ihren Handel verstärken wollen.

Bei Sabaikalsk am Dreiländereck mit der Mongolei liegt einer der bislang wichtigsten Straßen- und Eisenbahngrenzübergänge nach China. Hier wurden die Anlagen auf chinesischer Seite massiv ausgebaut. Es entstanden ein zweiter Übergang nur für den Lastwagenverkehr von und nach Russland sowie in direkter Nachbarschaft eine große Logistikanlage, wie die Satellitenaufnahmen zeigen.


Ähnliches passierte an einem Übergang nahe der chinesischen Stadt Suifenhe, die ganz im Osten, etwa 150 Kilometer nordwestlich von Wladiwostok liegt. Die zuvor recht bescheidene Grenzanlage hier wurde den Aufnahmen nach auf chinesischer Seite in den vergangenen vier Jahren massiv erweitert – mit Logistikanlagen und einer großen Abfertigungshalle.

Dieser Übergang ist vor allem deshalb wirtschaftlich relevant, weil er den chinesischen Nordosten an den Hafen von Wladiwostok anbindet. Denn China hat in dieser Region keinen direkten Zugang zum Meer, da er von Russland und Nordkorea versperrt wird.


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Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.

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