
Das künftige BYD-Werk in Brasilien zwischen den Wolken. Allerdings stehen die Arbeiten hier gerade still.
Wirtschaft von oben #314 – Chinesischer Autobauer: Hier bereitet BYD jetzt die zweite Welle vor
Als Chinas Regierung vergangene Woche die Genehmigung für den Bau eines BYD-Werks in Mexiko vorerst verweigerte, war das ein unerwarteter Dämpfer für den Elektroautobauer aus Fernost. Denn der kennt anscheinend nur eine Richtung: immer höher, immer weiter. 2024 verkaufte der chinesische Marktführer 4,25 Millionen Autos, davon 1,76 Millionen reine Elektroautos. In diesem Jahr will BYD zwischen fünf und sechs Millionen Autos absetzen.
Mit enormer Geschwindigkeit zieht das Unternehmen an etablierten Marken wie Volkswagen, Mercedes oder BMW – sowie an Tesla – vorbei: Waren die besonders preiswerten Elektroautos von BYD zunächst vor allem ein Verkaufsschlager in China, ploppen inzwischen weltweit BYD-Händler auf. Die Autos sind beliebt, der Konzern spannt ein globales Netz aus immer moderneren und größeren Produktionsstätten und Zulieferern.
Wie schnell BYD jene Produktionsstätten hochzieht und dabei immer mehr an Geschwindigkeit aufnimmt, zeigen aktuelle Satellitenbilder von LiveEO. Vor zwei Jahren hatte die WirtschaftsWoche enthüllt, wie BYD fast unbemerkt in der Heimat riesige Kapazitäten aufgebaut hat. Nun wiederholt sich das scheinbar rund um den Globus.
Da macht es kaum einen Unterschied, dass sich die Fabrik in Mexiko verzögert: Zunächst wolle man die Wahl in den USA abwarten, hieß es im Herbst aus China. Nun sorge sich das Handelsministerium in Peking, dass Mexiko Zugang zu BYDs technischen Geheimnissen erhalte und diese an die USA gebe, berichtet die „Financial Times“. Ein Argument, das sonst eher gegen eine Ansiedlung westlicher Firmen in China gebraucht wird.
Der Aufstieg des Autobauers scheint unaufhaltsam: Setzte BYD lange darauf, seine Fahrzeuge in China zu bauen und von dort aus in alle Welt zu schicken, baut der Konzern mit Sitz in Shenzhen nun auch fernab der Heimat. Um die Märkte in Asien, Europa sowie Nord- und Südamerikas auf kürzestem Wege zu bedienen – und Zölle zu vermeiden.
In Europa entsteht das erste BYD-Werk für E-Autos im ungarischen Szeged. Am Standort produziert BYD schon seit 2016 Elektrobusse. Deshalb habe er nahegelegen, begründet BYD die Wahl. Auch die Offenheit von Premier Viktor Orbán gegenüber chinesischen Unternehmen dürfte den Bau ermöglicht haben. Derweil hat die EU-Kommission Untersuchungen aufgenommen, inwieweit die Anlage von unfairen chinesischen Subventionen profitiert.
Szeged liegt im Süden Ungarns, an der Grenze zu Serbien und Rumänien. Die Produktionsstätte selbst befindet sich am Rande eines noch kleinen Industriegebiets. Hier gab es zuvor nur Felder – genug Platz für eine Autoproduktion. Aktuell nimmt eine erste große Produktionshalle Form an. Ende des Jahres soll das Werk dann betriebsbereit sein: Schrittweise will BYD das 300 Hektar große Areal weiter ausbauen.
Bilder: LiveEO/Sentinel
Bereits 2022 hatte der Autobauer angekündigt, ein Werk in Europa eröffnen zu wollen. So kann das Unternehmen die Händler künftig lokal beliefern und Einfuhrzölle in die EU umgehen. Auch die deutschen Autobauer BMW und Mercedes setzen auf den Standort Ungarn für neue E-Auto- und Batteriefabriken. Das mag zum einen an der Lage mitten in Europa und den vorhandenen Arbeitskräften liegen. Aber auch die staatliche Förderung unter Orbán dürfte entscheidend sein.
Zwar nicht innerhalb der EU, aber noch in Europa soll ein zweites Werk entstehen: in der Türkei. Das Areal bei Manisa, nördlich eines bereits existierenden Industriegebiets, ist so groß, dass die „Umrisse“ der Baustelle und die Zufahrtswege aus dem All gut zu erkennen sind.
Bilder: LiveEO/Sentinel
Obwohl die Pläne des chinesischen Autobauers im Herbst vergangenen Jahres noch auf ihre Umweltfreundlichkeit geprüft wurden, ist im Frühjahr dieses Jahres bereits ein erster Gebäudekomplex zu sehen. Bis Ende 2025 sollen auch hier die ersten Autos vom Band und in den Verkauf rollen.
In Südamerika Fuß zu fassen, scheint BYD dagegen überraschend schwer zu fallen. Zwar sind auch hier die Autos beliebt, zuletzt stoppten die Behörden aber den Bau eines BYD-Werks in Camaçari, Brasilien. Denn dort sollen Arbeiter unter „sklavereiähnlichen“ Umständen an der neuen Produktionshalle gearbeitet haben.
Eigentlich hatte es der Autobauer hier sogar besonders leicht: BYD übernahm ein altes Ford-Gelände, auch die Infrastruktur ist in der Industriestadt vorhanden und eingespielt. Auf den Satellitenbildern lässt sich der Baustopp erkennen: Bis November 2024 entstand hier innerhalb weniger Monate eine lange Halle, seitdem ruhen die Arbeiten.
Bilder: LiveEO/Sentinel
Mexiko und Brasilien sind deshalb für das Unternehmen attraktiv, weil sie als klassische Standorte für die Fahrzeugproduktion Erfahrung haben. Auch liegt das sogenannte Lithium-Dreieck Argentinien, Bolivien und Chile nah: Zwei Drittel des weltweiten Vorkommens des essenziellen Rohstoffs werden dort vermutet.
Andere Voraussetzungen hat BYD in Indonesien: Auf dem Gelände der Subang Smartpolitan, einem komplett neu erschlossenen Areal, auf dem hochmoderne Wohn- und Industriebereiche entstehen sollen. Die Arbeiten des Autoherstellers sind die erste Großbaustelle in der Region – und sollen wesentlich schneller als alle Werke im Ausland bisher finalisiert werden.
War das Land im April 2024 bei der Verkündung der Entscheidung noch weitestgehend unberührt, ist innerhalb eines halben Jahres eine gigantische Baugrube entstanden, die nun augenscheinlich für die ersten Gebäudekomplexe vorbereitet wird.
Bilder: LiveEO/Sentinel
Dabei kann der Konzern aus den Erfahrungen bisheriger Projekte schöpfen: Das erste Werk außerhalb Chinas, das Pkw baut, steht in Thailand. Seit Juli 2024 sollen dort bis zu 150.000 Fahrzeuge im Jahr produziert werden.
Das knapp 100 Hektar große Werksgelände liegt im Industriepark am Rande der Hafenstadt Rayong, südöstlich von der Hauptstadt Bangkok. Über Autobahnen ist die Betriebsstätte gut an die internationalen Seehäfen in Rayong und Pattaya wie auch an Flughäfen angebunden.
In dem Industriegebiet haben sich auch Autobauer wie BMW angesiedelt. Thailand ist seit Jahrzehnten ein wichtiger Standort für den Fahrzeugbau. Die Autos werden von dort aus auch in andere Länder Südostasiens exportiert. Die Regierung unterstützt diese Entwicklung mit Förderprogrammen. Nach nur 16 Monaten Bauzeit war es im Juli 2024 so weit: Die ersten E-Autos rollten vom Band des nagelneuen BYD-Werks.
Etwa zeitgleich ging ein Werk in Usbekistan an den Start. Dort ist BYD eine Korporation mit der usbekischen Regierung eingegangen. Gemeinsam mit dem Staatskonzern und bisherigen Monopolisten UzAuto baut BYD in Jizzakh zunächst bis zu 50.000 Autos im Jahr. In zwei weiteren Bauphasen soll das Werk noch erweitert werden, künftig will der Konzern hier bis zu 500.000 Wagen fertigen.

Dabei verfolgt BYD recht offen seine strategischen Ziele: Mehrfach appellierte der Autobauer an die Regierung Usbekistans, die Einfuhr anderer Elektro- und Hybridautos zu begrenzen. Demnach sorge sich der chinesische Konzern, dass importierte Fahrzeuge „nicht für das lokale Klima und die Straßenbedingungen geeignet“ seien, wie Gazeta.uz berichtete.
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Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.









