Elektromobilität Das E-Auto laden in acht Minuten

Ein Porsche Taycan Turbo S bei der Automesse IAA in München: Einmal Vollladen in gut 20 Minuten ist schnell, aber der chinesische Autobauer GAC will es in acht Minuten schaffen. Quelle: REUTERS

Schnellladen verändert alles: Elektroautos werden günstiger, grüner, urlaubstauglicher. In der Stadt braucht man keinen Stellplatz mit Stromanschluss – es reicht, kurz bei der Tankstelle vorbeizufahren. Nur ein Traum? Vielleicht nicht mehr lange.

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Die meisten Menschen sind mit ihren Elektroautos glücklich: Sie laden sie vor allem zu Hause und am Arbeitsplatz – und freuen sich, dass sie die Tankstellen rechts liegen lassen können. Die Besitzer der Stromer sind oft selbst erstaunt, wie wenig sie die Zapfpistole vermissen, das zeigen etliche Umfragen.

Allerdings: Dabei handelt es sich vor allem um eine elektroaffine Avantgarde, die sich schon lange auf ihr E-Auto vorbereitet hat, die oft zu Hause einen Stellplatz mit Wallbox hat, die nicht die öffentlichen Ladesäulen der Umgebung abklappern muss und die wahrscheinlich auch nicht als Außendienstler 300 oder 500 Kilometer am Tag unter hohem Termindruck abspulen muss. Das Elektroauto sei noch nicht für jeden etwas, warnt Matthias Vogt, Elektroauto-Experte des ADAC – es müsse zum Nutzerprofil passen.

Das würde sich schlagartig ändern, wenn man laden könnte wie tanken: in ein paar Minuten. Dann würde man mit dem E-Auto – je nach Nutzung alle paar Tage oder eben auch nur zwei Mal im Monat – kurz zur Tankstelle fahren und vollladen. Oft würde aber auch en passant geladen: Strom für 600 Kilometer während des 15-Minuten-Stopps bei Aldi. Das Elektroauto wäre plötzlich etwas für jedes Nutzerprofil.

Weil Autos, die man schnell mal aufladen kann, kein Reichweitenproblem haben und keine gigantisch großen Batterien brauchen, wären diese schnellladenden E-Autos wesentlich günstiger und grüner. Denn die Herstellung der Batterie verschlingt viel Geld, viel Energie und große Mengen knapper Rohstoffe.

Lange schien das bloß ein Traum zu sein. Und das vor allem aus technischen Gründen: Schnellladen ist zwar bei einigen Batterietypen möglich, stresst die Batteriezellen aber so sehr, dass die Haltbarkeit massiv leidet. Selbst das heute schon mögliche Schnellladen an der Autobahn sollte nach Empfehlung der meisten Autohersteller im Interesse der Lebensdauer der Batterie nicht zu oft genutzt werden – und dabei reden wir hier immer noch von 20, 30 oder auch 60 Minuten Ladedauer. Laden in ein paar Minuten? Undenkbar.

Nun aber kommt Bewegung in das Thema. Im September soll in China das Modell Aion V des großen chinesischen Autokonzerns GAC auf den Markt kommen, das angeblich in nur acht Minuten auf bis zu 80 Prozent der Kapazität geladen werden kann. Das zumindest berichtete ein chinesisches Magazin, das im Juli bei einem Ladetest zugegen gewesen sein soll. Trotz ständigen Schnellladens soll der Akku länger halten als höchstwahrscheinlich der Rest des Autos: rund eine Million Kilometer. Möglich macht das angeblich das Material Graphen, für dessen Entwicklung 2010 der Nobelpreis verliehen wurde.



Fast zeitgleich mit dem möglichen Durchbruch in China vermeldet ein australisches Unternehmen ebenfalls einen Erfolg auf Basis der Graphen-Technologie: Die Graphene Manufacturing Group (GMG) hat die Graphen-Aluminium-Ionen-Batterie angekündigt. Sie soll 60 Mal schneller laden können als die üblichen Lithium-Ionen-Akkus. Aus einer Stunde Laden würde also eine Minute. Die Technik soll schon in einigen Monaten in Form von Knopfzellen auf den Markt kommen, E-Auto-Batterien sollen 2024 folgen. Auch GMC spricht, wie der chinesische Hersteller GAC, von einer Haltbarkeit von rund einer Million Kilometer.

Aber auch bei den herkömmlichen Lithium-Ionen-Akkus verblüffen Autobauer neuerdings mit kurzen Ladezeiten. So gelang Porsche mit dem E-Sportwagen Taycan schon im vergangenen Jahr eine echte Überraschung. Mit nur gut 20 Minuten Ladedauer stellte Porsche das Tesla Model S mit seinen gut 30 Minuten klar in den Schatten. Dass man aber nicht 80.000 Euro oder mehr ausgeben muss, um schnell laden zu können, bewies unlängst der südkoreanische Hersteller Hyundai mit dem Modell Ioniq 5. An 800-Volt-Ladestationen, die es etwa an den deutschen Autobahnen gibt, soll der Ioniq 5 in nur 18 Minuten von zehn auf 80 Prozent laden. Selbst ein Kurzstopp von fünf Minuten bringt den Besitzer wieder 100 Kilometer weiter. Auch die vollelektrische Mercedes S-Klasse, der EQS, kann sich mit 266 Kilometern Reichweite in 20 Minuten Ladezeit durchaus sehen lassen. In einem Schnelllade-Ranking der Unternehmensberatung P3 siegt Mercedes damit klar vor Tesla, dem VW ID.3 und dem Porsche Taycan. 

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Die deutschen Autobauer müssen sich beim Schnellladen bislang nicht verstecken. Aber der Technologiesprung, der aus dem Laden einen Tankstopp macht, kommt womöglich von den technisch führenden Batterieprofis aus China.

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