Infizierter Mitarbeiter Coronavirus-Fall beim Autozulieferer Webasto

In Deutschland ist erstmals eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus bestätigt worden. Ein Webasto-Mitarbeiter hat sich bei einem chinesischen Gast seiner Firma angesteckt. Quelle: dpa

Der erste deutsche Fall einer Coronavirus-Infektion betrifft auch ein deutsches Unternehmen: Der mit dem Coronavirus infizierte Mann ist ein Mitarbeiter des Autozulieferers Webasto. Er steckte sich bei einem Seminar an.

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In Stockdorf, einem Münchner Vorort, liegt der Hauptsitz des deutschen Automobilzulieferers Webasto – das erste deutsche Unternehmen, dass offiziell bestätigt melden muss, dass sich Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert haben, einer davon in Deutschland.

Am Dienstagvormittag gab das oberbayerische Unternehmen die Infektion eines deutschen Mitarbeiters bekannt. Demnach wurde ein Mitarbeiter der Unternehmenszentrale im Münchner Vorort Stockdorf von einem Gast aus Shanghai angesteckt, der vergangene Woche zu Besuch war und erst nach seinem Rückflug in China positiv getestet wurde. Der Mann hatte eine Schulung besucht, die von der später erkrankten Chinesin geleitet wurde und in der in Kleingruppen gearbeitet worden sei. „Deshalb war der Kontakt schon enger.“ Die Frau habe vor ihrer Reise nach Deutschland Besuch von ihren Eltern gehabt, die aus der besonders betroffenen Region Wuhan stammen. Sie sei ohne Symptome nach Deutschland eingereist und habe erst auf dem Heimflug am 23. Januar Anzeichen der Krankheit bemerkt. Sie befindet sich nach Angaben von Webasto ebenfalls in stationärer Behandlung.

„Den beiden Kollegen geht es den Umständen entsprechend gut. Sie sind beide stationär in ärztlicher Behandlung“, erklärte Webasto-Vorstandschef Holger Engelmann. Der erkrankte Deutsche hatte nach Angabe der Taskforce Infektiologie engen Kontakt mit mindestens 40 Kollegen und Familienangehörigen. „Die Zahl kann noch steigen“, sagt Taskforce-Leiter Martin Hoch. Der Präsident des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Andreas Zapf, erklärt, es sei nicht auszuschließen, dass eine der Kontaktpersonen erkranke. Bislang sei aber kein weiterer Erkrankter ausgemacht worden.

Die Ansteckung des deutschen Webasto-Mitarbeiters habe „in einem Intervall, in dem die Chinesin noch symptomfrei war“, stattgefunden, sagte Landesamtspräsident Zapf. Das neuartige Coronavirus 2019-nCoV kann eine Lungenkrankheit auslösen, an der im Hauptverbreitungsland China bereits mehr als 100 Menschen gestorben sind – die meisten davon waren ältere Patienten mit schweren Vorerkrankungen. Übertragungen, bevor Symptome auftreten, gelten als sehr selten. Besonders an dem Fall in Bayern ist zudem, dass es einer von bisher erst drei bekannten Nachweisen weltweit ist, bei denen die Ansteckung außerhalb Chinas geschah.

Auch nach der Bestätigung des Falls bleibt die Gefahr für die Gesundheit der deutschen Bevölkerung nach Angaben des Robert Koch Instituts (RKI) allerdings gering. Diese Einschätzung könne sich aber kurzfristig durch neue Erkenntnisse ändern, erklärt das Institut. Mit einem Import von einzelnen Fällen nach Deutschland müsse gerechnet werden. Auch einzelne Übertragungen in Deutschland seien möglich. Infektketten – also eine fortgesetzte Mensch-zu-Mensch-Übertragung – und Erkrankungsfälle bei medizinischem Personal seien bislang aber nur in China beobachtet worden.

Ausnahmezustand in Webastos Firmenzentrale

Der Belegschaft in der Stockdorfer Zentrale hat das Management für diese Woche freigestellt, von zu Hause zu arbeiten. Die rund tausend Mitarbeiter wurden darüber hinaus gebeten, Termine mit externen Besuchern in Stockdorf zu verschieben oder auf Telefonkonferenzen auszuweichen. Bei Terminen außer Haus sollen Stockdorfer Mitarbeiter ihren Ansprechpartnern anbieten, bereits ausgemachte Termine zu verschieben oder sie telefonisch abzuhalten. Beides gilt zunächst für die nächsten zwei Wochen. Schon gestern hatte das Unternehmen sämtliche Dienstreisen nach China für die nächsten zwei Wochen abgesagt.

Webasto ist ein großer Zulieferer für die Autoindustrie mit 13.400 Mitarbeitern und einem Umsatz von 3,4 Milliarden Euro im Jahr 2018. Die wichtigsten Produkte des Unternehmens sind Panorama-, Schiebe- und Cabrio-Dächer sowie Standheizungen, Heizsysteme für Hybrid- und Elektrofahrzeuge sowie Klimasysteme. Weltweit hat das Unternehmen aus dem oberbayerischen Stockdorf mehr als 50 Standorte.

In Deutschland gibt es laut Unternehmenswebsite noch weitere Standorte in den bayerischen Orten Gilching, Utting, Schierling, Hengersberg, Regensburg und Nürnberg sowie in Wörth (Rheinland-Pfalz) und Neubrandenburg in Mecklenburg-Vorpommern. In China sind es zwölf Standorte. Das größte Werk Webastos steht ausgerechnet in Wuhan – der chinesischen Millionenmetropole, in der die neuartige Lungenkrankheit zuerst ausgebrochen war.

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