Konzernumbau IG Metall: „Werden Schrumpfungsstrategie für Opel nicht akzeptieren“

Beschäftigte von Opel bei einer Demonstration am Stammsitz Rüsselsheim. Quelle: dpa

Die Geschäftsführung von Opel präsentiert der IG Metall ihre Investitionspläne. Arbeitnehmervertretern ist das nicht genug. Kleine Fortschritte gibt es in Sachen Segula.

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Die vermeintlich frohe Botschaft hat die Opel-Belegschaft aufgerüttelt. 2021 soll der Astra in Teilen ins Rüsselsheimer Stammwerk zurückkehren und dort auf einer Plattform des neuen Mutterkonzerns PSA (Peugeot, Citroën) produziert werden. Nach Informationen der WirtschaftsWoche aus Gewerkschaftskreisen war dies auch bei einem Tarifgespräch zwischen Geschäftsführung und IG Metall am Mittwochnachmittag Thema.

Neben einem zweiten Modell für Rüsselsheim ging es dabei um Investitionspläne für sämtliche Geschäftsbereiche: Werkzeug- und Anlagenbau, Teilebau, die verschiedenen Werke und künftige Modelle. Über Details zu den präsentierten Plänen schwiegen sich beide Seiten zunächst aus. Ein Sprecher der IG Metall sagte aber: „Wir erwarten mehr.“

In Rüsselsheim läuft neben der Limousine Insignia der Zafira-Van vom Band – aber nur noch bis zum Sommer. Anschließend drohen Kurzarbeit und Einschichtbetrieb. Betriebsrat und IG Metall warten ungeduldig auf die Zusage für ein zweites Modell. In einer am Donnerstag verschickten gemeinsamen Erklärng von IG Metall und Geschäftsführung wird Opel-Chef Michael Lohscheller mit den Worten zitiert: „Wie angekündigt werden wir ein zweites Modell auf einer modernen Multi-Energy-Plattform der Groupe PSA nach Rüsselsheim bringen“.

Die Ingenieure von Opel protestieren gegen ihre Verlagerung zum französischen Entwicklungsdienstleister Segula – und dessen Deutschlandchef. Wenn zu viele den Übergang verweigern, gerät der gesamte Deal in Gefahr.
von Stefan Reccius

Über die Pläne, die Produktion des Astra teilweise zurückzuholen, hatten zunächst die Regionalzeitungen der Verlagsgruppe Rhein-Main berichtet. Opel kommentiert das nicht – genauso wenig wie die kolportierten Pläne, nach denen statt 60 künftig nur noch 40 Autos pro Stunde in Rüsselsheim produziert werden könnten.

Entsprechend hin- und hergerissen sind die derzeit noch etwa 16.000 Opel-Beschäftigten an den Opel-Standorten in Rüsselsheim, Kaiserlautern und Eisenach. Die Vertrauensleute der IG Metall, ein informelles Gremium aus Opel-Beschäftigten aller Unternehmensbereiche, geben sich alarmiert. „Diese Schrumpfungsstrategie für das Stammwerk werden wir nicht akzeptieren“, heißt es in einem Schreiben an ihre Kollegen.

Das bislang vergebliche Drängen der Gewerkschaft auf konkrete PSA-Pläne samt Investitionszusagen schwebte auch über einer Betriebsversammlung am Dienstag. „Bisher wissen wir wenig bis nichts“, hieß es. Der Betriebsratsvorsitzende Wolfgang Schäfer-Klug verwies Teilnehmern zufolge auf nach wie vor fehlende Zusagen aus der PSA-Zentrale in Paris. Er soll gewarnt haben, dadurch seien Tausende Stellen gefährdet.

Ein Opel-Sprecher erwiderte, die Zahl entbehre „jeder Grundlage“. Weiter sagte er: „Wir haben im vergangenen Jahr eine Beschäftigungssicherung bis 2023 vereinbart und umfassende Investitionen in die deutschen Standorte zugesagt. Nun sind wir in Diskussionen mit der IG Metall und haben dem Sozialpartner weitere Investitionspläne präsentiert.“

Segula will in Rüsselsheim einen „Engineering Campus“ aufbauen. Neben den Gebäuden braucht der Dienstleister dafür bis zu 2000 Opel-Beschäftigte – doch die interessieren sich auch für ein neues Abfindungsprogramm.
von Stefan Reccius

Der Eindruck von Teilnehmern aber ist eindeutig: Es brennt an allen Stellen. „Der gesamte Standort Rüsselsheim ist in Aufruhr“, hieß es. Zumal auch die Zukunft des Entwicklungszentrums ITEZ in der Schwebe ist. Ursprünglichen Plänen zufolge sollen bis zu 2000 ITEZ-Beschäftigte zum französischen Ingenieurdienstleister Segula wechseln. Die Franzosen haben 5500 ITEZ-Beschäftigten vor einigen Tagen ein Angebot unterbreitet, um ihnen einen Wechsel schmackhaft zu machen.

Gegenüber der WirtschaftsWoche forderte der Betriebsratsvorsitzende von Opel, Wolfgang Schäfer-Klug, von Segula Zurückhaltung ein. Man solle respektieren, dass nun die Beschäftigten am Zug seien, statt „aufgeregt zu kommunizieren“. Schäfer-Klug sagte weiter: „Unseren Kolleginnen und Kollegen mit ihren Familien sollte man die Ruhe für ihre Entscheidung einräumen.“ In der jüngsten Betriebsversammlung ist das Thema Segula Teilnehmern zufolge „kaum vorgekommen“.

Seit der Einigung von Geschäftsführung und Betriebsrat können bis zu 2030 Beschäftigte per Abfindung, Altersteilzeit oder Vorruhestand Opel verlassen. Die Resonanz soll Unternehmenskreisen zufolge in den ersten Tagen hoch gewesen sein. Dadurch könnten wiederum die Expansionsabsichten Segulas samt Aufbau eines „Engineering Campus“ obsolet werden.

Segula war nach der Opel-internen Einigung in die Offensive gegangen und verkündete: „Der Weg zur erfolgreichen Umsetzung unseres Projektes ist jetzt frei.“ Das hatte die IG-Metall-Vertrauensleute erzürnt, sie sahen darin eine „Provokation“. Wie nun aus Gewerkschaftskreisen verlautet, sei ein Sondierungsgespräch mit Segula „konstruktiv“ verlaufen. Das könne „demnächst in Tarifverhandlungen münden“.

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