Selbstfahrende Autos Waymo-Chef: „Unser System war zu fortgeschritten“

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„Ich kann mich mit dem berühmten deutschen Fahrvergnügen selber identifizieren“

Wie positionieren Sie Waymo zu Autoherstellern? Sind das Wettbewerber?
Nein, wir verstehen uns als Partner. Dafür muss man verstehen, dass wir unterschiedliche Produkte anbieten. Die Autohersteller produzieren Autos und Trucks, während wir bei Waymo „Fahrer herstellen“. Das ist ein fundamentaler Unterschied. Autos und Lastwagen sind Werkzeuge zum Fortbewegen mit einem menschlichen Fahrer. Waymos Produkt ersetzt den menschlichen Fahrer. Das sind klar definierte Rollen, wo sich jeder auf seine Stärken konzentrieren kann.

Wie sind die Aufgaben aus Ihrer Sicht verteilt?
Wir bieten mehr als eine Dekade Erfahrung mit autonomem Fahren, mehr als 30 Millionen Kilometer Fahrten auf öffentlichen Straßen, mehr als 20 Milliarden Kilometer simuliertes Testen, um völlig automatische Systeme zu entwickeln und zu bauen. Wir kooperieren mit Autoherstellern, beispielsweise FiatChrysler, Jaguar-Landrover und Renault Nissan, die über langjährige Fertigungen in der Autoproduktion und deren weltweite Skalierung verfügen. Gemeinsam arbeiten wir daran, unseren Waymo-Fahrer in verschiedene Autoplattformen und -Modelle zu integrieren. Gleichzeitig teilen wir die dabei gewonnenen Erfahrungen, was sinnvolle Lebenszyklen angeht, Formfaktoren, Funktionen, thermisches Management und andere Fahrzeugeigenschaften. Ich bin überzeugt, dass beide Seiten von der Partnerschaft profitieren.

Sie haben kürzlich zum ersten Mal externes Kapital in Höhe von drei Milliarden Dollar eingesammelt. Was werden Sie damit tun?
Wir haben damit unser Team ausgebaut, durch Finanzinvestoren und strategische Partner wie etwa der Autozulieferer Magna International und der Autohändler Autonation. Mit ihnen werden wir in den nächsten Jahren in unsere Mitarbeiter, unsere Technologie und unseren Service investieren, um dem Waymo Driver auf der ganzen Welt einzuführen.

Ist es denn in Zukunft überhaupt noch sinnvoll, sich ein Auto anzuschaffen?
Wir sehen bereits die Veränderungen, wie sich die Menschen fortbewegen. Beispielsweise in größeren Städten, wo viele, hier besonders Millenials, darauf verzichten, ein Fahrzeug zu besitzen. Unser Waymo One Service richtet sich an alle, die es bevorzugen, ein Auto anzufordern, wenn sie es benötigen.

Schlechte Nachrichten für Autohersteller?
Nein. Unsere Partner aus der Autoindustrie möchten, dass wir den Waymo-Fahrer auch in Privatfahrzeugen nutzbar machen. Das ist eine spannende Idee, aber sicherlich noch ein paar Jahre weg. Wir loten jedoch bereits aus, wie man das umsetzen kann, auch von den Geschäftsmodellen her, inklusive Abo. So ließe sich ein Luxus noch mehr Leuten anbieten, den sich früher nur wenige leisten konnten – ein persönlicher Chauffeur.


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Gerade die Deutschen sind aber dafür bekannt, dass sie das Autofahren lieben.
Ich kann mich mit dem berühmten deutschen Fahrvergnügen selber identifizieren. Ich fahre sehr gern in der Bay Area Straßen wie den Skyline Boulevard oder den Pacific Coast Highway entlang, auf denen Fahren Freude bereitet. Aber ich denke nicht, dass dies das vollautomatische Fahren behindern wird, auch nicht in Deutschland. Ich weiß, dass viele Deutsche genau wie ich die Pendelei zur Arbeit nicht mögen, besonders wenn man im Stau steht. In einem selbstfahrenden Auto kann ich entspannen, Musik hören oder arbeiten und telefonieren.

Aber ist dieser Komfort wirklich verlockend genug, um für solch einen Service zu zahlen?
Wir sollten nicht vergessen, was das große Versprechen von selbstfahrenden Autos ist. Nämlich die Verkehrssicherheit zu verbessern. 1,35 Millionen Menschen sterben jedes Jahr im Straßenverkehr. Das ist so, als ob ein voll besetzter Airbus320 jede Stunde, jeden Tag im Jahr abstürzen würde. Autonome Fahrzeuge erlauben zudem einen faireren Zugang zur Mobilität, also auch jenen, die keinen Führerschein haben oder erlangen können.

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