Stärkung aus der Krise Ford will den Neustart erzwingen

Ford: So will der Autobauer die Krise überwinden Quelle: Presse

Fords China-Geschäft geht durch den Handelsstreit mächtig in die Knie. Auch Europa schwächelt, die einst ertragreichen Limousinen verkaufen sich nicht mehr. Höchste Zeit für einen Neustart.

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Als die amerikanische Autoindustrie vor knapp zehn Jahren am Boden lag, General Motors wankte und Chrysler schließlich von Fiat geschluckt wurde, kam Ford mit einem blauen Auge davon. Ohne milliardenschwere Zuwendungen der US-Regierung schlingerte sich der Autobauer wieder in sicheres Fahrwasser, deutlich weniger beschädigt als die Konkurrenz. Kosten wurden gesenkt, das Modellprogramm gestrafft und neue Leute an Bord geholt.

Und doch war die Ford Motor Company zu sehr in sich selbst gefangen. Wichtige Reformen blieben auf der Strecke, der große Schnitt in den wichtigen Regionen USA, Asien, Europa und Südamerika blieb aus. Insbesondere verpasste Ford noch stärker als viele andere Hersteller den Trend zu den immer beliebter werdenden SUV.

Speziell in Europa fuhr man der Konkurrenz lange hinterher, auch in China agierten die Verantwortlichen zu zögerlich. Jetzt will der Autobauer, der mit der Massenfertigung von Fahrzeugen wie dem Model T vor einem Jahrhundert für die Massenmobilisierung sorgte, neue Wege gehen. Der Druck ist groß, denn der Handelsstreit zwischen China und den USA hatte die Nachfrage auf dem am stärksten wachsenden Weltmarkt zuletzt vehement absacken lassen.

Dieser Pick-up hüpft sich für Europa warm
Die Raptor-Version wird die stärkste Variante in der Ranger-Familie von Ford sein Quelle: Ford
Die Front des Ranger Raptor prägt unter anderem ein besoners markanter Kühlergrill Quelle: Ford
Spezielle Sitze im Innenraum sollen den Fahrgästen mehr Halt bieten Quelle: Ford
Unter anderem bietet der Ford Ranger Raptor mehr Bodenfreiheit Quelle: Ford
Zur Serienausstattung gehören 17-Zoll-Räder mit Reifen von BF Goodrich Quelle: Ford
Künftig sollen auch Pick-up-Kunden in Europa einen Raptor fahren können Quelle: Ford

Dabei hatte Ford die Preise für Modelle der Marken Ford und Lincoln in China zunächst sogar um zehn Prozent gesenkt, nachdem das chinesische Wirtschaftsministerium seine Einfuhrzölle reduzierte. Aufgrund des Wirtschaftskrieges zwischen China und den USA unterliegen Autos seit dem 6. Juli jedoch einem zusätzlichen Strafzoll von 25 Prozent, den Ford nicht an seine Kunden weitergeben wollte, um nicht weiter abzusacken.

Die Strafsteuern machen den Amerikanern das Leben derzeit besonders schwer. Problematisch, weil der Autobauer aus Dearborn bis zum Jahre 2025 insgesamt 50 neue China-Modelle vorstellen wollte. Doch immer noch werden viele Autos eingeführt, während sich die lokale Produktion erst sukzessive aufbaut. Erst 2020 sollen beliebte SUV-Modelle wie der Bestseller Explorer oder die beiden Lincoln-Versionen MKZ und MKC lokal in China vom Band laufen. Kurzfristig bringt das wenig und so gehen die Analysten von Information Handling Services (IHS) davon aus, dass die Produktionsvolumen von Ford in China von über 822.000 Stück im vergangenen Jahr in 2018 auf rund 610.000 Fahrzeuge zurückgehen.

Allein auf dem chinesischen Markt büßte Ford in der ersten Jahreshälfte rund 25 Prozent seiner Verkäufe ein. Da kommt ein Modell wie das China-SUV namens Territory gerade recht. Der kompakte Crossover wurde zusammen mit Joint-Venture-Partner Jiangling Motors Corporation entwickelt und ist als Benziner, 48-Volt-Mildhybrid und Plug-in-Hybrid erhältlich. „Der Territory ist ein wichtiger Beweis dafür, wie wir in China wachsen werden. Er wird für junge Familien und neue Käufer in ganz China erschwinglich sein“, erläutert Peter Fleet, CEO von Ford Asia, „nicht nur für die Küsten-Megastädte.“ Das kompakte Modell wird im JMC-Werk Xiao Lan hergestellt und soll Anfang 2019 auf den Markt rollen.

Doch damit nicht genug. Ford hat seine SUV-Schwäche mittlerweile erkannt und arbeitet an einem weiteren Kompakt-Crossover, der technisch mit den Modellen Focus sowie Escape verwoben ist und dabei optische Anleihen des alten Bronco tragen soll. Der Konkurrent für Toyota RAV4, VW T-Roc oder Jeep Renegade feiert sein Debüt jedoch frühestens in einem Jahr.

Ford hat seine SUV-Schwäche erkannt und arbeitet an einem weiteren Kompakt-Crossover. Quelle: Presse

Der Neuling kommt damit nahezu zeitgleich mit dem neuen Ford Bronco, der 2020 neu aufgelegt wird und dabei als erhoffte US-Ikone die zukünftige Ranger-Plattform nutzt. Ursprünglich sollte im Gegenzug der Focus Active aus China in die USA importiert werden. Doch nach Angaben von Kumar Galhotra, Präsident von Ford North America, wurden die Pläne durch die jüngste Strafabgabe von 25 Prozent gestrichen, da der Wagen nicht mehr gewinnträchtig verkauft werden könne.

In Europa soll bald ein anderer Wind wehen

Die Streichung des Focus Active ist jedoch nur ein kleiner Schritt in der Straffung des Ford-Modellprogramms. Immer noch werden rund 80 Prozent der in den USA verkauften Ford-Fahrzeuge auch auf dem Heimatmarkt gebaut, weitere 15 Prozent werden in den Nachbarländern Kanada und Mexiko montiert. Der Autobauer hatte jüngst dem One-Ford-Programm abgeschworen und setzt aus Kostengründen zukünftig weltweit nur noch auf fünf Plattformen.

Der oberste Produktplaner Hua Thai-Tang bestätigte jüngst, sich zukünftig auf fünf statt bisher neun globale Fahrzeugarchitekturen zu beschränken. Die modularen Architekturen umfassen Hinterradantrieb, Allradantrieb mit Rahmen, Frontantrieb- / Allrad, kommerzielle Vans (Hinterrad / Allrad) sowie eine spezielle Elektroplattform.

Die einst so beliebten Mittel- und Oberklasselimousinen stehen bei den amerikanischen Händlern dabei wie angelaufenes Blei. Nachdem der Five-Hundred bereits vor Jahren eingestellt wurde, der Dauerbrenner Crown Victoria als Liebling aller Taxler und Polizisten keinen Nachfolger bekam, betrifft das mittlerweile auch Modelle wie Taurus und Fusion. Da überrascht es nicht, dass Ford nach Angaben von Mark LaNeve, verantwortlich für Vertrieb und Marketing, seine landesweiten Werbekampagnen für Limousinen mittlerweile eingestellt hat.

Würde der Ford Fusion aus dem Programm fliegen, bekäme auch die Kölner Ford-Zentrale ein Problem. Denn das amerikanische Mittelklassemodell ist Plattformgeber des europäischen Mondeo. Quelle: Presse

Während der Fusion noch ein paar Jahre im Programm bleiben soll, wird die Produktion der Modelle Fiesta und Taurus wohl 2019 enden. Würde selbst der Fusion wackeln, bekäme auch die Kölner Ford-Zentrale ein Problem, denn das Mittelklassemodell Fusion ist Plattformgeber des europäischen Mondeo sowie von Galaxy und S-Max. Doch nach Aussagen der europäischen Außenstelle soll der Mondeo auch in Zukunft im Europa-Programm bleiben. Und das, obschon Gerüchte um Massenentlassungen seit Längerem die Runde machen. Ford of Europe würde unter dem sich androhenden harten Brexit im kommenden Frühjahr besonders leiden. England ist einer wichtigsten Märkte für die Kölner.

Das europäische Geschäft des US-Unternehmens verzeichnete in den ersten sechs Monaten des Jahres einen Verlust von 73 Millionen US Dollar; 2017 gab es im gleichen Zeitraum immerhin noch einen schmalen Gewinn von 88 Millionen US Dollar. „Wir sind sehr unzufrieden mit unserer Leistung in Europa", sagt CEO Jim Hackett, der Mark Fields ablöste, „der leistungsschwache Teil unseres Portfolios stellt einen Großteil unseres Volumens, unseres Umsatzes und unseres Kapitals in der Region dar“, legt Finanzvorstand Bob Shanks nach. Importmodelle wie Transit, Kuga, Ranger, Edge und Mustang haben demnach einen überproportionalen Beitrag an Fords profitablen Fahrzeugverkäufen in Europa.

Ford Mustang Eleanor: Die Legende lebt!
„Eleanor“ hat sich ins PS-Gedächtnis eingebrannt – ein aufgerüsteter Ford Mustang von 1967
Ford Mustang Bullitt Quelle: Ford
Auf den ersten Blick sieht seine Eleanor tatsächlich so aus, als hätte jemand den Kalender um 50 Jahre zurückgedreht. „Wir sind die einzigen, die eine offizielle Lizenz zum Nachbau des Klassikers haben“, sagt der Firmenchef und erzählt von einer Liebe, die zurückgeht bis in die Teenager-Zeit, als er Eleanor zum ersten Mal auf der Leinwand begegnet ist.Foto: SP-X/Benjamin Bessinger
Zwar konkurriert Eleanor aktuell mit einer Neuauflage von Bullitt. Doch die heiße Lady aus Los Angeles muss die Konkurrenz aus Detroit nicht fürchten. Gegen sie ist der Bullitt nur eine billige Platzpatrone. Quelle: Ford
Denn während Ford sein Remake auf dem aktuellen Mustang aufbaut und nicht viel mehr ändert als Lackierung und Ausstattung und aus dem fünf Liter großen V8-Motor 460 statt 418 PS kitzelt, hält sich Wazana zumindest äußerlich ans Original und nimmt als Basis einen Mustang aus den Modelljahren '67 und '68, die zu Dutzenden auf dem Hof lagern. Dass die völlig verrostet sind und sich oft nicht einmal mehr selbst tragen können, ficht Wazana nicht an.
„Denn viel mehr als die Fahrgestellnummer wird von den Wracks ohnehin nicht übernommen“, sagt sein Geschäftsführer Steve Feldmann und führt seine Gäste beim Ortsbesuch in eine piekfeine Manufaktur, in der ein Dutzend Mitarbeiter Karosserien aus Karbon backen, nagelneue Motoren aus großen Versandkisten holen und Sattler kunstfertig lederne Sitzbezüge nähen. Kein Wunder, dass es schnell mal zwölf Wochen dauert, bis eine Eleanor fertig ist.Foto: SP-X/Benjamin Bessinger
Dann sieht der Mustang nicht nur aus wie neu, er ist es auch. „Keine Schraube bleibt unberührt, keine Schweißnaht wird übernommen und am Ende sind über 90 Prozent der Teile tatsächlich fabrikneu – entweder von uns gemacht oder von Spezialisten zugekauft“, sagt Feldmann und zeigt ein Auto wie aus der Zeitmaschine.Foto: SP-X/Benjamin Bessinger

Es ist jedoch nicht nur der falsche Modellmix, der Ford in Europa hart getroffen hat. Auch der drohende Brexit verursacht Probleme, indem der Rückgang des Pfunds das Ergebnis belastete. Allerdings hat Ford auf viele Kundentrends deutlich langsamer als die Konkurrenz reagiert. Dabei sind Kernmodelle wie Fiesta, Focus und Mondeo besonders stark von der veränderten Kundennachfrage betroffen. Problem: SUV-Modelle wie der Ecosport oder der Edge sind dabei zu wenig auf europäische Kunden zugeschnitten. Größere SUV wie den Explorer oder Expedition gibt es ebenso wenig, wie das amerikanische Massenmodell Ford F-150 und seine größeren Brüder aus der F-Familie. Auch bei alternativen Antrieben wie Hybriden und Elektroautos fährt Ford bisher hinterher.

Nichts scheint mehr gesetzt und besonders in Europa soll bald ein anderer Wind wehen. Nachdem Ford erstmals vor zwei Jahren dem Pariser Automobilsalon fernblieb und damit Wettbewerber Volkswagen ein Vorbild für die diesjährige Messe an der Seine war, wurde auch der imageträchtige Genfer Automobilsalon 2019 vom Kalender gestrichen. Auch beim Pariser Salon 2018, der kommende Woche beginnt, bleibt Ford wieder außen vor.

Diese Autos haben Geschichte geschrieben
Bertha Benz auf dem Benz Patent-Motorwagen Nummer 3 Quelle: Mercedes-Benz
Model T „Tin Lizzy“ eroberte millionenfach erst Amerika, später andere Kontinente. Quelle: Ford
Volkswagen: Der Einmillionste Käfer1955 Quelle: Volkswagen
Mercedes-Benz 260 D Quelle: Mercedes-Benz
Citroen Traction von 1907: In vielen Filmen wurde der Citroen als Auto der Bösewichte gezeigt. Quelle: Citroën
Als Urvater der Mini-Klasse gilt eine britische Ikone, deren Name nicht treffender sein konnte: Mini Quelle: BMW
Ebenfalls als Gamechanger im Autobau gilt der 1974 eingeführte VW Golf. Quelle: Volkswagen

Während sich Ford in Europa rar macht, sieht das am Stammsitz in der Nähe von Detroit ganz anders aus. So kaufte der Autobauer aus Dearborn vor einigen Monaten die legendäre Michigan Central Station, den ehemaligen Bahnhof im Detroit Corktown Distrikt. Die historischen Gebäude des Corktown Campus sollen in den nächsten Jahren Teil eines Mobilitätskorridors von Ann Arbor über Dearborn nach Detroit werden.

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