Toyota Der japanische Piëch bläst zum Angriff

Nach vier Krisenjahren kommt Toyota mit Vollgas aus den Boxen. Das ist vor allem die Leistung von Gründerurenkel Akio Toyoda, der sich als ähnlich visionär, detailbesessen und tatkräftig erweist wie Volkswagen-Patriarch Ferdinand Piëch. Vereitelt der Japaner seinem Wolfsburger Widersacher den Aufstieg zur Nummer eins?

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Akio Toyoda, Urenkel des Firmengründers Sakichi Toyoda, führte den japanischen Autoriesen aus der Krise und fährt in der Freizeit Autorennen. Quelle: REUTERS

Nur wenige Manager würden für den Arbeitgeber ihr Leben riskieren. Akio Toyoda ist einer davon. Ende Mai setzte sich der Präsident des japanischen Autokonzerns Toyota ans Steuer eines Lexus LFA Supercar und raste mit mehr als 200 Kilometern pro Stunde durch die engen Schleifen des Nürburgrings.

Es war Toyodas dritte Teilnahme am 24-Stunden-Rennen in der Eifel. Dabei ist der Urenkel des Firmengründers Sakichi Toyoda schon 57 Jahre alt und hat das Rennhandwerk erst mit Mitte 40 gelernt. Für den Sprössling der größten Autodynastie Nippons ist die Teilnahme an dem PS-Zirkus aber kein exklusives Hobby. Für ihn steht der praktische Nutzen im Vordergrund. "Dieses Rennen hat mein Gefühl dafür geschärft, dass wir immer bessere Autos bauen müssen", schrieb Toyoda später in seinem Blog im Internet, den er unter dem Pseudonym der grünen, pelzigen Comic-Gestalt "Morizo" pflegt.

Die erfolgreichsten Autobauer der Welt
Wer ist Verkaufs-, Gewinn- und Flexibilitäts-Champion?Erst vor wenigen Wochen präsentierten die Autobauer auf der 83. Internationalen Automobilsalon in Genf ihre Innovationen und legten damit den Grundstein für neue Erfolge. Wie erfolgreich die größten Automobilhersteller der Welt sind und wer die Nummer eins unter den neun absatzstärksten Autobauern ist, damit hat sich das CAR-Center Automotive Research unter Leitung von Ferdinand Dudenhöffer auseinandergesetzt. Als Kriterien für den Erfolg haben die Experten drei Kategorien definiert: Verkaufserfolg (Absatzentwicklung), Gewinnmargen sowie Flexibilität & Effizienz. Als Maßstab hierfür gilt der Umsatz pro Mitarbeiter. Hat ein Konzern einen geringen Umsatz pro Mitarbeiter - also eine geringe Arbeitsproduktivität - ist seine Effizienz verbesserbar. Quelle: dpa
Peugeot-CitroenFahrzeugabsatz: 2,95 Millionen Gewinnmarge 2012: -3,9 % Umsatz pro Mitarbeiter: 187.000Gewinn pro Fahrzeug: - 510 Euro Der französische Autobauer kränkelt, zu viele Mitarbeiter erzeugen Verluste. Das Problem mit den Überkapazitäten kommt beim niedrigen Umsatz pro Mitarbeiter zum Vorschein. Hier bildet Peugeot-Citroen das Schlusslicht. Dudenhöffer: "Schwierig stellt sich die Lage bei den Automarken dar, die überwiegend in Europa agieren. So hat Peugeot-Citroen 510 Euro Verlust pro verkauftem Fahrzeug erwirtschaftet" Quelle: dpa
HondaFahrzeugabsatz: 3,96 Millionen Gewinnmarge 2012: 5,5 % (1,8 in der Autosparte) Umsatz pro Mitarbeiter: 490.000 Gewinn pro Fahrzeug: 319 Euro Die hohe Gewinnmarge kann trügen - beim japanischen Hersteller hat die Automobilsparte nur 1,8 Prozent Gewinn erwirtschaftet. Autoexperte Dudenhöffer: "Honda hat im Automotive-Geschäft die Nachwirkungen der Naturkatastrophen des Jahres 2011 noch zu verdauen. Dies zeigt, wie wichtig für Honda Power-Tools und Motorräder als wichtige Konzernsparten sind". Quelle: REUTERS
Fiat-ChryslerFahrzeugabsatz: 4,29 Millionen Gewinnmarge 2012: 4,5 % Umsatz pro Mitarbeiter: 391.000Gewinn pro Fahrzeug: 1579 Euro Chrysler hat den im Jahr 2012 den größten Gewinn pro Fahrzeug eingefahren und erreicht damit Platz eins vor allen anderen Autobauern im Nicht-Premium-Bereich. Dudenhöffer: "Die Überraschung ist sicher Fiat-Chrysler. Für beide Unternehmen wurde noch vor ein paar Jahren keine Zukunft mehr vorausgesagt. Mittlerweile ist Fiat-Chrylser profitabler als der VW-Konzern ohne Audi. Dabei enthält VW ohne Audi noch Porsche, Bentley, Lamborghini, Bugatti – ist also durchaus vergleichbar mit Fiat-Chrylser, die Ferrari und Maserati halten. Fiat-Chrysler-Chef Marchionne hat also deutlich besser abgeschnitten als vielfach vermutet. Allerdings hat sich Fiat-Chrysler durch hohe Einsparungen bei Produktinvestitionen sein Ergebnis 'verdient'. Langfristig hat Fiat-Chrylser damit ein höheres Risiko". Quelle: REUTERS
FordFahrzeugabsatz: 5,67 Millionen Absatzwachstum 2008-2012: 2 %Gewinnmarge 2012: 5,9 % Umsatz pro Mitarbeiter: 586.000 Euro Gewinn pro Fahrzeug: + 890 Euro Ford Auto; - 967 Ford Europe Ford liegt beim Umsatz pro Mitarbeiter auf Platz zwei, und kann auch eine erstaunlich hohe Ebit-Marge ausweisen. Dudenhöffer: "Überraschend ist die hohe Profitabilität von Ford trotz hoher Verluste im Europageschäft. Ähnliches gilt auch für GM mit den Europaverlusten und Fiat-Chrysler." Beim Absatz und Absatzwachstum belegt Ford allerdings den letzten Platz. Quelle: AP
Renault-NissanFahrzeugabsatz: 7,60 Millionen Absatzwachstum 2008-2012: 25 % Gewinnmarge 2012: 3,5 % Umsatz pro Mitarbeiter: 353.000 Euro Gewinn pro Fahrzeug: - 241 Euro Renault ; + 890 Euro Nissan Den Absatz konnte Renault-Nissan in den vergangenen fünf Jahren zwar ordentlich steigern - vergleichsweise stärker als Toyota oder GM - doch in den anderen Kategorien sieht es mau aus. Die Ebit-Marge ist mit 3,5 Prozent die geringste unter den Big Six (Toyota, Ford, Hyundai-Kia, GM, Renault Nissan, VW). Mit einem Verlust von 241 Euro pro verkauftem Neuwagen hat Renault massiv unter den Krise in seinem Kernmarkt Europa gelitten. Quelle: REUTERS
General MotorsFahrzeugabsatz: 9,29 Millionen Absatzwachstum 2010-2012: 11 % Gewinnmarge 2012: 5,2 % Umsatz pro Mitarbeiter: 534.000 Euro Gewinn pro Fahrzeug: 635 Euro Die US-Mutter des deutschen Autobauers Opel liegt in allen Kategorien im Mittelfeld. Beim Absatz weltweit die Nummer drei, reicht es bei den restlichen Kennzahlen nur für den vierten Platz. Beim Gewinn pro Fahrzeug ergeben sich je nach Marke im GM-Konzern große Unterschiede. So fuhr Opel-Vauxhall im vergangenen Jahr pro Fahrzeug einen Verlust von 834 Euro ein, im Gesamtkonzernschnitt reicht es dank der starken US-Marken wie Chevrolet und Buick für 635 Euro - ein Platz im hinteren Mittelfeld. Skoda liegt etwa mit einem Wert von 758 Euro deutlich vor GM. Quelle: dpa

Ferdinand Piëch, aufgepasst! "Morizo" ist kein verspieltes Söhnchen reicher Eltern. Seit seinem Amtsantritt vor vier Jahren entpuppt sich Toyoda als ein Manager, der dem VW-Patron ähnlicher ist, als diesem recht sein kann. Akio Toyoda steht dem Visionär Piëch ("Ich denke gern voraus"), der seine Strategien bei Audi und Volkswagen auf Jahrzehnte angelegt hat, in nichts nach. Der Hobbyrennfahrer unterzieht den größten Autohersteller der Welt einer Neuausrichtung, die der Konzern noch nicht erlebt hat. Selbst durch schlimmste Katastrophen wie den Tsunami von 2011 lässt sich Toyoda nicht beirren. Piëch, der VW und Porsche nah an der Pleite erlebte und den VW-Skandal um gekaufte Betriebsräte überstehen musste, wird das mit Respekt beobachten.

Immer nur lächeln

Wie Piëch entstammt auch Toyoda der Gründerfamilie. Er predigt, ebenfalls ganz Piëch, die "Liebe zum Detail" und teilt sich mit dem mächtigen Alten aus Salzburg die Begeisterung für schnelle, emotionale Autos sowie für den Rennsport. Und genau wie der VW-Aufsichtsratschef ist der umtriebige Toyota-Chef keine charismatische Verkäufernatur. Oft wirkt er hölzern bei seinen öffentlichen Auftritten.

Nur in einem kleinen, für VW aber umso wichtigeren Punkt unterscheidet sich der japanische Piëch von seinem Wolfsburger Pendant: Dieser ist 76 Jahre alt und hat bereits seine Nachfolge geregelt. Die Ära Akio Toyoda dagegen hat erst begonnen.

Die Marschrichtung, die Toyoda dem Unternehmen verordnet, lässt sich auf einen Satz verdichten: Toyota soll nicht mehr allein mit den bekannten, rationalen Eigenschaften Verlässlichkeit und Sparsamkeit punkten, sondern mit besserem Design und Handling die Kunden auch emotional ansprechen. "Wir wollen unsere Kunden zum Lächeln bringen", sagt Toyoda. Damit meint er das Lächeln, das er auf den Lippen trägt, wenn er neue Modelle bei Testfahrten auf Schotter- und Schneepisten wieder und wieder um die eigene Achse wirbelt - das Lächeln des echten Autobegeisterten, des Car Guys, als der er sich gerne ausgibt.

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