Volkswagen VW verliert gegen Toyota weiter an Boden

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4. Flexible Mitarbeiter statt mehr Roboter

2012 startete VW eine neue Entwicklungs- und Produktionsmethode. Durch gleiche Module über alle Marken hinweg und durch noch mehr Roboter wollte VW Toyota den Rang als legendär effizienter Autobauer ablaufen. Fahrzeug- und Fabrikplaner sollten sich aus gemeinsamen „Baukästen“ bedienen. 1500 Euro pro Auto wollte der damalige VW-Chef Martin Winterkorn so einsparen.

Das wäre epochal. Doch bislang lässt der Erfolg auf sich warten. Auch 2017 diagnostiziert das VW-Management das alte Problem: Die „hohe Produktkomplexität“ bei der Marke Volkswagen etwa, so räumte das Unternehmen Investoren gegenüber ein, „schwächt die Wettbewerbsfähigkeit im Volumensegment“. VW-Chef Müller geht inzwischen zu der milliardenteuren Baukasten-Strategie seines Vorgängers Winterkorn auf Distanz: „Wir waren früher mit Plattformen sehr erfolgreich, was dann aber wegen der Baukästen etwas zerfleddert wurde.“

Toyota, Erfinder des schlanken Automobilbaus, konnte der Baukasten-Idee noch nie viel abgewinnen. Der Konzern geht eher den entgegengesetzten Weg. Die Autos sollen besser und komfortabler werden, etwa, indem sie ausgehend von der Position des Fahrers entworfen werden. Kosten zu drücken steht ausdrücklich erst an zweiter Stelle. Und statt, wie VW, auf noch mehr Automatisierung und Roboter zu setzen, vertraut Toyota auf Menschen, die ganz unterschiedliche Autos bauen können. Grund: Arbeiter können flexibel Kundenwünsche erfüllen. Roboter und Maschinen müssten teuer umgebaut und umprogrammiert werden.

Toyota sucht den Anschluss
Toyota Prius Plug-in-Hybrid Quelle: Toyota
Toyota Prius Plug-in-Hybrid Quelle: Toyota
Toyota Prius Plug-in-Hybrid Quelle: Toyota
Toyota Prius Plug-in-Hybrid Quelle: Toyota
Toyota Prius Plug-in-Hybrid Quelle: Toyota
Toyota Prius Plug-in-Hybrid Quelle: Toyota
Toyota Prius Plug-in-Hybrid Quelle: Toyota

In Sparfabriken lässt sich das Produktionsband binnen Stunden variieren. Modelle werden bunt gemischt auf hintereinander laufenden Einzelplattformen je nach Auftragslage gebaut. Bei der Montage werden Türen nicht mehr über Förderbänder von oben herangeführt, sondern auf schmalen Ständern per Hand an das Chassis gerollt. Beim Schweißen kommen dank verkürzter Wege weniger Roboter zum Einsatz.

5. Partnerschaft statt Dominanz

Den Namen Suzuki will bei VW niemand hören, steht der japanische Autobauer doch für einen spektakulär vergeigten Kooperationsversuch. Mit Suzuki wollte VW 2009 ein Billigmodell für den indischen Markt entwickeln, doch die Kooperation endete schon nach Monaten in einer Schlammschlacht mit anschließender Trennung. VW begegnete dem kleinen Partner nicht auf Augenhöhe. Das Suzuki-Management rebellierte gegen das deutsche Diktat. Und so ist VW beim Billigauto für Schwellenländer weiterhin auf null. Eine Partnerschaft mit dem indischen Autobauer Tata soll es jetzt richten.

Doch mit Suzuki entging VW der klare Marktführer in Indien, fast jedes zweite in Indien verkaufte Auto ist ein Suzuki-Fabrikat. Tata kommt auf weniger als ein Fünftel des Suzuki-Absatzes. Nun wollen Suzuki und Toyota kooperieren, so hatten es die alten Herren an den Firmenspitzen verabredet – der 86-jährige Osamu Suzuki und der 92-jährige Shoichiro Toyoda. Die Annäherung umsetzen müssen ihre Söhne Toshihiro Suzuki und Akio Toyoda. Eine spätere Kapitalallianz ist möglich. Dann fände mittelfristig Suzuki sogar einen Platz in der Toyota-Garage – und Toyota hätte den Milliardenmarkt Indien im Sack.

6. Mut statt Glaube ans Bewährte

Mehr als zehn Millionen Hybride mit Batterie und Elektromotor hat Toyota weltweit schon losgeschlagen. Schon seit 1996 kommen die Batterien aus eigener Produktion. Kein anderer Autobauer ist deshalb so gut gerüstet für das Zeitalter des elektrischen Fahrens – egal, ob mit Batterie als Energiespeicher oder mit der stromerzeugenden Brennstoffzelle der Wasserstofftechnologie. Und VW? „Ab 2020“, sagt Konzernchef Müller, könnten „Pilot“-Versuche zur Batteriefertigung beginnen.

Ein Großteil der Autobauer setzt für die Zukunft auf Batterieautos, an Wasserstofffahrzeuge glaubt kaum einer – es gibt kaum umweltfreundlich hergestellten Wasserstoff, und das Tankstellennetz ist winzig. Auch VW hat die Wasserstofftechnik abgehakt. Nur noch Audi soll sich darum kümmern. Die Ingolstädter wollen zwar ein Brennstoffzellenauto entwickeln. Doch wann es auf den Markt kommen könnte, steht in den Sternen.

Toyota dagegen bleibt stur. „Wir halten Brennstoffzellenfahrzeuge weiter für das ultimativ umweltfreundliche Auto“, sagt Vize-Präsident Takahiko Ijichi. Anders als das Audi-Management wissen die Toyota-Leute, wovon sie sprechen: Das erste kommerzielle Brennstoffzellenauto brachte Toyota schon 2015 auf den Markt.

VW kann nur noch hoffen, dass Toyota bei der Brennstoffzelle nicht den gleichen treffsicheren Instinkt hat wie beim Hybridauto.

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