Volkswagen-Hauptversammlung So will Diess den VW-Konzern umbauen

VW-Chef Herbert Diess Quelle: dpa

Langweilig wird es nie bei VW – Dieselgate, Tierversuche, Kartellvorwürfe und schließlich der unerwartete Wechsel an der Konzernspitze. Der neue Chef machte auf der Hauptversammlung klar, wie entschlossen er ist.

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Hauptversammlungen von Volkswagen waren in den vergangenen Jahren keine besonders freudvollen Veranstaltungen – vor allem wegen der milliardenteuren Abgasmanipulation. Und auch in diesem Jahr hätten die Folgen von Dieselgate, die umstrittenen Tierversuche, Kartellvorwürfe und nicht zuletzt der unerwartete Chefwechsel im April für schlechte Stimmung unter den Aktionären sorgen können.

Dass das große Scherbengericht im Berliner CityCube ausfiel, lag natürlich auch an der aktuellen Lage des Konzerns: Die Aufarbeitung der Dieselkrise schreitet voran, die Gewinne sprudeln, der Absatz bricht alle Rekorde – zuletzt auf 10,7 Millionen Fahrzeuge.

Aber auch daran, dass die Aktionäre den jüngsten Umbruch an der Konzernspitze mittragen. Der frühere Vorstandsvorsitzende Matthias Müller hatte sich aller Leistungen bei der Neuausrichtung des Konzerns zum Trotz bei den Aktionären nur überschaubarer Beliebtheit erfreut – nicht nur in der leidvollen Debatte um die Vorstandsvergütung hatte er öffentlich kein gutes Bild abgegeben. Als der Aufsichtsratsvorsitzende Hans Dieter Pötsch Müller für seine „herausragenden Leistungen“ dankte, gab es dennoch pflichtbewusst Applaus aus dem Plenum.

Die deutlich größere Zustimmung erhielt allerdings der neue Vorstandsvorsitzende Herbert Diess, als er nach seiner gut halbstündigen Rede das Podium verließ. Der von Müller ausgerufene Kulturwandel für mehr ethisches Verhalten im Konzern und eine bessere Kritikfähigkeit hatte bislang viele Fragen offengelassen. Diess will das entschlossener angehen – und übte offene Kritik am bisherigen System. „Volkswagen muss in diesem Sinne noch ehrlicher, offener, wahrhaftiger, in einem Wort: anständiger werden“, sagte Diess.

Der Vorstand habe mit „Together4Integrity“ ein Programm zum Kulturwandel auf den Weg gebracht. Das interne Hinweisgeber-System soll demnach ausgebaut, Fehlverhalten kompromisslos geahndet werden. Zuvor hatte der von den US-Behörden nach dem Abgasskandal eingesetzte Aufpasser Larry Thompson in einem Bericht an das US-Justizministerium die interne Aufarbeitung der Affäre kritisiert. Thompson soll nach dem Abgasbetrug und Schuldeingeständnis des Konzerns in den USA sicherstellen, dass sich solches Verhalten nicht wiederholt.

Nötig seien belastbare Strukturen und Prozesse – „vor allem aber müssen wir auch danach handeln“, verlangte Diess. „Mir ist es ein Anliegen, dass Volkswagen offen und transparent ist.“ Dazu gehöre es auch, unbequeme Wahrheiten auszusprechen: Den Weg zu einer offeneren Unternehmenskultur, in der Widerspruch belohnt statt erstickt werde, habe man unterschätzt. Werteverstöße gebe es in jeder größeren Organisation. Bei Volkswagen allerdings sei dies bis in die jüngere Vergangenheit hinein „eindeutig zu viel“ geschehen.

Zudem will Diess in der zweiten Phase der Neuausrichtung das umsetzen und beschleunigen, was Müller nicht (mehr) geschafft hat: „Wir müssen den Konzern vom schwerfälligen Tanker zu einem schlagkräftigen Verbund von Schnellbooten machen“, umschrieb Diess sein Vorhaben. Volkswagen müsse bei Entscheidungen und deren Umsetzung schneller werden. Die Wege seien zu lang, zudem gebe es an vielen Stellen Doppelarbeit.

Umsetzen will er das mit der im Kern vor drei Wochen vorgestellten Konzernstruktur. Die neuen Markengruppen heißen „Volumen“ (VW, Skoda, Seat, leichte Nutzfahrzeuge, Mobilitätsdienstleister Moia), „Premium“ (Audi, Porsche Holding Salzburg, Lamborghini, Ducati) und „Super Premium“ (Porsche, Bentley, Bugatti).

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