Absturz einer Privatbank Zoff ums Sal.-Oppenheim-Erbe

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Revolte im Familienkreis


Während der Überweisung eingeschlafen: Die spektakulärsten Bankenpannen
Citigroup Quelle: dpa
Fehlerquelle „Kopieren und Einfügen“: Die stolze Summe von 4.632.124.357.000.001 Euro hat die Minijob-Zentrale der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn-See in Essen von einer Frau aus dem Schwarzwald 2015 gefordert. In einem Brief von Anfang März hatte die Minijob-Zentrale angekündigt, den 16-stelligen Betrag erneut von ihrem Konto einzuziehen. Der erste Abbuchungsversuch sei aus nicht ersichtlichen Gründen gescheitert. „Das Schreiben ging tatsächlich so raus“, bestätigte ein Sprecher. Zu dem Fehler sei es gekommen, weil eine Mitarbeiterin statt der zu zahlenden Summe eine Kundennummer in das Formular kopiert hatte. Tatsächlich sei es um einen niedrigen dreistelligen Betrag gegangen. Die Billiarden seien allerdings nie abgebucht worden, weil das Missgeschick zeitig aufgefallen sei. Bei einer Sozialversicherung mit 26.000 Mitarbeitern kämen natürlich Fehler vor, erklärte der Sprecher. „Dass aber jemand zu solch einer hohen, falschen Zahlung aufgefordert wird, ist nach meinem Wissen einmalig“, sagte Buschfort. Bei Banken kommen solche Pannen dagegen offenbar häufiger vor... Quelle: dpa
Weil ein Angestellter der Frankfurter Volksbank bei der Arbeit kurz einschlief, wäre ein Rentner beinahe um 222.222.222,22 Euro reicher gewesen, berichtete Spiegel Online 2013. Der Mann blieb mit dem Finger auf der "2" hängen und wies so statt 62,40 Euro mehr als 222 Millionen Euro an. Selbst bei einer Prüfung, die für alle Überweisungen jenseits von 100.000 Euro fällig ist, fiel der Fehler nicht auf. Erst ein dritter Mitarbeiter bemerkte, dass da irgendwas nicht stimmen kann, und stoppte die Überweisung. Pech für den Rentner, Glück für die Bank - denn die wäre im Zweifelsfall auf dem Schaden sitzen geblieben. Und die Geschichte wird noch kurioser: Denn der Mann, dem der Vertipper unterlief, war gar nicht befugt, die Beträge zu ändern. Er sollte lediglich die Bankleitzahl prüfen. Die Mitarbeiterin, die die Überweisung nicht genau genug prüfte, verlor ihren Job - konnte sich aber mittlerweile erfolgreich zurück ins Unternehmen klagen. Quelle: imago images
2012 wurde ein indischer Oberschullehrer über Nacht zum Milliardär. Grund war eine Fehlbuchung seiner Bank. Statt der erwarteten Zinszahlung von umgerechnet 150 Euro sah er plötzlich ein Guthaben von 496 Milliarden Rupien (7,5 Milliarden Euro) auf seinem Konto. Die betroffene Bank erklärte, es sei unklar, wie es zu dem Irrtum kam. Quelle: imago images
Während sich der Inder für einen Tag als Milliardär fühlen konnte, traf den dänischen Elektriker Dennis Pallesgaard bei der Kontrolle seiner Kontoauszüge fast der Schlag: Statt der erwarteten Abbuchung von 3200 Kronen für eine Hypothek wies die Bank einen Fehlbetrag von rund 63 Milliarden dänischer Kronen aus (etwa 8,5 Milliarden Euro). Der Grund für die Panne war schnell gefunden: Statt der Abbuchungssumme war die Kontonummer von seinem Konto abgezogen worden. Quelle: dpa
KfW Quelle: dpa
Bank of America Quelle: REUTERS

Am 15. Juni 2005 um 10.30 Uhr trafen sich in der früheren Quelle-Kapitale Fürth bei Nürnberg die Gesellschafter der Madeleine Schickedanz Vermögensverwaltung. In der Gesellschaft war die Familienhabe gebunkert. Zu den Inhabern zählten neben Schickedanz auch ihre Kinder aus früheren Ehen. Und nicht alle waren von Muttis kreditfinanzierten Shoppingtouren angetan.

Hans-Peter Mangold, Sohn aus erster Ehe, probte den offenen Aufstand. Er hatte im Vorfeld der Sitzung Anwälte eingeschaltet und verweigerte seiner Mutter bei der Versammlung die Entlastung. Er fühle sich nicht ausreichend informiert, halte die Geschäftspolitik für „riskant“ und könne „keine tragende Strategie“ erkennen, heißt es in dem geheimen Protokoll des Treffens.

Früher ohne Anwälte

Schickedanz war ob der Revolte im Familienkreis konsterniert. Sie sehe in den Argumenten ein Misstrauen ihr gegenüber. Auch ihre Eltern hätten vielfach vor kritischen Situationen gestanden, aber in der Familie sei nicht mit Anwälten verkehrt worden. „Wie ihre Eltern werde auch sie dort, wo sie das Risiko trägt, alleine entscheiden“, vermerkt das Protokoll.

Der Satz dürfte auch vor Gericht eine Rolle spielen: Schickedanz trägt das Risiko, sie entscheidet. Von Druck durch Esch oder Scheinkäufen für einen Oppenheim-Investorenclub ist selbst im Familienkreis nicht die Rede. Ihr Ehemann Leo Herl führte bei dem Treffen vielmehr aus, dass die Investition im Zuge der Kapitalerhöhung zwingend notwendig war, um eine Insolvenz abzuwenden. Mit späteren Aktienkäufen sollte der Markt beruhigt werden. Im Umfeld der Quelle-Erbin heißt es, die Strohfrau-Konstruktion sei damals angesichts der internen Spannungen auch innerhalb der Familie verschwiegen worden. Fest steht: Hätte die Quelle-Erbin die Einwände ihres Sohnes beherzigt, würde sie wohl noch zu den reichsten Deutschen zählen. Stattdessen muss die 69-Jährige nun darauf bauen, dass das Gericht ihr glaubt – oder ihre Anwälte einen Vergleich aushandeln.

Die Kompromissbereitschaft der neuen Sal.-Oppenheim-Führung scheint jedoch begrenzt. Nach Verrechnung von Sicherheiten und Kreditschulden könnte Schickedanz einen gewissen Lebensstil behalten, aber mehr – sprich: Schadensersatz – sei nicht drin, deutet ein Jurist an.

Götterdämmerung

Das Filmchen auf der Internet-Seite des Bankhauses Sal. Oppenheim ist zwei Minuten und 42 Sekunden kurz. „Über 220 Jahre Kontinuität“ verspricht der Werbeclip. Der seit 2010 amtierende Oppenheim-Chef Wilhelm von Haller joggt darin die Eingangstreppe der Bank in Köln hinauf oder liest auf dem Rücksitz seiner Limousine den Wirtschaftsteil. Dazu geben er und andere Vorstände wohlklingende Anlegermaximen von sich. Bekennen sich zur „besonderen Form der Wertschätzung“. Wollen durch die Kombination „aus Personen und Vermögen“ für ihre Kunden „die beste Bank der Welt“ sein. Denn: „Es geht darum, Versprechen zu halten.“

So soll sie aussehen, die neue blitzsaubere Oppenheim-Welt. Nicht einmal am Rande ist die Rede von Verfehlungen der Vergangenheit. Für manchen Oppenheim-Esch-Anleger ist das der blanke Hohn.

Das sind die Rendite-Könige unter Europas Banken
Platz 10: Erste Bank GruppeDie Nachrichtenagentur Bloomberg hat ein Ranking der europäischen Banken mit dem besten Risiko-Rendite-Profil erstellt. Dazu wurde die absolute Rendite durch die Volatilität beziehungsweise durch die Kursschwankungen geteilt (risikoadjustierte Rendite) – und das über den Zeitraum der vergangenen zehn Jahre.Die beste und einzige Bank in der Rangliste aus dem deutschen Sprachraum ist die österreichische Erste Bank. Die Bank ist das Leitinstitut der österreichischen Sparkassen und das älteste bestehende Kreditinstitut des Landes. Im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre hatte die Bank eine risikoadjustierte Rendite von 0,43 Prozent. Quelle: AP
Platz 9: Skandinaviska Enskilda Banken (SEB)Die schwedische Skandinaviska Enskilda Banken (im Bild die Filiale in Vilnius, Litauen) ist in Deutschland vor allem unter ihrer Abkürzung SEB und den entsprechenden Filialen bekannt. Ende Januar 2011 wurde das deutsche Privatkundengeschäft allerdings an die Banco Santander abgegeben. Die SEB Bank landet mit 0,78 Prozent auf Rang neun der Rangliste der risikoadjustierten Rendite. Quelle: rtr
Platz 8: Banco SantanderDie spanische Banco Santander kommt auf eine risikoadjustierte Rendite von mehr als einem Prozent. Genauer gesagt sind es 1,05 Prozent. Das reicht zum achten Platz im Ranking. In Deutschland ist die Bank mit ihrer Tochter Santander Consumer Bank auf Wachstumskurs. Quelle: rtr
Platz 7: HSBCDie globale Großbank mit Sitz in London landet auf Platz sieben der Rangliste. Im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre hat die HSBC eine risikoadjustierte Rendite von 1,35 Prozent erwirtschaftet. Doch an die Renditekönige der Branche in Europa kommt sie damit beileibe nicht dran. Quelle: rtr
Logo der Swedbank Quelle: rtr
Platz 5: DNB NORDNB ist der größte Finanzdienstleister Norwegens. Das Institut mit Sitz in Oslo ist mehrheitlich im Staatsbesitz und gehört zu den Top 5 der Rendite-Könige in Europa. Sage und schreibe 4,09 Prozent betrug die risikojustierte Rendite im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Nur vier Banken können da noch eins draufsetzen. Quelle: Presse
Logo der Nordea Bank Quelle: dpa

Von Beginn an ist die Deutsche Bank als Neu-Eigentümerin auf Distanz zu Esch gegangen. Doch ganz kann sie die Verbindung nicht kappen. Schließlich haben gerade besonders wohlhabende Kunden dort insgesamt mehr als vier Milliarden Euro investiert.

Wie gefährlich die Verquickung mit Esch werden kann, zeigt ein in einer Sendung des WDR zitiertes Gutachten der Anwaltskanzlei Freshfields. Die Risiken für die Deutsche Bank durch mögliche Forderungen geschädigter Anleger beziffert es auf 1,8 Milliarden Euro. Weiter heißt es, dass die Aufklärung über Risiken nicht den üblichen Standards entsprochen habe – ein Vorwurf, der den Klägern bei den bevorstehenden Prozessen Munition liefert. Die Deutsche Bank erklärt, das Gutachten sei „in einem frühen Stadium der Verhandlungen“ entstanden, die Rechtsrisiken hätten sich nicht materialisiert.

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