Aufsichtsratssitzung Commerzbank bemüht sich um Lösung der Führungskrise

Die Commerzbank steckt in einer Sackgasse. Das Institut muss seinen Sparkurs verschärfen - doch wer das an der Konzernspitze umsetzen soll, ist unklar. Quelle: dpa

Löst die Commerzbank ihr Führungsproblem? Zwei Spitzenpositionen müssen neu besetzt werden. Einfach wird das nicht: Der Finanzinvestor Cerberus will die Wahl des Favoriten für den Chefposten im Aufsichtsrat verhindern.

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Die Commerzbank bemüht sich erneut um einen Ausweg aus der Führungskrise. Der Aufsichtsrat des Frankfurter MDax-Konzerns berät am Montag weiter über Lösungen – fast genau vier Wochen, nachdem sowohl Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann als auch Konzernchef Martin Zielke ihren Rücktritt angekündigt hatten. Eine schnelle Neubesetzung der beiden Spitzenpositionen bei dem teilverstaatlichten Instituts zeichnete sich zuletzt nicht ab.

Doch die Zeit drängt: Für den amtierenden Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann ist es die letzte Sitzung in dieser Funktion. Schmittmann hatte seinen Rücktritt zum 3. August angekündigt. Aus dem Gremium heraus hat sich bislang keine Nachfolgeregelung ergeben, daher wurde extern nach potenziellen Kandidaten gesucht. Als aussichtsreicher Kandidat für den Aufsichtsratsvorsitz gilt der frühere Vorstandsvorsitzende der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), Hans-Jörg Vetter (67). Am Montag könnte der Aufsichtsrat bei seiner Sitzung die Ernennung beschließen.

Die Commerzbank wollte entsprechende Berichte nicht kommentieren. Vetter war im Frühjahr 2016 schon mal als möglicher Aufsichtsratschef der Commerzbank im Gespräch – damals fiel die Wahl auf Schmittmann.

Den Vertrag mit Konzernchef Martin Zielke wird die Bank spätestens zum 31. Dezember 2020 vorzeitig auflösen. Der seit Mai 2016 amtierende Manager hatte nach Kritik von Investoren eingeräumt, dass die im vergangenen Herbst beschlossenen Maßnahmen nicht durchschlagend genug waren, um das Institut im Zinstief profitabler zu machen. Auf dem Tisch liegen dem Vernehmen nach Pläne, Stellenabbau und Filialschließungen deutlich zu verschärfen.

Zielke hatte erklärt, er wollen „den Weg für einen Neuanfang freimachen“. Die Bank brauche „eine tiefgreifende Transformation“ und dafür einen neuen Vorstandschef, „der vom Kapitalmarkt auch die notwendige Zeit für die Umsetzung einer Strategie bekommt“. Zielke hatte angeboten, bis zur Regelung der Nachfolge für den Vorstandsvorsitz die Geschäfte weiterzuführen.

Der Doppelrücktritt traf die Commerzbank mitten in der Debatte über den künftigen Kurs. An diesem Mittwoch (5. August) legt das Geldhaus zudem Zahlen für das zweite Quartal vor.

Investoren und Aufsichtsräte pochen auf einen geordneten Prozess: Erst ein neuer Aufsichtsratschef, dann die Neubesetzung der Vorstandsspitze, anschließend die Festlegung der Strategie. Auch der Bund als Großaktionär hat ein Interesse daran, das Führungsvakuum bei der Commerzbank zu beenden.

Der Finanzinvestor Cerberus, der mit seiner Kritik an Vorstand und Aufsichtsrat den Doppelrücktritt befördert hatte, würde gerne zwei Posten in dem 20-köpfigen Kontrollgremium mit Vertrauten besetzen. Cerberus will auch bei der Suche nach einem neuen Aufsichtsratschef mitmischen. „Cerberus hat mindestens zwei Kandidaten identifiziert, die die notwendigen Qualifikationen haben, um die Rolle des Vorsitzenden zu besetzen und die aller Vermutung nach auch das Vertrauen aller wichtigen Interessengruppen genießen würden“, teilte der Finanzinvestor am Montag in einem Schreiben mit, das auch der WirtschaftsWoche vorliegt. Zudem äußert Cerberus Zweifel an den Fähigkeiten des ehemaligen Chefs der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), Hans-Jörg Vetter. So heißt es in dem Brief, es sei nicht klar, ob er über die „richtige Erfahrung hierfür verfügt“. Der US-Finanzinvestor geht außerdem davon aus, „dass der Aufsichtsrat die wesentlichen Interessensgruppen zumindest in gewissem Umfang in seine Entscheidungen über Neubesetzungen einbeziehen wird. Dies scheint bisher nicht der Fall zu sein“. Die Bank wollte das Schreiben des Großaktionärs nicht kommentieren.

Der US-Fonds ist mit gut fünf Prozent zweitgrößter Aktionär der Commerzbank – nach dem deutschen Staat, der seit der Rettung des Instituts mit Steuermilliarden in der Finanzkrise 2009 größter Anteilseigner mit derzeit 15,6 Prozent ist. Cerberus hatte der Führung des im September 2018 in den MDax abgestiegenen Instituts vorgeworfen, „über Jahre eklatant versagt“ zu haben.



Zu allem Überfluss verdarb die Coronakrise der Commerzbank dann auch noch den Start ins Jahr 2020 und lässt das Gewinnziel für das Gesamtjahr wackeln. Analysten rechnen sowohl in diesem Jahr als auch 2021 unter dem Strich mit einem Verlust bei dem Frankfurter Institut. Für das zweite Quartal erwarten die Experten einen kleinen Gewinn.

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