Am Dienstag hatten manche US-Analysten schon geglaubt, sie hätten das schlimmste hinter sich. Der Wochenauftakt hatte in der Folge des Zusammenbruchs der Silicon Valley Bank (SVB) vor allem für amerikanische Regionalbanken zwar massive Kursverluste gebracht, doch einen weiteren Bank-Run hatte es nicht gegeben. Das Versprechen der Biden-Administration, die Spareinlagen der Amerikaner zu garantieren, und das Hilfsprogramm der Zentralbank Fed hatten Ruhe ins System gebracht.
Doch dann kam der Mittwoch – und mit ihm der Kursabsturz bei der Schweizer Großbank Credit Suisse (CS). Plötzlich kehrte auch an die US-Börsen die Unsicherheit zurück. Und die Aktien zahlreicher Kreditinstitute gingen auf Talfahrt. Erst nachdem die Schweizer Nationalbank mitteilte, den Zürchern bei Bedarf Liquidität zur Verfügung zu stellen, beruhigte sich die Situation etwas. In der Wall Street stieg sogar der Kurs der CS wieder leicht an.
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Trotzdem: Die erneute Verunsicherung im Bankensektor ruft auch die US-Politik auf den Plan. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg meldete, überprüft das US-Finanzministerium derzeit, wie groß das Risiko für den US-Bankensektor durch die Situation bei der Credit Suisse ausfällt. Demnach arbeiten Vertreter des Finanzministeriums in dieser Frage „eng mit der Federal Reserve und den europäischen Aufsichtsbehörden zusammen“, heißt es. Eine offizielle Stellungnahme der Zentralbank oder des Finanzministeriums gab es bisher nicht.
Allerdings lassen die amerikanischen Großbanken bereits durchblicken, dass sie die Gefahr durch die Schweizer für überschaubar halten. Laut der Nachrichtenagentur Reuters arbeiten die Wall-Street-Riesen bereits seit Monaten daran, ihr Risiko durch Probleme bei der Credit Suisse zu verringern. Schließlich kommen die Probleme bei der Zürcher Großbank für Branchenkenner wenig überraschend.
Trotzdem bleibt die Situation schwer berechenbar. Positiv bewerten Analysten die ersten schnellen Reaktionen von Regulierungsbehörden in den USA und in Europa. „Wir glauben, dass es eine realistische Chance gibt, eine gewisse Stabilisierung zu sehen“, sagte Dan Ivascyn, Chief Investment Officer von Pimco, zur „New York Times“. „Aber es wird Nachbeben geben. Wir glauben, dass wir uns in den nächsten Monaten in einem volatilen Umfeld befinden“
Vor diesem Hintergrund rückt die nächste Zinsentscheidung der Fed in den Fokus. In der kommenden Woche kommt das Entscheidungsgremium der US-Notenbank erneut zusammen, um über den Leitzins zu beraten. Bis vor kurzem war angesichts der immer noch hohen Inflationsrate in den Vereinigten Staaten erneut eine deutliche Anhebung erwartet worden.
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Doch angesichts der Unruhe im Bankensystem gibt es daran nun erhebliche Zweifel. Ein minimaler Anstieg um 0,25 Prozent sei vorstellbar, um bei der Bekämpfung der Geldentwertung nicht an Glaubwürdigkeit zu verlieren, heißt es bei manchen Analysten. Andere hingegen denken nicht, dass mit Blick auf die Verunsicherung im System überhaupt eine Anhebung denkbar ist.
„Die Fed hat auf ihrer Sitzung nächste Woche eine sehr schwierige Entscheidung zu treffen“, sagte Paul Ashworth, Chefvolkswirt für Nordamerika bei Capital Economics, der im Moment noch zu einer Zinserhöhung der Fed um einen Viertelprozentpunkt tendiert, zu Reuters. „Es ist eine sehr knappe Entscheidung (...), das Risiko einer ausgewachsenen Ansteckung bleibt bestehen, und in der Woche bis zur Ankündigung kann viel passieren.“
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