Airline vom Golf Qatar Airways ist eine Fluglinie in diplomatischer Mission

Qatar-Airways-Chef Akbar Al Baker ist in der Luftfahrtbranche berühmt berüchtigt für seine Auftritte. Quelle: imago images

Innerhalb von 25 Jahren ist Qatar Airways zu einem der weltweit größten Langstreckenflieger gewachsen. Die Airline vom Golf soll das Land auch vor politischer Isolation bewahren.

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Wenn sich die wichtigsten Manager der Flugbranche jedes Jahr zur Generalversammlung des Luftfahrtverbands Iata treffen, warten viele Teilnehmer nervös auf einen festen Programmpunkt: den sogenannten Akbar-Moment. Unter diesem sind in der Branche die regelmäßig kontroversen Auftritte des Qatar-Airways-Chefs Akbar Al Baker bekannt. Mal bescheinigte der asketisch wirkende Manager den US-Linien, ihre Kunden würden „von Großmüttern bedient, während meine Flugbegleiterinnen im Schnitt 26 sind“. Und auf die Frage, ob auch eine Frau Qatar Airways führen könnte, antwortete er, „dass die Linie von einem Mann geleitet werden muss, denn es ist ein sehr herausfordernder Job.“

Anschließend entschuldigt sich der 1962 geborene Manager dann mehr oder weniger engagiert. Für viele, die den hageren Mann mit dem stechenden Blick kennen, passen die Äußerungen in ihr Gesamtbild des in Indien ausgebildeten Kataris. Hinsichtlich der beruflichen Leistung ist das durchaus respektvoll: „Anders als die meisten anderen Topmanager eines Staatsbetriebs aus der Region und erst recht die Mitglieder einer Herrscherfamilie arbeitet er unermüdlich und kennt jedes Detail des Betriebs“, sagt einer, der den Katari mit der Pilotenlizenz im beruflichen Alltag erlebt hat. „Doch wie jeder Adelige vom Golf ist auch er pedantisch, aufbrausend und nachtragend.“

Das spürte zuletzt vor allem Airbus. Denn sowohl beim Mittelstreckenjet A320neo als auch beim Langstreckenflieger A350, bei dem Qatar Airways Erstkunde war, ließ er die Auslieferungen platzen. Einmal waren es technische Probleme, „aber einmal auch, weil ein Lila-Ton im Dekor bei bestimmtem Licht nicht der von ihm vorgegebenen Farbe entsprach“, stöhnt ein Airbus-Mitarbeiter.

Das Selbstbewusstsein Al Bakers rührt aus seinem beruflichen Erfolg. Er hat im Alter von 34 Jahren den Aufbau von Qatar Airways gestartet und die Linie innerhalb von 20 Jahren unter die zehn größten Langstreckenlinien geführt. Und ihm gelang es, dass die Linie vor ein paar Jahren sogar Gewinne schrieb – auch wenn die nicht zuletzt daher stammten, dass eine Tochter der Qatar Airways Group das Monopol zum Import alkoholhaltiger Getränke im Land hat. Dabei verfolgt das Emirat mit der Fluglinie in erster Linie nicht nur wirtschaftliche Ziele. Qatar Airways soll die Vernetzung des Landes mit wichtigen Nationen sichern und eine politische Isolation verhindern.

Mit dem Ausbau der Fluglinie kopierte Katar auf den ersten Blick das nahe Dubai. Dort hatte die Herrscherfamilie schon vor fast 40 Jahren damit begonnen, ihre Heimat zum Handelszentrum zu machen. Dafür baute sie ein komplexes System aus dem Flughafen, der Fluglinie Emirates sowie Nebenbetreiben von der Fracht bis zur Wartung auf. „Als das Erfolg hatte, hat Katar nachgezogen“, sagt ein erfahrener Reisemanager.

Der gute Service machte Qatar Airways schnell beliebt bei Passagieren und die großen Nachfrage machte die Linie zu einem der wichtigsten Kunden von Airbus und Boeing. Al Baker hatte keine Scheu vor Risiko und orderte gern neue Modelle, auch wenn die wie zuletzt die Airbus-Flieger A320neo oder A350 oft mit massiven Kinderkrankheiten starteten. „Das sichert ihm Schlagzeilen und das Wohlwollen der Wirtschaftspolitiker gerade in den Airbus-Ländern, weil Katar im Verhältnis öfter europäisch kauft als die Lokalrivalen Emirates aus Dubai und Etihad aus Abu Dhabi“, sagt ein Manager aus der Branche.

Ab 2010 drohte die Expansion jedoch ins Stocken zu geraten. Weil die etablierten europäischen Linien wie Lufthansa und Air France-KLM besonders im Verkehr nach China und Indien Kunden an die günstigeren Fluglinien vom Golf verloren, forderten sie Grenzen für die arabischen Linien. Denn die Neulinge aus dem Morgenland genossen aus ihrer Sicht unzulässige staatliche Hilfen in Form von niedrigen Flughafengebühren, geringeren Sozialversicherungsbeiträgen bis hin zu offenen Hilfen beim Kauf von Jets oder Flugbenzin.

„Ein Airport ist in jedem Land das beste Symbol einer nationalen Infrastruktur“

Eine besonders große Herausforderung für die Airline ergab sich in den Jahren ab 2014: Wegen der Unterstützung von Katar für die in den übrigen Monarchien am Golf verhasste fundamentalistische Muslimbruderschaft kam es zum Konflikt mit dem Nachbarland Saudi-Arabien.

Die katarische Airline versuchte gegenzusteuern: Um besonders in Europa als friedliche Macht wahrgenommen zu werden, trat Qatar Airways zuerst der Luftfahrtallianz Oneworld um British Airways (BA) und American Airlines bei. Dann investierte Al Baker in lokale Unternehmen der Branche. Zuerst kaufte er 2015 zehn Prozent an der IAG genannten Muttergesellschaft von BA und der der spanischen Iberia – und stockte sie in zwei Schritten auf fast 22 Prozent auf.

2016 übernahm Qatar Airways 49 Prozent und damit de facto die Führung an der heutigen Air Italy und versprach sie mit 30 neuen Langstreckenmaschinen zur wahrhaft nationalen Linie Italiens auszubauen. Das kam im Lande an, denn wegen des dauerhaften Siechtums ist Italien das einzige große Land, ohne eine starke heimische Airline.

Peking eröffnet seinen neuen Mega-Flughafen
Nach nur vier Jahren Bauzeit ist in Peking der neue internationale Flughafen in Betrieb genommen worden. Quelle: imago images
Auf der Feier verkündete Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping persönlich die Eröffnung des Mega-Airports. Quelle: dpa
Das für umgerechnet 57,5 Milliarden Euro und in weniger als fünf Jahren umgesetzte Projekt in Peking sei „eine neue starke Quelle für die nationale Entwicklung“, sagte Xi während der Feierlichkeiten. Quelle: imago images
Der Flughafen in Daxing rund 50 Kilometer südlich der Innenstadt ist nach Gebäudefläche der größte Flughafen der Welt. Quelle: imago images
Wegen ihrer sechs Seitenarme wird die Konstruktion auch „Seestern“ genannt. Passagiere sollen kurze Wege haben – maximal 600 Meter. Quelle: imago images
 Der Flughafen wurde von der 2016 gestorbenen irakischen Architektin Zaha Hadid und ihren chinesischen Partnern entworfen, hat organische Formen und viel natürliches Licht. Quelle: imago images
Mit einer Schnellbahn sollen Passagiere in 20 Minuten in die Innenstadt gebracht werden können. Quelle: imago images

Parallel dazu investierte Al Baker im größeren Stil in europäische Flughäfen. „Ein Airport ist in jedem Land das beste Symbol einer nationalen Infrastruktur“, so der Manager im Jahr 2017. Für gut eine Milliarde Euro sicherte sich der Staatsfonds QIA ein Fünftel des größten europäischen Landeplatzes London Heathrow und stellte hinterher weitere fast 800 Millionen für Investitionen bereit. Die Interessen des QIA im Verwaltungsrat der Betreibergesellschaft vertritt Al Baker. Gleichzeitig kaufte QIA unter anderem dem Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport Anteile am Flughafen Pulkowo im russischen St. Petersburg ab und hält heute knapp ein Viertel der Anteile.

Bei ihrer diplomatischen Mission setzt Qatar Airways darüber hinaus intensiv auf Sportsponsoring. So verdrängte die Fluglinie im vergangenen Jahr den Konkurrenten Lufthansa vom Ärmel des Trikots beim FC Bayern München. Seit Jahren schon reist der Verein zum Wintertrainingslager in das Emirat. Zudem ziert das Logo die Vorderseite der Trikots des AS Rom. Die Partnerschaft mit dem italienischen Traditionsclub könnte noch ausgebaut werden. Gerüchteweise könnte der Verein nach Paris Saint-Germain als zweiter europäischer Club von Katar übernommen werden.

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