Condor Drei Wege aus der Insolvenz

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Die Zukunftsszenarien für Condor

Um die Herausforderungen zu lösen, bleiben Condor am Ende drei Wege. Der einfachste wäre, sich aus eigener Kraft zu sanieren, danach selbstständig zu bleiben oder auch an die Börse zu gehen. Das hätte den Vorteil, dass die Linie ohne große Rücksichtnahme auf Investoren agieren und schneller wachsen kann. Dies gilt besonders auf der Fernstrecke zu Urlaubszielen in der Karibik oder in Asien. Dieses vor allem von Reiseveranstaltern geprägte Geschäft ist sowohl den Billigfliegern wie den etablierten Airlines zu kompliziert.

Diesen Weg hält am Ende aber kein Experte für sinnvoll. Denn neben der Fernstrecke braucht Condor auch den Europaverkehr. Doch dort ist die Linie zu klein, um vor allem bei den Kosten neben den Großen bestehen zu können. „Wie schwer das Feld Urlaubsflug ist, zeigt sich allein darin, dass mit Air Berlin, Germania oder Azur Air fast alle eigenständigen Anbieter weg sind“, analysiert ein Kenner des Markts.

Das weiß auch Teckentrup. „Unabhängig zu bleiben, ist keine sinnvolle Lösung“, sagt der Manager. „Wir suchen uns einen neuen Eigentümer.“ Doch das ist auch nicht leicht. Verlockend erscheint der Verkauf an einen einzigen Investor, der sich im Fluggeschäft auskennt. Als Favorit galt lange Zeit die Lufthansa. Sie hatte bereits im Frühjahr Interesse bekundet, weil Condor mit ihrer starken Präsenz in Deutschland die Stellung der Lufthansa weiter verbessern könnte. „Damit wären dann Frankfurt und mit Abstrichen Düsseldorf und München wieder komplette Festungen des Kranich-Konzerns“, fürchtet ein Branchenkenner. Zudem haben beide Linien eine gemeinsame Vergangenheit, weil Condor mal so etwas wie die Touristiktochter der Lufthansa war.

Doch mittlerweile hat sich Lufthansa zurückgezogen. Zum einen müsste der Kranich-Konzern mit hohen Kartellauflagen rechnen. Dazu würde eine Integration der Condor Europas größte Fluglinie an ihre Grenzen bringen. Noch laboriert das Unternehmen an der Übernahme der Air-Berlin-Teile in Eurowings. Die Herausforderungen sind so hoch, dass die Billiglinie bereits die geplante Eingliederung der belgischen Tochter Brussels aufgegeben und die eigene Billig-Langstrecke der Konzernmutter überlassen hat. „Da wäre der Einbau von Condor genau ein Problem zu viel“, meint ein Lufthansa-Kenner. Abgewunken haben dazu Fluglinien wie Ryanair. Und auch Easyjet-Chef Lundgren erklärt: „Wir haben kein Interesse.“

Als heißer Kandidat für einen Kauf gilt darum Indigo-Partners aus Phoenix im US-Bundesstaat Arizona. Dessen Chef William Augustus „Bill“ Franke kennt die Branche dank seiner Investments in Billigflieger wie Frontier (USA), Volaris (Mexiko), Jetsmart (Chile) und Wizzair. Sein Fonds hat viel Geld und darum einen exzellenten Ruf bei Banken und den Herstellern Airbus und Boeing. Dank seiner Großaufträge wie dem Kauf von 430 Airbus A320 Mittelstrecken-Maschinen vor zwei Jahren bekommen seine Flugbeteiligungen die Jets zu weniger als dem halben Listenpreis. Das wäre besonders für Condor gut, die ihre betagten Langstreckenmaschinen vom Typ Boeing 757 und 767 ersetzen sollte. Doch für einen Einstieg von Indigo müsste sich Condor anders organisieren. Denn als US-Unternehmen darf der Fonds aufgrund antiquierter Regeln keine Mehrheit an einer europäischen Airline halten, ohne nahezu alle Flugrechte zu verlieren.

Bliebe als dritte Lösung eine gemischte Eigentümerschaft aus der Branche. Auch hier gibt es Interessenten. Die Rewe-Tochter DER ist dazu grundsätzlich ebenso bereit wie Wettbewerber Alltours oder Schauinsland. „Von uns will keiner, dass wir unsere Kunden am Ende nur bei Tui oder Lufthansa zu deren Konditionen einbuchen können“, sagt ein führender Manager eines Veranstalters. Doch der Weg wird schwierig. Zum einen kostet der Einstieg die Veranstalter viel Geld. Allein um den Überbrückungskredit abzulösen, sind 400 Millionen Euro fällig. Und dann stehen noch die Ausgaben für Vertrauensmarketing oder Flugzeuge an. „Das ist angesichts der knappen Gewinnspannen in unserem Geschäft verdammt viel Geld“, so der Veranstalter-Manager.

Aber auch für Condor wäre so ein Verhältnis nicht ganz einfach. Denn um profitabel zu arbeiten, müsste die Linie ihren Eigentümern möglichst hohe Preise abverlangen. Die könnten sich dann als Gesellschafter jedoch dagegen wehren.

So bleibt als wahrscheinlichste Möglichkeit ein Mix aus Veranstaltern und ein, zwei Fonds wie Indigo. Dabei könnten die Veranstalter zuerst alles kaufen und dann einen Teil der Anteile zu einem höheren Preis weiterreichen. Dann würden sie nominell gut die Hälfte der Stimmrechte halten, damit Condor flugrechtlich deutsch bliebe. Die Großinvestoren würden sich mit 49,9 Prozent der Anteile begnügen, aber einen größeren Teil des dringend benötigten Kapitals in Form von Geld oder günstiger neuer Flugzeugverträge stellen.

Ganz leicht wird auch das nicht. Kompliziert könnte es vor allem werden, Einigkeit zwischen Veranstaltern, Investoren und dem Management um Teckentrup herzustellen, der angesichts der guten Zahlen bislang weitgehend freie Hand hatte. „Denn jeder von denen kann mit Recht behaupten, sein Geschäft sehr gut zu verstehen“, so ein Unternehmenskenner. „Und das kann gerade ein Unternehmen im Umbruch eher bremsen als beflügeln.“

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