EU-Richtlinie in Planung Restaurants sollen Wasser künftig verschenken

EU-Richtline: Gratis-Wasser in Restaurants Quelle: dpa

Restaurants sollen ihren Gästen Leitungswasser künftig kostenfrei auf den Tisch stellen, das sieht eine EU-Richtlinie vor, die nun beschlossen werden soll. Der Dehoga kritisiert das, dabei können Wirte davon profitieren.

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Der Posten kann zu den ärgerlichsten bei einem Besuch im Restaurant gehören: der für die Flasche Wasser. Es gehört weder Kompetenz dazu, noch muss ein großes Investement getätigt werden, um eine Flasche Wasser zu servieren. Dennoch kann sie je nach Restaurant bis zu mehr als zehn Euro kosten. Für viele Gastronomen ist der Verkauf von Wasser ein wesentlicher Bestandteil ihrer Kalkulation.

Die EU schlägt nun vor, dass Restaurants den Gästen kostenfrei Leitungswasser ausschenken könnten*. Das ist Teil einer Trinkwasserrichtlinie, die den Zugang zu sauberem Trinkwasser in der EU regeln und nun verabschiedet werden soll. Die zuständige deutsche Bundesumweltministerin Svenja Schulze signalisierte dazu bereits ihre Zustimmung. Das Europarlament hatte bereits 2018 grünes Licht gegeben. Die endgültige Entscheidung dürfte in der zweiten Hälfte des Jahres fallen.

In Deutschland hat diese Initiative Kritik ausgelöst. „Die Preisgestaltung ist in unserem Land ein hohes unternehmerisches Gut. Das muss auch so bleiben“, zitiert der Branchendienst tageskarte.io die Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges.

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Ein Blick über die Grenze lehrt allerdings, dass das Modell nicht zwangsläufig die Gastronomie schädigt. In Frankreich sind Gastronomen bereits verpflichtet, Gästen kostenfrei Leitungswasser zu geben. Auch in Restaurants in Österreich ist das keine Seltenheit. Wer Leitungswasser bestellt, kassiert hier auch keine scheelen Blicke. Dennoch schlägt das Thema auch in Österreich nicht überall auf Gegenliebe. „Wir wollen nicht, dass Brüssel darüber entscheidet, was wir mit unserem Wasser machen“, zitiert die Tiroler Tageszeitung eine Antwort des dortigen Umweltministeriums.

Zögerlich setzt es sich auch in Deutschland in vielen Restaurants durch, dass aufbereitetes Leitungswasser entweder für deutlich niedrigere Preise als abgefüllte Mineralwasser oder gar gratis angeboten wird. Der Schauspieler Til Schweiger musste sich 2017 scharfe Kritik gefallen lassen, dass in seinem Hamburger „Barefood Deli“ Leitungswasser für 4,20 Euro verkauft wurde. Wasser sei die Haupteinnahmequelle, argumentierte der Teilzeit-Gastronom.

Doch mit vermeintlich stolzen 4,20 Umsatz für Wasser haben Wirte die Rechnung ohne den Gast gemacht. Gerade Speiserestaurants, in denen die Menschen etwas mehr Zeit verbringen, können deutlich höheren Umsatz generieren. Dazu muss es Ihnen nur gelingen, dem Gast Flaschenweine oder hochwertige alkoholfreie Getränke schmackhaft zu machen - und ihm das Wasser, das kaum etwas kostet, quasi zu schenken.

Wenn nämlich Gäste, die gerne Wein trinken, aber gegen den Durst zum Essen immer auch eine Flasche Wasser ordern, dieses Geld in die Speisen oder eine bessere Flasche Wein investieren, kann der Wirt seinen Verlust mehr als ausgleichen. Die gebürtige Österreicherin Iris Griessauf betreibt in Köln das Gasthaus Esser, das im Guide Michelin mit einem Bib Gourmand ausgezeichnet ist. Die Sommelière pflegt eine umfangreiche Weinkarte für die sie unlängst als Sommelière des Jahres im Fachmagazin Falstaff nominiert war.

Das Wasser in Karaffen mit 0,5 Litern ist gefiltert und mit Kohlensäure versetzt, sie berechnet dafür 2,50 Euro. Am früheren Standort wurde Leitungswasser auf den Tisch gestellt, „das hat schon eine Lücke in die Kalkulation gerissen“, sagt Esser. Für Leitungswasser berechnet das Gasthaus auch heute nichts. Ihre Gäste würden so eher ein zweites Glas Wein trinken oder gleich eine Flasche bestellen.

Das erfordert allerdings in der Tat nicht allein andere Strategien im Verkauf im Restaurant. Sondern es benötigt auch Gäste, die nicht nur günstig etwas trinken wollen, sondern das gesparte Geld in andere Getränke oder einen Gang mehr investieren. Dafür allerdings ist keine Richtlinie in Planung.

*in einer vorigen Version hieß es, die EU wolle die Restaurants dazu verpflichten, Leitungswasser kostenlos auszuschenken. Das ist falsch. Siehe Vorschlag für die Richtlinie vom 27. Februar 2019.

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