Der fulminante Aufstieg des 2013 gestarteten Münchener Unternehmens Flixbus ruft zahlreiche Kritiker auf den Plan. Nach der Fusion mit dem Konkurrenten Meinfernbus Anfang 2015, dem Kauf von Megabus vor sechs Wochen und jüngst Postbus kommt Flixbus inzwischen auf einen Marktanteil von 80 Prozent – gemessen an den angebotenen Fahrplankilometern. Politiker und Wettbewerber sprechen von einem Monopol, das zulasten der Preise, des Wettbewerbs und der Kunden geht – und fordern deshalb eine stärkere Regulierung.
Doch so plausibel die Forderung auch klingt: Dem Bundeskartellamt sind die Hände gebunden. Laut Gesetz kann die Wettbewerbsbehörde erst dann einschreiten, wenn eine Fusion oder ein Unternehmenskauf gewisse Umsatzschwellen bricht. So müsste eines der Unternehmen mindestens fünf Millionen Euro und das andere mindestens 25 Millionen Euro Umsatz jeweils in Deutschland erzielen. Das ist zwar bei beiden Unternehmen der Fall. Doch beim dritten Kriterium fehlt die Größe: Der addierte Umsatz weltweit müsste bei 500 Millionen Euro liegen. Flixbus erreicht diese Summe selbst mit Postbus zusammen nicht.
Wie hoch der Umsatz von Flixbus unter Berücksichtigung von Postbus ist, bleibt nebulös. Der Umsatz der verkauften Tickets dürfte zwischen 300 und 500 Millionen Euro liegen. Demnach könnte das Unternehmen sogar schon knapp unter der Umsatzschwelle für kartellrechtliche Ermittlungen liegen. Allerdings bilanziert Flixbus nur die Vermittlungsprovisionen, die eigentliche Beförderung übernehmen mittelständische Busunternehmen. Offenbar kam Flixbus hier 2015 nur auf einen Umsatz von 187 Millionen Euro – zu wenig für ein Einschreiten der Kartellprüfer. Das Kartellamt jedenfalls sieht keine Handhabe.
Wie sich der Fernbusmarkt aufteilt
In der Auswertung der größten Fernbusanbietern durch das Forschungsinstitut IGES kommt der Verbund aus MeinFernbus und Flixbus auf einen Marktanteil von 71 Prozent – gemessen an den angebotenen Fahrplankilometern.
Mit großem Abstand folgt der Postbus auf Rang zwei. Die gelben Busse kommen auf einen Marktanteil von zehn Prozent.
Die Deutsche Bahn kommt auf dem Fernbusmarkt auf einen Anteil von neun Prozent – wenn man die Angebote IC Bus und Berlin Linien Bus zusammenrechnet.
Es gibt gute Gründe für die hohen Umsatzschwellen. „Der Gesetzgeber hat das bewusst so gewollt, damit sich kleine und junge Märkte entwickeln können“, sagt Kartellrechtler Dario Struwe von der Frankfurter Kanzlei FPS. „Dies kann dann eben dazu führen, dass einige Unternehmen eine Dominanz aufbauen.“ Immerhin: Flixbus entwickelt sich auch deswegen zu einem großen europäischen Verkehrskonzern. Gestärkt durch die Situation in Deutschland, ist Flixbus dabei, die Fernbusmärkte in Frankreich, Italien, Holland und Osteuropa zu überrollen.
Doch was wäre, wenn Flixbus die Kriterien für ein Einschreiten des Kartellamts erfüllen würde? Etwa weil die Schwellen niedriger lägen. Denn 500 Millionen Euro weltweiter Umsatz wirken letztlich willkürlich. Andere Länder ziehen niedrigere Grenzen. Angenommen also, die Behörde müsste prüfen. Der Ausgang wäre nicht vorhersehbar.
Denn die Beamten prüfen zunächst die Größe des relevanten Marktes. Grundsätzlich heißt es im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB): „Es wird vermutet, dass ein Unternehmen marktbeherrschend ist, wenn es einen Marktanteil von mindestens 40 Prozent hat.“ Flixbus schafft es im Fernbusmarkt auf doppelte Größe. Rechtlich scheint es, als wäre Flixbus also unbedingt ein Fall für die Kartellbehörde. „Bei 80 Prozent Marktanteil von Flixbus kann man schwerlich von fairem Wettbewerb sprechen“, sagt Katharina Dröge, Sprecherin für Wettbewerbspolitik bei den Grünen. Auch der Wettbewerber Deinbus.de moniert „ein doppeltes Monopol zwischen Flixbus und der Bahn“.