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Geschäftsreisen in Corona-Zeiten „Achtmal mehr Reiseabsagen“

Flughafen Peking im Zeiten von Corona: Geschäftsreisen haben rapide abgenommen. Quelle: imago images

Der Deutschlandchef des Online-Portals Travelperk über den Einfluss des Coronavirus auf Geschäftsreisen und wer noch Business-Trips bucht.

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WirtschaftsWoche: Herr Triebelhorn, der Geschäftsreisemarkt leidet unter dem Coronavirus. Fluglinien streichen Verbindungen und immer mehr Unternehmen erlassen Reisebeschränkungen oder Verbote. Was sehen Sie davon in Ihren Buchungssystemen?
Eugen Triebelhorn: Wir sehen einen deutlichen Anstieg der Stornierungen. Der hat sich zwar seit längerem angekündigt. Doch in der vergangenen Woche war er erstmals deutlich zu sehen.

Wie hoch ist das Minus?
In der vorigen Woche lag die Zahl der abgesagten Dienstreisen in Richtung China oder Hongkong um 770 Prozent über dem Schnitt der zwei Wochen davor. Das sind fast Achtmal mehr Reiseabsagen. Aber wir sehen einen Anstieg auch bei anderen Zielgebieten. Bei allen geschäftlichen Auslandsreisen stieg die Zahl der Stornierungen vorige Woche um mindestens 55Prozent. Bei Reisen, die in Deutschland endeten, erhöhte sich die Stornierungsrate um 106 Prozent.

Eugen Triebelhorn (34) ist seit Anfang 2019 Deutschlandchef des führenden Online-Geschäftsreisespezialisten Travelperk aus Spanien. Davor war er Strategiechef der Mobilitätsplattform Distribusion und beim Erlebnisvermittler GetYourGuide. Quelle: PR

In China gibt es erste Zeichen einer Wende im Reisemarkt. Sehen auch Sie bereits ein Ende des Einbruchs etwa durch mehr langfristige Buchungen?
Nein. Darum glauben wir, dass der aktuelle Rückgang kein einmaliger Ausreißer war. Im Gegenteil. Die Zahlen dürften sich in den kommenden Wochen nicht wesentlich verbessern, sondern eher noch zunehmen. Denn wir erfassen nicht alle Absagen.

Was erfassen Sie denn nicht? 
Reisen, die ohne Storno gar nicht erst angetreten werden. Um Geld zu sparen, buchen viele Unternehmen Flugtickets oder Hotelübernachtungen, wo sie bei einer Absage kein Geld zurückbekommen. Dann treten sie einfach die Reise nicht an und weil sie keine Rückzahlung erwarten, sagen sie auch nicht ab. Dann gilt die Reise in unseren Systemen als angetreten, obwohl sie de facto storniert wurde.

Viele Unternehmen haben Reiseverbote erlassen. Gibt es denn überhaupt noch Buchungen in Richtung Asien?
Ja, die gibt es noch. Das sind Leute, die nicht absagen können, weil die Kunden das erwarten. Laut unseren Zahlen und Gesprächen mit unseren Kunden sind das im Schnitt eher hochrangige Manager oder Vorstände. Doch auch die verbliebenen Reisen sind kürzer als sonst. 

Was sorgt denn für den Rückgang: Das geringere Angebot oder geringere Nachfrage?
Eindeutig die geringere Nachfrage. Kurz nach Ausbruch der Corona-Krise hat die Nachfrage erstmal zugenommen,  weil viele Unternehmen ihre Mitarbeiter ausgeflogen haben. Doch nun verschieben immer mehr Firmen Geschäftsreisen, auch weil sie, unsicher sind ob und wie ihre Mitarbeiter wieder zurückreisen können.

Reisen die verbliebenen Manager dank der geringeren Nachfrage wenigstens billiger als früher?
Nein. Noch sehen wir gerade bei kurzfristig gebuchten Reisen keine nennenswerten Preisnachlässe im Vergleich zum vorigen Jahr, aber auch keine steigenden Tarife.

Neben den Krankheitsfällen in China steigt die Zahl der Kranken in Italien und Deutschland. Gibt es auch hier weniger Geschäftsreisende?
So generell noch nicht. Bislang sehen wir nur bei Reisen innerhalb von Italien einen leichten Rückgang. Reisen nach Italien oder auch innerhalb von Deutschland werden sowohl bei den Flügen als auch bei den Übernachtungen derzeit noch fast immer wie gebucht angetreten. 

Wird das so bleiben?
Wahrscheinlich nicht. Wir werden wir bald einen Effekt sehen, allein weil immer mehr Messen abgesagt werden, wie die für diese Woche geplante weltgrößte Reisemesse ITB in Berlin. Dazu kürzen Fluglinien wie Lufthansa und Ryanair die Zahl ihrer Flüge in Europa um ein Viertel. 

Wird der Rückgang dann so groß sein wie in Richtung China?
Das ist bisher noch nicht absehbar und ich hoffe das bleibt so. Für einen solchen Rückgang müssten dann auch bei uns ganze Flughäfen im Betrieb heruntergefahren oder gar komplett geschlossen werden. Doch dafür gibt es glücklicherweise noch keine Anzeichen.

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