
Eisenkraut wuchert am Hang, dicht daneben Minze. Filaretos Psimmenos steht im Kräutergarten seines Hotels in Tsagarada auf der vier Autostunden von Athen entfernten Halbinsel Pilion und deutet auf die Stelle, an der er bauen möchte. Eine Ferienwohnung soll da entstehen und eine Küche, in der er Kochkurse abhalten kann. Die griechische Version der italienischen „Cucina Povera“ möchte er seinen Gästen zeigen, dieses schlichte und schmackhafte Essen aus dem, was gerade im Garten wächst.
Die Finanzierung für den Ausbau steht, EU-Zuschuss eingeschlossen, den Bauunternehmer hatte Psimmenos auch schon ausgesucht, doch seit der Wahl Ende Januar ruht das Projekt. „Ich möchte wissen, wie es politisch weiter geht“, sagt Psimmenos. „Ich mag mich nicht in ein Abenteuer stürzen.“
Vor zehn Jahren gab der Marketingexperte seinen Job in der griechischen Hauptstadt auf und wandelte ein traditionelles Gebäude aus dem 19. Jahrhundert in ein Hotel mit Meerblick um. Als junger Mann leistete er in der Region seinen Militärdienst und entdeckte die idyllischen Dorfplätze mit 1000 Jahre alten Platanen und das Meer, das sich hier meist in Türkis präsentiert. Heute läuft das Geschäft so gut, dass Psimmenos erweitern möchte. Aber er wartet lieber ab.





Die Unsicherheit hängt in diesen Tagen nicht nur über dem Pilion. Ob auf der spektakulären Vulkaninsel Santorini oder auf dem mondänen Mykonos – Griechenlands Touristikmanager arbeiten an Plätzen, die es locker mit Destinationen wie St. Tropez und der Costa Smeralda aufnehmen, und haben doch immer die politischen Turbulenzen im Hinterkopf. Investitionen, ohne die die Branche langfristig international nicht konkurrieren kann, schieben sie erst einmal auf.
Tourismusverband erwartet Rekord
Bisher ist der Tourismus, der mehr als ein Fünftel der Wirtschaftsleistung einbringt, erstaunlich gut durch die Krise gekommen. 24 Millionen Besucher kamen 2014, so viel wie nie zuvor. In diesem Jahr dämpften zwar die Bilder von geschlossenen Banken und die drohenden Szenarien des Austritts Griechenlands aus dem Euro das Geschäft. Dennoch rechnet Andreas Andreadis, Präsident des Verbands der Griechischen Tourismusunternehmen (Sete), für 2015 mit einem neuen Rekordwert von 26 Millionen Besuchern.
Im Athener Büro von Andreadis, selbst Chef der Hotelkette Sani Resorts, laufen Tag für Tag die neuesten Buchungszahlen für den Rest des Jahres ein. Anfang Juni, als bei den Krisensitzungen in Brüssel die Gefahr eines Grexit wuchs, brachen die täglichen Buchungszahlen um bis zu 40 Prozent unter Vorjahresniveau ein. Kaum war eine Einigung mit den Gläubigern erzielt, schlugen die Buchungszahlen genauso heftig in die andere Richtung aus. Eine gute Portion Gelassenheit, weiß Andreadis, kann in diesen Tagen nicht schaden.
Vor allem die Deutschen, die mit zehn Prozent den größten Anteil an den Urlaubern stellen, ließen sich von der Nachrichtenlage schrecken, beobachtet Andreadis: „Franzosen und Angelsachsen entscheiden sich dagegen unabhängig von der politischen Situation für ein Urlaubsland.“ Die deutschen Anbieter hatten schon Krisenpläne entworfen, wie sie Pauschalurlauber bei einer Staatspleite notfalls aus dem Land hätten evakuieren können. Dabei wurden alle Eventualitäten eingeplant, etwa dass die Flugsicherung zusammenbricht, weil der Staat seine Bediensteten nicht mehr bezahlen kann und dass Flüge wegen Treibstoffmangels ausfallen. „Notfalls hätten wir eine Fähre gechartert und die Gäste in die Türkei gebracht, um sie von dort auszufliegen“, sagt der Chef eines der großen deutschen Reiseveranstalter. Namentlich zitieren lassen will er sich damit nicht.