Hauptversammlung Vereinsstatus abschaffen: Der ADAC sollte eine AG werden!

Die Fassade der ADAC-Zentrale in München. Quelle: dpa

Europas größter Automobilclub hielt am Samstag eine schwierige Hauptversammlung ab: Der Reformkurs des Präsidiums wird hinterfragt, viele Mitglieder sind skeptisch bis unzufrieden. Der Verein sollte einen Neustart wagen.

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Das Ambiente immerhin ist klassisch, die Themen sind es weniger: Als sich der ADAC dieses Wochenende am Nürburgring zu seiner Hauptversammlung traf, ging es um nichts Geringeres als die Zukunft von Europas größtem Autoclub. Die Liste der Probleme ist lang: die Zukunft des Clubmagazins Motorwelt etwa oder die Klage einiger Regionalclubs gegen ihre eigene Zentrale in München. So etwas gab es noch nie in der 116-jährigen Geschichte des heute fast 21 Millionen Mitglieder zählenden Vereins.

Im Kern dürfte es in vielen Debatten und Reformvorschlägen dabei um ein Anliegen gegangen sein: den Status des ADAC als Verein zu erhalten. Dieser geriet nach dem Skandal um den Autopreis „Gelber Engel“ 2014 in Gefahr. Richter und Gremien beschäftigten sich damals mit dem Fall, das Präsidium des ADAC reformierte die Struktur von Grund auf, trennte das Versicherungs- und Verlagsgeschäft ab, gründete eine gemeinnützige Stiftung, die sich um Luftrettung und Verkehrserziehung kümmert. Alles, um den Verein mit seinen Steuervorteilen und Ehrenamt zu bewahren.

Doch was damals auf dem Papier gelang, sorgt heute im Alltag oft für Zwist und Streit: zwischen der Zentrale und den Regionalclubs, zwischen den einzelnen Organisationseinheiten des ADAC, auch zwischen Haupt- und Ehrenamtlern.

Das müsste nicht sein. Der ADAC braucht seinen Vereinsstatus nicht. Nur eine Minderheit der ADAC'ler engagiert sich tatsächlich in den Orts- und Regionalclubs, fährt Wochenendes auf die Rennstrecke oder zur Rallye, absolviert Schulungen mit Schülern oder Senioren. Lange schon klagen die Regionalorganisationen des ADAC über Nachwuchsmangel und schwindendes Interesse der Mitglieder. Die meisten ADAC'ler, das geben selbst eingefleischte Funktionäre zu, sind doch vor allem im Club, um die Auto-Pannenhilfe zu einem günstigen Tarif zu bekommen. Mit einer Gemeinschaft der Mobilisten oder der automobilen Menschen hat das wenig zu tun, auch wenn Präsident August Markl so gerne das Zusammengehörigkeitsgefühl, die Gemeinschaft, die Verbundenheit im Verein beschwört und ihn deshalb unbedingt erhalten will.

Das Motiv dahinter dürfte klar sein: die Rettung der Steuervorteile und des Ehrenamts. Wer verzichtet schon gerne, zumal wenn das Geld knapp ist, auf einen solchen Wettbewerbsvorteil gegenüber herkömmlichen Versicherungskonzernen? Und nichts anderes bieten die Münchner ja an: ein fast schon klassisches Assekuranzprodukt, bei dem ein Verkehrsteilnehmer eine Prämie bezahlt, hier Mitgliedsbeitrag genannt, um sich für den Abschleppfall abzusichern.

Aus ADAC-Sicht ist die Strategie also wohl richtig. Und dennoch ist sie falsch. Für die meisten Menschen ist der ADAC ein Dienstleister, keine Gemeinschaft, der man sich zugehörig fühlt wie seinem Sportverein. Europas größter Automobilclub sollte sich deshalb ehrlich machen, den Verein abwickeln, sich komplett in eine Aktiengesellschaft umwandeln, Leistungen zu Marktpreisen anbieten. Der Name, das Logo und die Geschichte des ADAC böten allemal eine tragfähige Geschäftsgrundlage, die Neuorganisation zudem die Chance, dass endlich Geldströme, Abläufe und Zuständigkeiten transparenter würden. Gezanke und Gehakel zwischen den einzelnen Einheiten und überforderte ehrenamtliche Funktionsträger lähmen heute den Club, schmälern seinen Einfluss in Berlin und Brüssel – und sind so eher Bremser der Verkehrswende als ihr Treiber, der gebraucht würde.

All das würde bei einer Neuaufstellung deutlich – und abgestellt. So eine Reform wäre am Ende für alle besser: für die Mitglieder. Und die Gesellschaft.

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