Leipzig, Stuttgart, Essen Warum es E-Scooter noch nicht in allen großen Städten zu mieten gibt

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Circ, Voi, Tier und Wind wollen nach Essen

In Leipzig ist derweil nicht einmal klar, ob es überhaupt einen Marktstart geben wird. Die Stadt stellt im Gegensatz zu Stuttgart tatsächlich klare Verbotszonen für E-Scooter auf und macht es den Unternehmen nicht gerade leicht. Das zeigt sich bereits in der bürokratischen Beschreibung des Status quo in der sächsischen Stadt: Für den Verleih von E-Scootern ist in Leipzig eine „Genehmigung zur Sondernutzung“ nötig. Ob ein Anbieter die Genehmigung erhält, darüber entscheidet die „Abteilung Straßenverwaltung im Verkehrs- und Tiefbauamt (Sachgebiet Sondernutzung) auf Antrag“.

Wer die Genehmigung tatsächlich erhält, darf allerdings zunächst einmal nur einen sechsmonatigen Probebetrieb ins Leben rufen. Und im Leipziger Stadtkern – innerhalb des sogenannten Promenadenrings – dürfen gar keine E-Scooter vermietet und abgestellt werden. Außerhalb dieses Gebiets soll der E-Scooter-Verleih an Mobilitätsstationen angebunden werden. Also ausschließlich an feste Standorte. Auf der Webseite der Stadt heißt es: „Der stationsunabhängige Verleih ist nicht genehmigungsfähig, da hier die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nur schwer regelbar ist und Auflagen nur schwer kontrollier- und durchsetzbar sind.“ Das dürfte die größte Hürde für die Anbieter sein, ob sie sich darauf tatsächlich einlassen ist fraglich. Gerade das unkomplizierte Abstellen an jeder Straßenecke gilt als wesentlicher Vorteil des E-Scooter-Sharings.

So teilt die Stadt dann auch auf Anfrage mit: „Bisher wurden daraufhin keine Anträge für E-Tretroller-Verleihstationen gestellt oder konkrete Konzepte der Verleihfirmen eingereicht, aus denen hervorgeht wie, mit wie vielen und vor allem wie die Firmen die Verleihsysteme gestalten wollen.“ Es würden aber weiterhin Gespräche mit potenziellen Anbietern laufen, sodass „wir derzeit von einem Start einzelner Unternehmen im Herbst ausgehen.“ Wohlgemerkt wäre das dann wohl erst der sechsmonatige Probebetrieb.

Vier interessierte Anbieter in Essen

Immerhin aus Essen – auch eine der zehn größten Städte Deutschlands und heute noch ohne E-Scooter-Verleiher – gibt es überwiegend positive Neuigkeiten für die Verleiher: „Am 17. Juli wurden seitens der Stadt Essen Kooperationsvereinbarungen an mögliche Anbieter von E-Scootern verschickt“, teilte die Stadt auf Anfrage mit. Diese Kooperationsvereinbarungen sollen nun von den Anbietern unterschrieben nach Essen zurückgehen und dann von der Stadt selbst unterzeichnet werden. Passiert ist das noch nicht. Aber erst danach sollen ein Starttermin sowie die Anzahl der Roller vereinbart werden.

Das klingt zwar auch bürokratisch. Allerdings scheinen die Fortschritte in Essen so gereift, dass die Stadt schon die Namen der interessierten E-Scooter-Verleiher mitteilt: Die Vereinbarungen wurden an Circ, Voi und Tier geschickt, wie die WirtschaftsWoche von der Stadt erfuhr. Neben diesen bereits in anderen deutschen Städten aktiven Verleihern ging eine Vereinbarung auch an Wind Mobility. Ein Berliner Start-up, das in Deutschland bereits Fahrräder verleiht und noch in diesem Sommer auch E-Scooter in deutschen Städten anbieten will. Womöglich ja in Essen.

Unterdessen hat Konkurrent Tier – ebenfalls ein Berliner Start-up – am 31. Juli angekündigt, ab sofort in Hannover, Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg seine türkisfarbenen Tretroller zu verleihen. Im Vergleich zu anderen Standorten sind auch das eher kleinere Städte. Aber offensichtlich solche, die dem Unternehmen, in das auch Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg investiert hat, weniger Bürokratie aufgedrückt haben. „Zeitnah werden dann fünf weitere deutsche Städte dazu kommen“, verriet Tier der WirtschaftsWoche.

Bislang fehlt ein ganz großer Wettbewerber in Deutschland gänzlich: das mit einer Milliardenbewertung ausgestattete Start-up Bird aus Kalifornien. Doch auch das soll sich ändern: „Wir starten in Kürze in Deutschland“, verrät Christian Gessner, Manager der DACH-Region bei Bird. „Es handelt sich lediglich noch um Wochen.“

Warum es bei dem E-Scooter-Pionier, der bereits im September 2017 gegründet wurde, so lange dauert? „Für uns ist nicht die Schnelligkeit entscheidend, sondern Qualität und Sicherheit. Wir bereiten unseren Start in Deutschland seit einem Jahr vor – die meisten anderen Anbieter existierten zu dem Zeitpunkt noch gar nicht“, sagt Gessner und hat einen weiteren Schlag gegen die Konkurrenz parat: Die Bird-Scooter seien nicht „von der Stange“ – ein weiterer Grund, warum das US-Unternehmen erst in Kürze startet.

Vielleicht ja in Stuttgart oder Leipzig. Dann wäre Bird zwar immer noch vergleichsweise spät dran. Aber die Konkurrenz war in diesen großen Städten ja bekanntlich auch nicht schneller.

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