Milliardenklage gegen Lufthansa Die Bahn rächt sich am Cargo-Kartell

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Unverfroren bis zum Ende

Weniger glatt lief es offenbar, als das Kartell Extrazahlungen auch noch für den gestiegenen Sicherheitsaufwand nach den Attentaten vom 11. September 2001 vereinbaren wollte. Zwar einigten sich laut der Klage der Deutschen Bahn in New York die Vertreter von 33 Frachtfliegern schon 15 Tage später in Hongkong auf einen Zuschlag von 15 Dollar-Cent pro Kilogramm Fracht. Doch eine Woche danach, beim Kartellkränzchen am 2. Oktober in den Büros von South African Airways am Flughafen Johannesburg, hätten alle über „die negative Reaktion der Kunden“ geklagt, heißt es in E-Mails zwischen Lufthansa-Managern. Trotzdem wollten fast alle Anwesenden die Sache durchziehen. Als sich die nächste Runde am 4. Oktober in Kenias Hauptstadt Nairobi traf, war dies offenbar geglückt.

Seinen Zenit erreichte das Kartell allem Anschein nach, als die Flugmanager vereinbarten, auf die abgesprochenen Zuschläge nicht die sonst üblichen Großkundenrabatte von bis zu fünf Prozent zu gewähren. „Das hätte doch unsere Umsätze geschmälert und stabile Einnahmen erschwert“, zitiert das Urteil der koreanischen Wettbewerbsbehörden einen Mitarbeiter von Korean Air.

Die größten Pannen der Deutschen Bahn
Juli 2015Wegen der großen Hitze sind die Luftkühlungen mehrerer IC-Züge ausgefallen. Anders als im Sommer 2010 reagierte die Bahn diesmal schnell: Sie stellte für die besonders betroffene Linie Berlin-Amsterdam zwei Ersatzzüge bereit. Sie sollen eingesetzt werden, wenn die Luftkühlung in anderen IC auf der Strecke versagt, wie ein Sprecher mitteilte. Außerdem wurden in Osnabrück mehrere Busse stationiert. Dort mussten insgesamt mehrere Hundert Fahrgäste in nachfolgende Züge umsteigen, weil in ihren Zügen die Klimaanlage ausgefallen war. Es habe aber kein Fahrgast gesundheitliche Probleme bekommen, so der Sprecher. Bei etwa einem Dutzend älterer Intercitys auf der Linie Berlin-Amsterdam hatten die Klimaanlagen ihre Arbeit eingestellt. Quelle: dpa
Oktober 2014Ein Warnhinweis sorgt für Lacher, Spott und eine Entschuldigung der Deutschen Bahn: „Cannstatter Wasen: Es ist mit Verspätungen, überfüllten Zügen und verhaltensgestörten Personen zu rechnen“ ist am Samstag auf den Anzeigetafeln an mehreren Bahnhöfen in der Region Stuttgart zu lesen gewesen, wo das Volksfest an seinem letzten Wochenende in diesem Jahr wieder Tausende Besucher anlockte. „Wir entschuldigen uns dafür“, sagte eine Bahn-Sprecherin am Sonntag und bestätigte Online-Berichte der „Stuttgarter Nachrichten“ und der „Stuttgarter Zeitung“. Ein Mitarbeiter habe den Text entgegen aller Vorgaben verfasst. Er werde Anfang der Woche zum Rapport bestellt. Dann solle auch der gesamte Vorgang aufgeklärt werden. Quelle: dpa
August 2013Ein ungewöhnlich hoher Krankenstand in der Urlaubszeit sorgte im August 2013 für ein Fahrplanchaos am Mainzer Hauptbahnhof - und für massiven Ärger bei den Fahrgästen. Die Deutsche Bahn hat für das Chaos am Mainzer Hauptbahnhof wegen massiver Personalprobleme auf Facebook um Entschuldigung gebeten. „Für die derzeitigen Einschränkungen möchte ich mich entschuldigen“, antwortete ein Mitarbeiter in dem Sozialen Netzwerk auf Beschwerden einer Nutzerin. Die Situation sei „wahrlich nicht schön“. Quelle: dpa
August 2013Um dem Problem der häufig verstopften und verdreckten Zugtoiletten Herr zu werden, setzt die Bahn ab sofort neue Reinigungskräfte, sogenannte Unterwegsreiniger, in ICE-Zügen ein. Die Reinigungskolonne, die auf der Fahrt die Toiletten putzt, wird um 50 Beschäftigte auf 250 aufgestockt, wie der Vorstandsvorsitzende DB Fernverkehr, Berthold Huber, ankündigte. Die Mitarbeiter sollen zugleich stärker entsprechend der Zugauslastung eingesetzt werden. Damit würden die Toiletten in besonders gefragten Bahnen mindestens zweimal und damit doppelt so oft auf der Fahrt gereinigt wie bisher. Der Fahrgastverband Pro Bahn und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) lobten die Initiative, wiesen aber zugleich auf andere Probleme hin. „Neben den kaputten oder dreckigen Toiletten gibt es tagtägliche Kundenbeschwerden vor allem über die Klimaanlagen und Verspätungen“, sagte Pro-Bahn-Bundessprecher Gerd Aschoff. Und das sind nicht die einzigen Pannen der Deutschen Bahn... Quelle: dpa
November 2011Nach der persönlichen Anmeldung im neuen elektronischen Ticketsystem „Touch & Travel“ waren für nachfolgende Nutzer die Kundendaten sichtbar. Quelle: dpa
Juli 2010Am einem Wochenende fallen in mehreren ICE-Zügen die Klimaanlagen aus. Fahrgäste kollabierten, Schüler mussten dehydriert ins Krankenhaus eingeliefert werden. Im Zuge der Panne wurde bekannt, dass die Klimaanlagen der Bahn nur bis 32 Grad funktionieren. Damals fielen in Dutzenden Zügen die Klimaanlagen aus. Quelle: dpa
April 2010 - ICE verliert TürBei voller Fahrt verliert ein ICE auf dem Weg von Amsterdam nach Basel eine Tür. Das Stahlteil schlägt in einen entgegenkommenden ICE ein. Auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Frankfurt und Köln werden sechs Menschen leicht verletzt. Ursache für den Unfall ist eine lose Stellmutter an der Verriegelung. Foto: dpa

Mit dieser Unverfrorenheit steht der Manager aus Ostasien nicht allein. Selbst nachdem am 14. Februar 2006 die Kartellwächter weltweit Büros der beteiligten Fluglinien nach Belegen für illegale Absprachen durchsucht hatten und die Lufthansa in den Kronzeugenstand eingetreten war, machten viele Kartellmitglieder weiter. So trafen sich Manager zweier Airlines noch am 1. Mai 2006 in Las Vegas in den USA, um Preise abzusprechen, heißt es in der Klage der Deutschen Post.

Auch heute ist bei vielen Beteiligten wenig Reue erkennbar. So hielt die Frachtfluggesellschaft Cargolux in Luxemburg laut Presseberichten einen Posten für ihren damaligen Marketingchef frei, bis der 2013 in den USA seine 13-monatige Haft abgesessen hatte. Auch die Karriere seines Ex-Chefs litt nicht unter der Zeit hinter Gittern. Er leitet heute das Frachtgeschäft beim ehemaligen Cargolux-Großaktionär Qatar Airways.

Etwas subtiler agiert die Lufthansa. Obwohl sie in Urteilen in mehreren Ländern als Kartellbeteiligte genannt wurde und in Nordamerika freiwillig rund 90 Millionen Euro Schadensersatz zahlte, beharrt sie darauf, dass die abgesprochenen Zuschläge ihren Kunden keine finanziellen Nachteile bescherten.

Ein Lkw voller Dokumente

Dazu bestreitet die Fluglinie, dass die Bahn überhaupt einen Schadensersatzanspruch gegen sie habe. Zwar hat die EU-Kommission beim Abschluss ihres Kartellverfahrens bereits vor gut vier Jahren die Mittäterschaft der Lufthansa und ihrer Tochter Swiss festgestellt und das Kranich-Unternehmen für die Übernahme der Kronzeugenrolle gelobt. Trotzdem kämpft die Linie mit allen Mitteln gegen die Veröffentlichung des Kommissionsurteils. Insider des Verfahrens berichten, die Lufthansa erkläre fast das ganze EU-Urteil als vertraulich – bis hin zur Nennung ihres Namens.

Auch hierzu wie zu den genannten E-Mails wollte sich die Lufthansa nicht äußern, weil es sich um ein laufendes Verfahren handele.

Die bisherige Haltung der Lufthansa hat die Bahn zwar verärgert, aber nicht abgeschreckt, auf ihrer Schadensersatzforderung zu bestehen. Deshalb fährt am Montag ein Lkw beim Landgericht Köln auf der Luxemburger Straße vor, vollgepackt mit Klageschriften und Unmengen von Dokumenten, die jeweils einen großen Aktenschrank füllen.

„Richtig gemacht“, sagt Christopher Rother, oberster Kartelljäger der Bahn,„sind Schadensersatzprozesse richtige Ertragsbringer.“

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